2.63.5 (vpa1p): 5. Butterzoll (Außerhalb der Tagesordnung).

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5. Butterzoll (Außerhalb der Tagesordnung)6.

6

Die dt. Butterzölle waren im Januar 1932 beträchtlich angehoben worden (VO des RFM vom 19. 1., RGBl. I, S. 30) und betrugen seitdem für den Doppelzentner: 50 RM Vertragszoll innerhalb des 5000 to-Kontingents für hochvalutarische Länder, 86 RM Vertragszoll innerhalb des 5000 to-Kontingents für niedervalutarische Länder, 100 RM autonomer Zoll innerhalb des 5000 to-Kontingents für hochvalutarische Länder, 136 RM autonomer Zoll innerhalb des 5000 to-Kontingents für niedervalutarische Länder, 170 RM Obertarif-Zoll (für Butter aus Kanada, Australien und Polen). – Das erwähnte 5000 to-Kontingent geht zurück auf eine dt.-finn. Vereinbarung vom 28.8.30 (RGBl. II, S. 1226 ) betr. Änderung des vorläufigen dt.-finn. Handelsabkommens vom 26.6.26. In der Vereinbarung war Finnland das Recht zugestanden worden, jährlich 5000 to Butter nach den geltenden dt. Zollsätzen (50 RM/dz) nach Dtld. einzuführen. Dieses Zugeständnis kam auf Grund der Meistbegünstigung auch den anderen nach Deutschland importierenden Ländern (u. a. Holland, Dänemark, Schweden, Italien) zugute.

Der Reichswirtschaftsminister teilte mit, daß die internen Besprechungen über die Aufnahme von Verhandlungen mit Holland, Dänemark und Finnland wegen des Butterzolls soweit gefördert seien, daß die Verhandlungen in Angriff genommen werden können. Eile sei geboten, da in den genannten Ländern – insbesondere Holland – sich eine Boykottbewegung gegen die Einfuhr deutscher Industrieprodukte als Repressalie gegen die deutschen Butterzollmaßnahmen bemerkbar gemacht habe7, die nach seiner Ansicht nicht leicht zu nehmen sei.

7

Hierzu hatte das AA in einer Kabinettsvorlage vom 24. 5. mitgeteilt: Die Neureglung des Butterzolls im Januar 1932 (vgl. Anm. 6) habe zu einer „großen Zahl von Beanstandungen“ im Ausland geführt. Insbesondere Dänemark, Finnland und Schweden hätten „gegen die Regelung als rechtlich unzulässig Einspruch erhoben und in der Bevölkerung dieser Länder hat eine starke Verstimmung mit einer ausgesprochenen Boykottbewegung eingesetzt. In Holland, das unter der gegenwärtigen Regelung am besten weggekommen ist, macht die Boykottbewegung sich zwar langsam, aber am nachhaltigsten geltend. Diese Boykottbewegung ist in Holland nicht nur in landwirtschaftlichen Kreisen bemerkbar, sondern auch die vier holländischen industriellen Verbände haben sich mit der Landwirtschaft solidarisch erklärt und sich zu einer Boykottorganisation zusammengeschlossen. Der Grund für die Boykottsolidarität der holländischen Industrie mit der holländischen Landwirtschaft liegt hauptsächlich darin, daß auch die holländische Industrie sich durch die deutschen Devisenbeschränkungen immer mehr geschädigt fühlt. Die davon ausgehende Bedrohung der deutschen industriellen Ausfuhr nach diesen Ländern hat die Spitzenverbände der deutschen Industrie und des deutschen Handels mobil gemacht. Von den maßgebenden deutschen Spitzenverbänden […] liegen Eingaben an die Reichsregierung vor. Es mag bedauerlich sein, daß die deutschen Spitzenverbände sich auf ein unbeabsichtigtes Zusammenspiel mit ausländischen Interessen eingelassen haben. Tatsache ist jedenfalls, daß von diesen Kreisen ein immer stärkerer Druck auf eine Änderung der gegenwärtigen Butterzollregelung ausgeübt wird.“ (R 43 I /2427 , Bl. 313–317). Über diese Zusammenhänge einige weitere Materialien (u. a. Korrespondenzen, Niederschriften über Besprechungen zwischen dt. und holländ. Industriellen) in NL Kastl  3.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft hob hervor, daß er durchaus auf dem Boden der von ihm in Lausanne geführten Besprechungen stehe8, daß er aber Wert darauf lege, daß die beteiligten Ressorts untereinander sich intern vollkommen über Verhandlungsziel und Verhandlungsgegenstand im klaren sein müßten, bevor die Verhandlungen zunächst mit Holland eingeleitet würden. Er bäte daher um Vertagung der sachlichen Besprechung im Reichsministerium bis zum Donnerstag, dem 21. Juli, an welchem Tage sowieso[240] die Aussprache über die allgemeine Handelspolitik angesetzt sei9. Während seiner kurzen Dienstreise nach München10 sollen die Ressortbesprechungen zwischen seinem Ministerium und den übrigen beteiligten Ministerien fortgesetzt und gefördert werden.

8

Vgl. Dok. Nr. 46, P. 1.

9

Dok. Nr. 75, P. 2.

10

Zur Teilnahme an einer Konferenz der Ernährungs- und Landwirtschaftsminister der dt. Länder am 19. 7., worüber WTB am gleichen Tage berichtete: Die Konferenz habe nach einem Referat des REM über die „Lage der deutschen Landwirtschaft“ u. a. die Verhältnisse in der bäuerlichen Veredelungswirtschaft, beim Wein-, Obst- und Gemüsebau sowie in der Holzwirtschaft erörtert. Sie habe den Standpunkt vertreten, daß es nicht angängig sei, die Veredelungswirtschaft „auch weiterhin nur ungenügend geschützt der Weltkrise auszusetzen“. Unter diesem Gesichtspunkt hätten die Teilnehmer die kürzlich beschlossene Kündigung des dt.-schwed. Handelsvertrages und die Aufhebung der Zwischenzölle für Speck und Schmalz lebhaft begrüßt „als einen Anfang zur Errichtung eines wirksamen Schutzes der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse“ (WTB-Ausschnitt in R 43 I /1275 , Bl. 43).

Der Reichskanzler stellt das Einverständnis des Reichsministeriums zu der beantragten Vertagung fest.

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