2.40.4 (vpa1p): 4. Innerpolitische Lage.

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4. Innerpolitische Lage.

Der Reichsminister des Innern gab eine eingehende Darstellung der Verhandlungen mit Süddeutschland und des Verhaltens der süddeutschen Länder. Uniformverbote beständen in Bayern und Baden, in den anderen Ländern nicht.

In Übereinstimmung mit dem Herrn Reichspräsidenten solle an der bisherigen Linie der Politik in dieser Richtung festgehalten werden. Bei der Ministerbesprechung mit den Ländern21 hätten sich auch Württemberg, Lippe und Hamburg den Ausführungen Bayerns angeschlossen. Sachsen habe erklärt, daß es mit der Unterlassung von Uniformverboten gute Erfahrungen gemacht habe. Zu einer erregten Auseinandersetzung sei es dadurch gekommen, daß der Vertreter Hamburgs ausgeführt habe, die Fahne mit dem Hakenkreuz werde in Hamburg hauptsächlich in den Vierteln der Zuhälter und Dirnen gezeigt. Der Vertreter Hamburgs habe dann auf erregte Zwischenrufe einen Rückzug antreten müssen. Die Länder hätten sich bereit erklärt, die Entscheidung ihrer Kabinette der Reichsregierung baldigst mitzuteilen.

21

Vgl. Dok. Nr. 38, P. 6, dort bes. Anm. 22 und 25.

Die vorsichtige Haltung des Reichsministers des Innern sei in der Rechtspresse[147] vielfach mißverstanden worden22, insbesondere auch in der bekannten Rede von Goebbels23.

22

In einem vermutlich für die Dienatag (Dienst nationaler Tageszeitungen, Berlin) gefertigten „Informationsbericht“ vom 25. 6. (Unterschrift: Kausch) hieß es u. a.: „Es drängt sich den nationalen Journalisten hier immer mehr der Eindruck auf, daß das Reich in der Behandlung der süddeutschen Frage einer Blamage entgegensieht. Nach den sehr heftigen Erklärungen der bayerischen Regierung und der ihr nahestehenden Presse wird sowohl im Reichsinnenministerium wie merkwürdigerweise auch im Reichswehrministerium kurz getreten. Von einer starken Initiative dieser Stellen kann nicht mehr die Rede sein. Der Reichsinnenminister will den Konflikt sozusagen aktenmäßig erledigen und durchdenkt bei seinem Vorgehen mehr die rein juristischen Grundlagen seiner Entscheidungen, als daß er sich zu einer politischen Tat aufrafft.“ Auch die Pressepolitik des RIM wurde scharf kritisiert: Das „Schlimme“ sei, „daß Herr v. Gayl anscheinend selbst der Meinung ist, die nationale Presse würde gut unterrichtet und sei über die Maßnahmen und Pläne der Regierung auf dem Laufenden. Ein Blick in die sehr verschiedenartigen Informationen der nationalen Presse genügt, um diese Ansicht zu widerlegen. Besondere Unklarheit herrscht über das Verhältnis der Regierung v. Papen zu den Nationalsozialisten.“ (Sammlung Brammer, ZSg. 101/25, Bl. 172–173).

23

Am 24. 6. hatte Goebbels im Berliner Sportpalast erklärt: Die „offenen Mordzustände“ seien „nicht zum wenigsten auf die schwächliche Haltung des Reichsinnenministers zurückzuführen“. Und weiter: „Ein Innenminister, der im Besitz der Macht ist, sie aber nicht anzuwenden versteht, ist eine untragbare Fehlbesetzung.“ („VB“ vom 25. 6.).

Nach der Ministerkonferenz habe er mit dem bayerischen Minister des Innern24 unter vier Augen eingehend verhandelt. Dieser habe sich dabei bereit erklärt, vermittelnd zu wirken. Der Versuch werde aber wohl fehlschlagen. Die Aufregung über einen angeblichen Streit zwischen dem Reich und Bayern25 sei ein Pressemanöver. Staatsrat Schäffer habe darauf mit der bekannten Rede geantwortet. Die Suche nach Wahlparolen und die Absicht, der Reichsregierung Schwierigkeiten zu machen26, sei nicht zu verkennen.

24

Stützel.

