1.141.2 (wir2p): 2. Lieferung von Kohlen an Österreich.

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2. Lieferung von Kohlen an Österreich.

Geheimrat Ritter (AA) trägt vor1.

1

In einem mit „Geheim“ bezeichneten Schreiben des AA vom 18.9.1922 an den StSRkei heißt es zur Sache: „Bei den kürzlichen grundsätzlichen Besprechungen zwischen den leitenden deutschen und österreichischen Staatsmännern wurde eine Unterstützung Österreichs auf wirtschaftlichem Gebiet zugesagt, um auf diese Weise die Möglichkeit eines späteren politischen Anschlusses offen zu halten und vorzubereiten. Im Verfolg dieser Besprechungen ist von einem Vertreter der österreichischen Verkehrsverwaltung in einer Besprechung im Auswärtigen Amt am 15. 9. vorgeschlagen worden, daß Deutschland eine Kohlenmenge von 50 000 Tonnen monatlich während des Winters an Österreich liefert unter der Voraussetzung, daß diese Kohlenmenge auf die Deutschland auferlegte Reparationskohlenlieferung angerechnet wird. Die österreichische Regierung würde ihren Antrag an die Reparationskommission damit begründen, daß die österreichischen Bundesbahnen in diesem Winter vor der ernsten Gefahr stehen, ihren Betrieb einstellen zu müssen, was, abgesehen von den schweren Folgen für die österreichische Bevölkerung selbst, auch den Eisenbahnverkehr Italiens, der Tschechoslowakei, Jugoslaviens, Ungarns und der Balkanländer schwer stören würde. […] Der Herr Reichsfinanzminister hat dem widersprochen, daß diese Anregung weiter verfolgt wird, und zwar aus der Befürchtung, daß die Reparationskommission, falls sie der österreichischen Anregung jetzt zustimmt, die Reparationskohlenmenge bei der nächsten Festsetzung um diese nach Österreich gelieferte Menge erhöhen könnte. […] Wenn die deutsche Regierung sich nicht entschließen kann, an der einen oder anderen Stelle auch Opfer zu bringen, so wäre das offene Eingeständnis, daß Deutschland unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht in der Lage ist, für Österreich etwas zu tun, würdiger und weniger schädlich, als wenn zuerst Erwartungen hervorgerufen werden, die dann enttäuscht werden. Das Auswärtige Amt ist daher der Ansicht, daß die oben erwähnten, auf dem Gebiet der Reparationspolitik liegenden Bedenken hinter diesen wichtigeren allgemeinen politischen Zielen zurücktreten müssen und daß der österreichischen Absicht nicht widersprochen werden soll.“ (R 43 I /106 , Bl. 155-157 u. 2191).

Vizekanzler Bauer hat erhebliche Bedenken, da er glaubt, daß unsere Gesamtmenge an zu liefernder Reparationskohle dadurch erhöht würde. Jedenfalls halte er eine Förderung eines solchen Antrages Österreichs durch die deutsche Regierung für unmöglich.

[1102] Der gleichen Auffassung ist Staatssekretär Schroeder.

Der Reichskanzler regt an, daß man erneut über die Frage verhandeln solle, nachdem Österreich zuerst einmal Fühlung mit England genommen habe2.

2

Weiteres in R 43 I nicht ermittelt.

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