1.35.3 (wir2p): 3. [Russische Antwort auf das Memorandum der Alliierten]

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3. [Russische Antwort auf das Memorandum der Alliierten5]

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Als Antwort auf einen Brief Tschitscherins an Lloyd George vom 20.4.22 hatte die Entente am 3.5.22 ein Memorandum zur russischen Frage überreicht. Das Memorandum stellte die politische Forderung auf, Rußland solle sich jeder Aktion enthalten, welche den territorialen und politischen status quo stören könnte und Bemühungen zur Wiederherstellung des Friedens in Kleinasien unterstützen. Den Hauptteil des Memorandums nimmt die Kodifizierung finanzieller Angelegenheiten ein; dabei ging es um die finanziellen Forderungen anderer Regierungen an Rußland und um Forderungen an Privatpersonen. Für jedes Land sollten gemischte Schiedsgerichtshöfe errichtet werden, die bezüglich der Ersatzleistungen entscheiden sollten (Wortlaut des Memorandums siehe DAZ Nr. 205 vom 4.5.22).

Reichsminister Rathenau berichtet über die russische Antwort6. Der Gesamteindruck sei der, daß sie stark polemischen Charakter habe, der mit allen Kunstmitteln advokativer Beredsamkeit gefördert werde. Die Note gehe auf den Gesamtkomplex der russischen Frage ein. Der Kernpunkt der Note liege in drei Sätzen, sie lauteten dem Sinne nach:

6

In der russischen Antwort vom 11. 5. auf das in Anm. 5 gekennzeichnete Memorandum wird eingangs festgestellt, daß die in dem Memorandum vom 8. Mai enthaltenen Vorschläge einen Rückschritt gegenüber dem Londoner Memorandum (RT-Drucks. Nr. 4378, Bd. 373 ) bedeuteten und im übrigen eine Abweichung von den der Genueser Konferenz durch die Entscheidung von Cannes vorgezeichneten Richtlinien darstelle. Wortlaut der Antwortnote, die im weiteren zu den einzelnen Punkten des Memorandums vom 2. Mai Stellung nimmt, siehe DAZ Nr. 219 vom 12.5.1922.

1) Rußland bleibt bestrebt, den auswärtigen Mächten ernsthafte Zugeständnisse zu machen, unter der Voraussetzung, daß die auswärtigen Mächte entsprechende Gegenleistungen an Rußland tätigen.

2) Die Russische Regierung ist bereit, die zwischen ihr und den ausländischen Mächten schwebenden finanziellen Auseinandersetzungen einer gemischten Sachverständigen-Kommission zu unterbreiten, die an einem noch zu vereinbarenden Orte und zu einer noch zu vereinbarenden Zeit tagen könnte.

3) Die russische Delegation erkennt an, daß die bisherigen Besprechungen einer engeren Verständigung zwischen Sowjet-Rußland und den ausländischen Mächten die Tür geöffnet habe.

Die Antwort sei allgemein gehalten, es bedürfe einer immerhin wohlwollenden Interpretation, um aus ihr herauszulesen, daß sie weiteren Verhandlungen die Tür offen halte.

Botschaftsrat Dufour teilt mit, daß nach einer von englischer Seite stammenden Information, die Note als genügend für weitere Verhandlungen erachtet werde.

MinDir. v. Maltzan hat gehört, daß die Franzosen stark aigriert seien, aber nicht abreisten. Was die Behandlung in der deutschen Presse angehe, so habe er einzelnen deutschen Pressevertretern bereits die nötigen Aufklärungen gegeben, das genüge vorerst.

Reichsminister Rathenau regt an, der Presse gegenüber die drei Hauptsätze[781] hervorzuheben und der Presse zu empfehlen, die meritorische Wertung derselben zunächst nicht zu forcieren.

Zum Schluß stellt der Reichskanzler fest, daß der Inhalt der Note etwa auf die deutschen Anregungen zurückgehe, daß der polemische Teil allerdings spezifisch sowjet-russisch sei.

Schluß der Sitzung: 7 Uhr 15 abends.

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