25

Die allgemeine Verärgerung, die in Bayern über das Vorgehen der RReg. entstanden war, hatte in den vorangegangenen Tagen zu einigen scharfen Erklärungen und Kundgebungen geführt. So schrieb die Korrespondenz der BVP am 22. 6.: Man „müsse sich nach dem Ergebnis der Länderkonferenz auf einen schweren Eingriff der Reichsgewalt in die Länderrechte gefaßt machen. Damit übernehme die Reichsregierung eine Verantwortung für die Weiterentwicklung der innerpolitischen Verhältnisse in Deutschland, die ihr voraussichtlich keinen Ruhmestitel in der deutschen Geschichte einbringen werde. Es sei selbstverständlich, daß eine bayerische Regierung nicht in der Lage sei, den politischen Auffassungen der Reichsregierung entgegenzukommen.“ (Horkenbach 1932, S. 207). – Wenig später kam es, wie Moser v. Filseck am 28. 6. an das Württ. StMin. berichtete, zu monarchistischen Kundgebungen des „Bayerischen Heimat- und Königsbundes“ und zu einem aufsehenerregenden Interview Georg Heims mit „Daily Express“: Er, Heim, sei immer ein Gegner der Weimarer Verfassung gewesen und habe deshalb auch gegen sie gestimmt. „Die Lösung der monarchischen Frage in Deutschland sei nur möglich bei Beseitigung der gegenwärtigen Verfassungen. Er sei berechtigt zu sagen, daß seine Parteifreunde wohl in der größten Mehrheit diese Auffassung teilten und daß 75% der bayerischen Bevölkerung im Herzen die Wiederkehr der Monarchie wünschten.“ Moser v. Filseck erwähnte in seinem Bericht ferner einige „aufgeregte“ telefonische Anfragen aus der Rkei bei MinPräs. Held und dessen Erwiderung, seine Reg. habe mit den Kundgebungen und den Äußerungen Heims nicht das geringste zu tun. Held habe hinzugefügt, „daß man sich über alle diese Dinge viel zu sehr aufregt, trotzdem aber nichts tut, was zur Beruhigung geeignet wäre. Eine momentane Gefahr, daß Bayern unter Ausrufung einer Monarchie sich vom Reich trennen wollte, ist keinesfalls vorhanden. Trotzdem darf man den Einfluß der monarchistischen Propaganda nicht zu gering einschätzen, und die Entwicklung der Dinge im Reiche, namentlich jede Nichtachtung der Länderrechte seitens der Reichsregierung, werden Wasser auf die Mühlen einer solchen Propaganda sein.“ (HStArch. Stuttgart, 131 b, Bl. 380–382, 388).

26

Vgl. Anm. 25 zu Dok. Nr. 38.

Preußen sei in einer besonderen Lage. Es beabsichtige eine weitgehende Milderung des Demonstrationsverbots. Das Preußenkabinett werde darüber am 27. vormittags beschließen. Es erwarte aber, daß das Reich von § 4 der Verordnung[148] vom 14. VI. 3227 Gebrauch mache. Folge Preußen dem Vorschlag Severings trotz möglicher Gegenwirkungen, so bedürfe es keiner Reichsverordnung für Preußen.

27

Vgl. Anm. 23 zu Dok. Nr. 38.

Auf Grund der Länderbesprechung sei an die Regierungen ein Rundschreiben gesandt worden, in dem sie ersucht werden, Uniform- und Versammlungsverbote aufzuheben. Das Reich beabsichtige, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, die im § 4 der Verordnung vom 14. VI. 32 vorgesehen ist. Es sei polizeilich unmöglich, Versammlungen unter freiem Himmel ohne Genehmigung freizugeben. Auch mit den Bünden hätten Besprechungen stattgefunden. Sie hätten dabei Loyalitätserklärungen abgegeben. Eine zweistündige Unterredung mit Hitler sei zunächst etwas stürmisch, zum Schluß aber freundlich verlaufen. Er habe ihm auseinandergesetzt, daß die Polizei im Einzelfall allein die Verantwortung für ihre Entscheidungen tragen müsse28.

28

Hierzu nichts ermittelt.

Von nationalsozialistischer Seite sei Material darüber gebracht worden, daß die preußische Polizei die Kommunisten gegenüber den Nationalsozialisten begünstige. Bei einer Erörterung dieses Materials mit dem Preußischen Minister des Innern29 habe dieser ihm zugesagt, daß er auf das schärfste gegen die Kommunisten vorgehen wolle und daß er das Material prüfen werde. Er werde insbesondere auch eine Bestimmung des Begriffs „Aufzug“ herausgeben, der weiter sei, als bisher praktisch angewandt. Dei Polizei habe bisher Nationalsozialisten auseinandergetrieben, wenn sie zu mehr als 3 zusammengingen. Wenn ein Einzelner mit einem Stock bewaffnet erschiene, sei er als eine bewaffnete Versammlung angesehen worden. Der Stock sei ihm weggenommen worden. Diese Vorgänge hätten dazu geführt, daß die Nationalsozialisten bei Schlägereien schwere Verluste erleiden müßten.

