1.62.4 (vpa2p): 4. Gehälter in den subventionierten Betrieben.

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4. Gehälter in den subventionierten Betrieben19.

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Durch Kapitel V der NotVO vom 4.9.32 (RGBl. I, S. 431 ) war die RReg. ermächtigt worden, „allgemein oder im einzelnen Falle anzuordnen“, daß die Dienstbezüge von Vorstandsmitgliedern oder leitenden Angestellten bei Unternehmen, Anstalten, Gesellschaften und Körperschaften des öffentlichen Rechts, die aus öffentlichen Mitteln (Reich, Länder, Gemeinden) Kredite, Zuschüsse oder Bürgschaften erhalten oder erhalten haben, „für die Dauer der finanziellen Beihilfe einen Betrag nicht übersteigen dürfen, der in der Reichsverwaltung für vergleichbare oder gleichwertige Dienstleistungen gezahlt wird“. Eine entsprechende Durchführungsverordnung und „Richtlinien für die Einschränkung der Personalausgaben in subventionierten Unternehmen“ hatte der RFM daraufhin in seinem Ministerium ausarbeiten und in Ressortbesprechungen sowie in Verhandlungen mit Vertretern der Länder am 26. und 28. 10. vorberaten lassen (Entwürfe und Besprechungsniederschriften in R 2 /22924 ). In den „Richtlinien“ hieß es u. a.: Bei kleineren Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung wird eine Herabsetzung der Dienstbezüge erst dann eingeleitet, wenn diese einen Jahresbetrag von 12 000 RM übersteigen; bei mittleren und größeren derartigen Gesellschaften beträgt der unbeanstandete Jahresbetrag – je nach der Höhe des „eingezahlten Grund- und Stammkapitals“ dieser Gesellschaften–15 000, 18 000, 24 000, 30 000 und 36 000 RM. Und weiter: Bei den Unternehmen „ist zunächst eine gütliche Einigung mit den in Frage kommenden Personen zu versuchen […]. Die Verhandlungen hierüber sind von den zuständigen Ressorts im Benehmen mit dem Reichsminister der Finanzen zu führen. Falls eine befriedigende Regelung bis 1. Februar 1933 nicht zu erreichen ist, wird die Herabsetzung in Anwendung der Verordnung durchgeführt.“

Der Reichsminister der Finanzen gab eine eingehende Darstellung der geplanten Bestimmungen und der Schwierigkeiten, die sich bei der Durchführung[870] ergäben. Notwendig werden allgemeine Richtlinien sein, nach denen die Ressorts die Bestimmungen durchzuführen hätten.

Die Höchstbezüge würden zwischen 12 bis 36 000 RM liegen unter Berücksichtigung der Höhe der Stammkapitalien. Soweit Ruhegehälter vereinbart seien, müßten die Höchstbezüge sich um 20% ermäßigen. Witwengeld dürfe nicht mehr als 600 RM monatlich gezahlt werden. Bis 1. Februar 1933 sei eine gütliche Regelung zu versuchen. Anderenfalls würde die Verordnung durchgeführt. Das Kabinett könne Ausnahmen bewilligen.

Persönlichkeiten, die von der Reichsregierung in sanierungsbedürftige Betriebe hineingesetzt worden seien, würden gesondert behandelt werden müssen. Garantierte Tantiemen wären zu beseitigen, ebenso hohe Pensionen neben hohen Bezügen.

Von dem Recht zur Bestimmung von Ausnahmen werde das Kabinett nur sehr beschränkten Gebrauch machen können. Eine möglichst übereinstimmende Regelung würde nötig sein.

Die Gehälter bei der Dresdener Bank seien mit Zustimmung des damaligen Reichsministers der Finanzen festgesetzt worden. Es würde als eine besondere Härte betrachtet, wenn sie nun nochmal angefaßt würden. Nicht zu verkennen sei, daß wenige hochbezahlte, aber sehr tüchtige Kräfte wertvoller seien als eine Mehrzahl minderbezahlter und mindertüchtiger20.

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Der „Ausschuß“ des Aufsichtsrats der Dresdner Bank hatte mit Schreiben an den RK vom 28.10.32 schwere Bedenken gegen die beabsichtigten Maßnahmen erhoben und weiter erklärt: „Der Erfolg der Geschäfte einer Kreditbank – und nur als solche ist die Dresdner Bank weiter zu führen und soll sie auch nach dem öffentlich erklärten Willen der Reichsregierung geführt werden – hängt in stärkstem Maße von dem Vertrauen ab, das die Öffentlichkeit dem Charakter und den Fähigkeiten ihrer Vertreter, der oberen und unteren, entgegenbringt. Welches Vertrauen soll die Öffentlichkeit zu einer Bank haben, deren Funktionäre dadurch in ihren Augen herabgesetzt werden, daß sie unter Ausschluß des Rechtsweges in ihren Bezügen gewaltsam gekürzt werden! Männer, die solches über sich ergehen lassen, müssen für schwach und untüchtig gelten und für unfähig, Berater ihrer Kunden und Verwalter fremder Gelder zu sein. Wenn trotzdem vielleicht ein großer Teil der Angestellten die Bank nicht sofort verläßt und sich zunächst dem Zwange beugt, so werden doch alle in Arbeitseifer und Interesse nachlassen. Die Besten von ihnen werden bei der ersten Gelegenheit andere, selbst weniger gute Stellungen annehmen, wo sie derartigen Eingriffen sich nicht mehr ausgesetzt fühlen. Einen strebsamen kaufmännischen Nachwuchs heranzubilden, wird vollends unmöglich für ein Institut, das weder Hoffnung auf Verdienst noch Achtung geschlossener Verträge verbürgt. Die Bank wird sehr bald nicht mehr in der Lage sein, ihren wirtschaftlichen Aufgaben gerecht zu werden, der Geschäftsbetrieb wird immer schwerfälliger und bürokratischer werden und kaufmännische Phantasie und Initiative vermissen lassen; die Kundschaft wird sich von einem solchen Institut abwenden.“ (R 43 I /2588 , Bl. 181–188).

Dem stimmte der Reichsminister des Innern zu. Er hielt aber gleichwohl[871] grundsätzlich eine allgemeine Regelung für notwendig, wenn auch vom Standpunkte der Rechtssicherheit ein Eingriff in geschlossene Verträge bedenklich und eine Herabsetzung hoher Bezüge mit dem Wirtschaftsprogramm der Reichsregierung schwer zu vereinbaren sei.

Reichsminister Dr. Bracht hielt mit dem Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Anwendung der Bestimmungen für geboten, wenn es sich um Tochtergesellschaften subventionierter Firmen handele. Unternehmungen wie die RWE21 müßten vorsichtig behandelt werden. Rückwirkung der Herabsetzung hoher Bezüge auf die Unterstützung von Künstlern durch Ankauf ihrer Werke und auf die Beschäftigung hochwertiger, insbesondere handwerklicher Arbeitskräfte dürfe nicht übersehen werden.

21

Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk A. G. Erhebliche Teile des (1931) 243 Mio RM betragenden Aktienkapitals dieses Unternehmens befanden sich in öffentlichem Besitz, insbes. der Länder Preußen und Hessen.

Das Kabinett war darüber einig, daß die Ausführungsverordnung entsprechend dem Vorschlag des Reichsministers der Finanzen mit Vertretern des Wirtschaftslebens durchberaten werden solle22.

22

Hierzu nichts ermittelt. – Zum Erlaß einer entsprechenden Durchführungsverordnung im Februar 1933 s. diese Edition: Die Regierung Hitler 1933/34, Dok. Nr. 25, P. 4; 30, P. 3.

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