2.87.5 (sch1p): 5. [Waffenruhe im Baltikum]

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5. [Waffenruhe im Baltikum]

Kriegsminister Reinhardt verliest die anliegende Antwort der Obersten Heeresleitung auf die Anfrage wegen der Vereinbarung einer Waffenruhe mit den Russen9.

9

Im Anschluß an den Beschluß der RReg. vom 5.5.1919 (s. Dok. Nr. 59, P. 2) sandten der PrKriegsM und der RWeM an die OHL ein Telegramm, nach dem RReg. um einen Vorschlag ersuchte, „wie Waffenruhe und Schaffung einer neutralen Zone [im Baltikum] mit Russen vereinbart werden kann und um Auskunft, unter welchen Bedingungen OHL solche Vereinbarung für gangbar und nützlich hält.“ (R 43 I /1349 , S. 251). Daraufhin erwiderte Groener in einem Schreiben vom 19.5.1919: „Die Durchführung einer Waffenruhe mit Rußland würde unseren Rückzug erleichtern. Wir müssen jedoch damit rechnen, daß der innere Halt und die Stimmung unserer Truppen, die sich den Sowjettruppen sehr überlegen fühlen, durch den Rückzug notleiden wird. […] Auch wenn die Festlegung einer neutralen Zone oder Demarkationslinie zustande kommt, so ist nach den Erfahrungen des vorigen Jahres in der Ukraine sehr wahrscheinlich, daß sich bolschewistische Truppenführer und Banden, vor allem auch die lettischen Bolschewisten nicht an die Waffenruhe kehren, sondern nachdrängen werden. Die bekannte propagandistische Gefahr für unsere Truppen und unser Volk wird auch durch die Waffenruhe nicht beseitigt.

Sollte von der Reg. befohlen werden, daß die Waffenruheverhandlungen militärischerseits geführt werden, so schlage ich vor, daß O[ber]K[ommando] Nord mit dem Führer der lettischen roten Armee in Dünaburg funkentelegrafisch eine Zusammenkunft bevollmächtigter Vertreter vereinbart.

Auf dieser Zusammenkunft müßte versucht werden, unsere jetzige Linie als Demarkationslinie festzusetzen; eine neutrale Zone wäre der Tummelplatz für örtliche Räuberbanden und daher für das Land wie für uns verhängnisvoll. Es könnte dem Oberkommando überlassen werden, zunächst nur für einen Teil der Front die Waffenruhe zu vereinbaren, wie dies auch in der Ukraine geschehen ist.

Hat unsere Reg. in dem Bestehen des lettländischen Staates Interesse, so muß, unbeschadet der Verhandlungen mit den Roten, die militärische Macht dieses Staatswesens ausgebaut werden. Mittel dazu sind die Zuführung von Freiwilligen […] und von antibolschewistischen Russen. Ob sich dasselbe für Litauen lohnt, ist zweifelhaft, da nach unserem Abzuge möglicherweise Litauen an Polen in irgendeiner Form sich anschließen wird. I. A. gez. Groener.“ (R 43 I /1349 , S. 253-255). Nachdem dieses Antwortschreiben im RKab. verlesen worden war, faßte die RReg. einen im Protokoll nicht niedergelegten Beschluß, den der PrKriegsM und der RWeM in einem Telegramm vom 21.5.1919 an die OHL darlegten: „Schreiben vom 19.5.1919 RReg. vorgetragen. RReg. ersucht OHL, umgehend militärische Schritte zur Herbeiführung einer Waffenruhe im Baltikum zu tun. Über Art und Ausführung wird Mitteilung erbeten. Da Absicht, Waffenruhe im Baltikum herbeizuführen, an England mitgeteilt wurde, ist auf Geheimhaltung der Schritte kein entscheidender Wert zu legen. Dagegen ist bei den Vereinbarungen über den rein örtlichen militärischen Charakter keinesfalls hinauszugehen. RReg. bittet ferner um möglichst baldige Berichterstattung über Ereignisse bei Letten in Riga. Dt. Beteiligung dort nach wie vor ausgeschlossen.“ (R 43 I /1349 ,  257). Ein Waffenstillstandsabkommen im Baltikum kam jedoch nicht zustande, da am 22.5.1919 die der lettischen Reg. unterstehende baltische Landeswehr einen Angriff auf Riga unternahm, dem sich die reichsdt. Freiwilligentruppen angeschlossen (s. Darstellungen aus den Nachkriegskämpfen dt. Truppen und Freikorps, hrsg. v. d. Forschungsanstalt für Kriegs- u. Heeresgeschichte, Bd. II, Berlin 1937, S. 120 ff. ).

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