29

Severing. – Zu dieser Besprechung (25. 6.) vgl. auch Horkenbach 1932, S. 212 f.; Severing, Mein Lebensweg, Bd. II, S. 340 f.

Preußen sei bei der Unterredung in überraschender Weise entgegengekommen.

Wenn, wie zu erwarten sei, Bayern, Baden, Württemberg, Lippe und Hamburg sich bis Montag weigerten, dem Wunsch der Reichsregierung nachzukommen, dann werde die zweite Notverordnung gegen politische Ausschreitungen dem Herrn Reichspräsidenten zur Unterschrift vorgelegt werden. Der Entwurf wurde verteilt, gleichzeitig mit dem Entwurf einer Ausführungsverordnung des Reichsministers des Innern30.

30

Diese Entwürfe in R 43 I /1456 , S. 587–591.

Nach kurzer Erläuterung der einzelnen Bestimmungen schlug der Reichsminister des Innern vor, seine Haltung zu billigen und ihn sowie den Reichsminister der Justiz zu ermächtigen, den endgültigen Wortlaut der Verordnung zu vereinbaren. Sobald die Antworten der Regierungen vorlägen, werde dann zu handeln sein31.

31

Die beiden VOen („Zweite Verordnung des Reichspräsidenten gegen politische Ausschreitungen“ und „Verordnung des Reichsministers des Innern über Versammlungen und Aufzüge“) wurden am 28. 6. ausgefertigt und am 29. 6. veröffentlicht (RGBl. 1932 I, S. 339 ). Zum Inhalt der VO des RPräs. vgl. das Schreiben des RIM an die Landesregierungen vom 28. 6. (Dok. Nr. 41).

[149] Er habe den Eindruck, daß die Kommunisten planmäßig die Aufhebung des Uniformverbots zum Anlaß genommen hätten, an verschiedenen Stellen des Reichs Unruhen aufflackern zu lassen, nirgends sei aber die Lage bedrohlich. Insbesondere Preußen würde der kommunistischen Bewegung Herr werden.

Er beabsichtige nicht, Ausnahmebestimmungen gegen die Kommunisten vorzuschlagen. Eine verbotene Partei sei gefährlicher als eine bestehende, weil die Polizei dann keine Übersicht mehr habe. Gegen Kommunisten aus Rußland könne im Einverständnis mit dem Auswärtigen Amt energisch vorgegangen werden. Erst wenn die Landespolizei der Lage nicht mehr gewachsen sei, käme ein Eingreifen des Reichs in Frage. Für die Reichsregierung sei es besser, wenn die Länderregierungen bei Anwendung der Polizeigewalt Angriffen ausgesetzt werden, als wenn diese sich gegen sie selbst richten würden.

Der Preußische Minister des Innern habe ihm erklärt, er hätte sich an der Hetze gegen das Kabinett nicht beteiligt. Wenn ein Reichskommissar für Preußen bestimmt werden solle, dann möchte es nicht zu spät geschehen32.

32

Als unmittelbar nach der Besprechung zwischen Severing und Gayl von der NS-Presse behauptet wurde, der PrIM habe hierbei die „Übernahme der preußischen Polizei durch das Reich angetragen und gebeten, möglichst rasch einen Reichskommissar einzusetzen“, dementierte Severing dies durch eine amtl. Erklärung ganz entschieden und fügte hinzu, er habe den RIM vielmehr dringend davor gewarnt, „ohne durchschlagende rechtliche Gründe […] die Einsetzung eines Reichskommissars einem Lande gegenüber in Anwendung zu bringen“ (Horkenbach 1932, S. 213; Severing, Mein Lebensweg, Bd. II, S. 341).

Zu bedauern sei die Haltung der deutschen Presse. Die Einwirkung durch die Presseabteilung sei nicht ausreichend gewesen. Insbesondere sei auch das Reichsministerium des Innern in der Pressekonferenz nicht wirksam genug vertreten gewesen33.

