2.44.4 (sch1p): 4. [Kontakte mit Oberst Conger]

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4. [Kontakte mit Oberst Conger]

Reichsminister Erzberger gab Mitteilungen des Oberst Conger über beabsichtigte Friedensforderungen der Entente wieder3.

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Die Mitteilung RM Erzbergers beruht auf dem Bericht Walter Loebs, der am 12. bis 13. April 1919 im vorgeschobenen Hauptquartier der amerik. Armee in Trier eine Unterredung mit Oberst Conger hatte (Nachl. Landsberg , Kl. Erw. Nr. 328–3).

Es wurde beschlossen, Conger zu antworten, daß Deutschland eine fortdauernde Besetzung des Saargebiets durch Frankreich und eine unmittelbare Herrschaft Frankreichs über die Saarkohlengruben ablehne, aber bereit sei, Frankreich Kohlen in dem Umfange zu liefern, in dem es durch die Zerstörungen in Nordfrankreich Ausfälle habe. Auch hierbei könne sich Deutschland nicht auf die Lieferung gerade von Saarkohlen festlegen4. Ferner soll dem Obersten Conger auf eine Frage geantwortet werden, daß Deutschland nicht bereit sei, Schadensersatz mit dem Anheimstellen der Verwendung eines Teiles davon für U-Bootschäden anzubieten. Deutschland müsse vielmehr daran festhalten, daß es zum Ersatze dieser Schäden nach den Wilson’schen Bedingungen[160] nicht verpflichtet sei5. Die Antwort soll vorher dem Herrn Reichsminister des Auswärtigen, der heute nicht anwesend ist, vorgelegt werden6.

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Nach dem Bericht Walter Loebs hatte er Conger gefragt:

Loeb: Wird das Saargebiet verlangt werden?

Conger: Nein, aber man wird sich eine ökonomische Kontrolle über die Produkte des Saargebietes vorbehalten und zwar möglichst für eine festgesetzte Anzahl von Jahren, möglichst bis zu der Zeit, wo die französischen Bergwerke im nördlichen Frankreich wieder geöffnet werden. Der Standpunkt Amerikas geht dahin, daß Sie besser die festgesetzte Anzahl von Jahren annehmen, da damit jedem weiteren Hinterhalt Einhalt getan ist.

Loeb: Werden Sie die Okkupation aufrechterhalten?

Conger: Nein, lediglich die Okkupation des Saargebietes ist in Betracht gezogen. Diese Okkupation wird von seiten der Franzosen ausgeführt werden […].“ (Nachl. Landsberg , Kl. Erw. Nr. 328–3).

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Seinem Bericht zufolge erklärte Loeb, Deutschland betrachte die Entschädigung für die U-Boot-Schäden nicht als unter die 14 Punkte Wilsons und auch nicht unter die Lansing-Note fallend. „Der Oberst sprang vom Stuhle auf und rief: ‚That’s where your mistake comes in‘. Auf die Frage: ‚Worin besteht der Fehler?‘, gab der Oberst mir wörtlich folgende Erklärung ab: ‚Die 14 Punkte des Präsidenten Wilson, wie er sie interpretiert, werden dem Frieden zur Basis dienen. Ob diese Interpretation eine Zahlung der U-Boot-Schäden enthalten wird oder nicht, kann ich nicht sagen; aber die Vereinigten Staaten stehen auf dem Standpunkt, die Kriegsentschädigungen möglichst niedrig zu halten, und ich glaube nicht, daß der Gesamtbetrag unter dem sein wird, welcher für Landverwüstungen allein gefordert werden könnte. Meine persönliche private Meinung ist, daß es sehr falsch wäre, unter den jetzigen Umständen die Unterzeichnung des Friedens zu verweigern, wenn die Zahlung für U-Boot-Schäden verlangt werden würde. Sie müssen bedenken, daß es lediglich England und Amerika angeht, welche diese Zahlungen eventuell zu erhalten haben, und daß es nur ein kleiner Teil von dem sein wird, was andernfalls von Frankreich und Belgien allein verlangt würde. Für die englische und amerikanische öffentliche Meinung brauchen wir mindestens Zahlung eines Teiles der U-Boot-Schäden, da dieselbe ja sonst überhaupt nichts erhält. Wenn Amerika und England heute zusammenstehen, um eine Basis für Kriegsentschädigungen zu finden, die für Deutschland erträglich sein wird, so müssen Sie diese beiden unterstützen und ihnen die Arbeit nicht dadurch erschweren, daß Sie gerade in dem Punkt, in dem beide am empfindlichsten sind, Hartnäckigkeit beweisen. Ich bitte Sie um eine Antwort, ob Ihre Regierung auf ihrem Standpunkt […] bestehen bleibt, da diesbezügliche Nachricht nach Paris weitergehen soll.‘“ (Kl. Erw. 328–3).

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Der Text der Antwort ist in den in Frage kommenden Aktenbeständen nicht zu ermitteln. Am 15.4.1919 telegrafierte Gesandter v. Haniel an das AA Berlin: „Herrn RM sofort vorzulegen. In gestriger Kabinettssitzung brachte Erzberger die Antwort auf die durch Loeb übermittelten Congerschen Vorschläge betr. Saargebiet und Kriegsentschädigung zur Sprache. Ich habe den Standpunkt vertreten, daß wir in Beantwortung der Vorschläge, insbesondere betr. Ersatz der Unterseebootschäden sehr vorsichtig sein müßten, denn es sei nicht sicher, ob Conger uns nicht lediglich ausholen wolle. Auch sei zu befürchten, daß wir uns durch vorzeitige Zugeständnisse einseitig festlegten. Jedenfalls dürfe keine Antwort an Loeb ohne vorherige ausdrückliche Zustimmung Ew. Exzellenz gegeben werden. Kabinett, Erzberger ausgeschlossen, war mit dieser Auffassung einverstanden und der Ansicht, daß auf C[onger]’s Vorschläge nicht einzugehen sei. An Stelle einer Besetzung und frz. Bewirtschaftung der Saargruben sollten wir uns allgemein verpflichten, den durch Zerstörung der nordfrz. Gruben verursachten Kohlenausfall bis zur Wiederherstellung der Gruben zu ersetzen. Ebenso soll in Antwort vermieden werden, einen Ersatz für Unterseebootschäden in Aussicht zu stellen […]. Vertraulich füge ich hinzu, daß Scheidemann sich mir gegenüber gesprächsweise dahin aussprach, daß es nicht anginge, Erzberger allein die Wiederherstellung Nordfrankreichs und Belgiens zu übertragen.“ (PA, Wk 30 geh., Bd. 1).

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