33

Kausch hierzu in seinem „Informationsbericht“ vom 25. 6. (vgl. oben Anm. 22): In der Umgebung des RIM sei „eine große Aversion gegen den Reichspressechef Kaufmann-Asser vorhanden. Man wirft dem Pressechef vor, daß er von der Presse und einer wirksamen Pressepolitik keine Ahnung habe. Das ist ohne Zweifel richtig. Kaufmann-Asser ist Verwaltungsbeamter, dessen politischer Ehrgeiz und politische Fähigkeiten für diesen Posten als außerordentlich gering anzusehen sind. Aus der Umgebung des Herrn v. Gayl wird mir vertraulich mitgeteilt, daß daran gedacht ist, nach den Reichstagswahlen spätestens ein Revirement auf diesem Posten vorzunehmen.“

Zur Beunruhigung läge kein Grund vor. Die süddeutschen Länder hätten ihre Ausführungen mit Loyalitätserklärungen geschlossen.

Ministerialdirektor Gottheiner werde am 27. 6. sein Amt im Reichsministerium des Innern antreten34.

34

Vgl. Dok. Nr. 31, P. 4.

Im Anschluß an diese Erklärung entspann sich eine längere Debatte über den Erlaß von Zeitungsverboten.

Der Reichskanzler wies darauf hin, daß die Überschriften der Presse, die von einem Auseinanderfallen des Reichs berichteten, ungünstige außenpolitische Wirkungen hervorriefen. Die Reichsautorität dürfe nicht geschwächt werden. Er habe deswegen auch von dritter Seite an den bayerischen Ministerpräsidenten in diesem Sinne schreiben lassen.

Es sei notwendig, nunmehr gegen die Presse mit durchgreifenden Maßnahmen vorzugehen. Sonst würde der Regierung mit Recht Schwäche vorgeworfen werden.

Der Reichsminister des Innern gab der Verwarnung der Presse und der[150] Auflageberichtigung den Vorzug vor Verboten. In besonders schweren Fällen aber müsse auch zu Verboten gegriffen werden.

Der Reichswehrminister und der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft sprachen sich für Verbote aus.

Dem Vorschlage, die Preußische Regierung zu ersuchen, die B.Z. auf 5 Tage zu verbieten, wurde nach längerer Verhandlung nicht zugestimmt, weil damit zu rechnen sei, daß Preußen das Ersuchen ablehnen werde und das Reichsgericht erst nach etwa einer Woche eine Entscheidung fällen würde. Ob das Reichsgericht der Auffassung der Reichsregierung beitreten würde, wäre zum mindesten zweifelhaft. Auf Grund dieser Auffassung des Reichsministers der Justiz und des Staatssekretärs Zweigert wurde beschlossen, der B.Z. wegen ihrer Überschrift, nach der das Reich auseinanderzufallen drohe, eine Auflagenachricht zu senden, deren Formulierung dem Reichsminister des Innern und dem Reichsminister der Justiz überlassen wurde.

An die Preußische Staatsregierung soll am 27. 6. nachmittags das Ersuchen gerichtet werden, den „Vorwärts“ auf 5 Tage zu verbieten, weil er in einer Nummer eine Karikatur gebracht hat, nach der darauf zu schließen ist, daß die Gelder, die den Kriegsbeschädigten vorenthalten würden, zur Anschaffung von Uniformen für die Nationalsozialisten Verwendung fänden35.

35

Das Verbotsersuchen des RIM erging am 29.6.32. Severing lehnte ab und rief die Entscheidung des Reichsgerichts an. Dieses erklärte am 1. 7. das Verbot für zulässig, und zwar mit der Begründung, daß der in Frage kommende Artikel des „Vorwärts“ geeignet sei, den RPräs. und die RReg. „verächtlich zu machen, zudem aber auch lebenswichtige innen- und außenpolitische Interessen zu gefährden“ (Horkenbach 1932, S. 218 f., 226; Koszyk, Deutsche Presse 1914–1945, Teil III, S. 316 f.). Das Verbot wurde vom Berliner Polizeipräsidenten am 4. 7. aufgrund § 6 der VO des RPräs. vom 14.6.32 (RGBl. I, S. 297 ) für die Zeit bis 8. 7. ausgesprochen (Bekanntmachung im RAnz. vom 5.7.32). Über weitere Zeitungsverbote einige Vorgänge (u. a. betr. Verbot der „Kölnischen Volkszeitung“ wegen Gefährdung außenpolitischer Interessen und Verächtlichmachung des RK) in R 43 I /2533 ..

Staatssekretär Dr. Meissner trug den wesentlichen Inhalt des Schreibens vor, das die Bayerische Staatsregierung an den Herrn Reichspräsidenten durch Luftpost gesandt habe. Er wies dann besonders auf die Loyalitätserklärung hin, die am Schlusse des Schreibens zum Ausdruck gekommen sei36. Der Reichspräsident wünsche bei Erlaß der 2. Notverordnung gegen politische Ausschreitungen ein Communiqué, das in den Ländern verstanden werde. Darin müsse auf die Polizeihoheit der Länder und auf ihr Recht hingewiesen werden, alle Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung zu treffen. Die Reichsautorität sei zu wahren, aber auf Wünsche der Länder sei Rücksicht zu nehmen.

36

Schreiben des Bayer. MinPräs. an Hindenburg vom 25. 6., das von Held in einer Sondersitzung des bayer. LT am gleichen Tage angekündigt und begründet worden war (Horkenbach 1932, S. 212). In dem Schreiben hatte Held die Haltung seiner Reg. in der Frage des Uniform- und Versammlungsverbots [vgl. Dok. Nr. 21 und Anm. 16 zu Dok. Nr. 31] nochmals eingehend dargelegt. Die von Meissner oben erwähnte „Loyalitätserklärung“ lautete wie folgt: „Ich brauche nicht nochmals zu betonen, daß die Bayer. Regierung auf dem Boden der Reichsverfassung ist und bleibt, so wie sich das bayer. Volk in der Reichstreue von anderen nicht übertreffen läßt. Die Bayer. Staatsregierung wird deshalb im selbstverständlichen Einklang mit ihrer sonstigen Haltung den verfassungsmäßigen Maßnahmen der Organe des Reiches nicht entgegenhandeln. Sie hat dies auch bisher nicht getan, weil – worauf ich nochmals hinweisen möchte – eine reichsrechtliche Bestimmung, durch die sie auf dem Gebiete des Uniformtragens in der Ausübung ihrer Polizeihoheit beschränkt ist, nicht besteht. Ein Bedürfnis für neue, die Länder einschränkende reichsrechtliche Vorschriften kann die Bayer. Regierung nicht anerkennen.“ (Abschrift in R 43 I /2701  b, Bl. 130–135).

[151] Auf das Schreiben des Bayerischen Ministerpräsidenten werde eine kurze Empfangsbestätigung gegeben werden. Darin werde darauf hinzuweisen sein, daß im Kabinett von dem Schreiben Mitteilung gemacht worden sei und daß der Herr Reichspräsident mit Befriedigung von der Reichstreue Bayerns Kenntnis genommen habe. Von einer Polemik werde abgesehen. Das Schreiben Helds sei loyal37.

37

Das am 26. 6. abgesandte Schreiben Hindenburgs an Held hatte folgenden Wortlaut: „Von Ihrem gestrigen Schreiben, dessen Empfang ich Ihnen dankend bestätige, habe ich mit größter Aufmerksamkeit Kenntnis genommen und dasselbe auch dem gestern unter Vorsitz des Herrn Reichskanzlers von Papen tagenden Reichskabinett bekanntgegeben. Mit besonderer Befriedigung habe ich Ihre Erklärung der Reichstreue des bayerischen Volkes entgegengenommen. Daß die Bayerische Staatsregierung den verfassungsmäßigen Maßnahmen des Reichs nicht entgegenhandeln wird, habe ich stets als selbstverständlich angesehen. Ich bitte Sie, auch Ihrerseits versichert zu sein, daß ich selbst wie die Reichsregierung die Regelung der jetzt zu entscheidenen Fragen so treffen werde, daß bei der notwendigen Wahrung einer einheitlichen Reichspolitik die Polizeihoheit der Länder beachtet und den Ländern die Möglichkeit belassen wird, bei unmittelbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit nach eigenem, pflichtmäßigen Ermessen einzuschreiten.“ (Abschrift in R 43 I /2701  b, Bl. 136–137).

Der Reichsminister der Justiz regte an, in dem Pressecommuniqué durchblicken zu lassen, daß die Rücksicht auf die Bequemlichkeit von Behörden ein so schwerwiegendes Verbot nicht rechtfertige. Tatsächlich sei die treibende Kraft in Bayern das Polizeireferat, dem ein generelles Uniformverbot schwierige einzelne Erscheinungen38 ersparen solle.

38

Muß wohl heißen: Entscheidungen.

Der Wortlaut des Communiqués wird dem Schreiben beigefügt werden, das der Reichsminister des Innern an die Ministerpräsidenten der Länder richten wird39.

39

Vgl. Dok. Nr. 41.

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