1.226 (bru2p): Nr. 478 Entschließung der Reichsvertreter der nationalsozialistischen deutschen Beamten. Weimar, 20. September 1931

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Nr. 478
Entschließung der Reichsvertreter der nationalsozialistischen deutschen Beamten. Weimar, 20. September 1931

R 43 I /2380 , Bl. 29–31

Die Reichsvertreter der nationalsozialistischen Beamtenschaft haben am Sonntag, dem 20. September 1931, in Weimar folgende Entschließung an den Reichskanzler gerichtet und der Öffentlichkeit übergeben1:

1

Der RT-Abg. Sprenger (NSDAP) übersandte am 20.9.31 dem RK die Entschließung (Anschreiben in R 43 I /2380 , Bl. 28).

Die durch die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei vertretenen Beamten sind sich bewußt, daß das Schicksal der deutschen Beamtenschaft unlöslich mit dem des gesamten schaffenden deutschen Volkes verbunden ist.

Die Unterwerfungs- und Erfüllungspolitik aller Regierungen der Nachkriegszeit führt zur Verelendung aller Stände, zum wirtschaftlichen Ruin, zum Untergang der deutschen Kultur und zur Auflösung des deutschen Geisteslebens.

Chaos über Deutschland ist das Ergebnis knechtseliger Außen- und zersetzender Innenpolitik.

Im Bewußtsein der Verbundenheit mit allen Berufsständen protestieren wir daher gegen die Fortsetzung des unheilvollen politischen Kurses der Reichs- und Länderregierungen, insbesondere wenden wir uns gegen die Notverordnungen, die restlos Ausnahmegesetze gegen das schaffende Volk darstellen und der Reichsverfassung nicht entsprechen.

[1713] Die besonderen Ausnahmegesetze gegen das Berufsbeamtentum vom Beamtenabbau 1923 über alle Länder-Notverordnungen bis zum neuesten Einkommens- und Rechtsraub in Preußen2 treffen nicht nur die Beteiligten, sondern gleichzeitig alle Schichten der Bevölkerung. Das Stück Brot, das den darbenden unteren Beamtenfamilien aus der Schublade genommen wurde, dient zur Befriedigung der wahren Beherrscher des heutigen Deutschlands, der internationalen liberalistisch-jüdischen Hoch- und Weltfinanz.

2

S. die PrVO zur Durchführung der NotVO vom 24.8.31 (RGBl. I, S. 453 ) […] vom 12.9.31 (Pr. Gesetzsammlung 1931, S. 179; vgl. Dok. Nr. 467, Anm. 1).

Wir fordern daher sofortige Außerkraftsetzung aller gegen die Beamtenschaft erlassenen Sondergesetze und verlangen, daß die Regierungen endlich pflichtgemäß der Hetze volkszerstörender Elemente und ihrer Presse gegen die deutsche Beamtenschaft entgegentreten. Wir fordern als Sofortmaßnahmen:

1. Das Republikschutzgesetz3, durch das die Berufsbeamten politisch unter Ausnahmebestimmungen gestellt wurden, obwohl die bestehenden Disziplinargesetze ausreichend waren, dem Beamten die Grenzen zu ziehen, die er angesichts seines Amtes einhalten muß, ist schnellstens zu beseitigen, da es mit den klaren Bestimmungen der Reichsverfassung in schroffem Widerspruch steht.

3

Gesetz zum Schutz der Republik in der Fassung vom 25.3.30 (RGBl. I, S. 91 ).

2. Das preußische Verbot, daß Beamte nicht Mitglieder der NSDAP sein dürfen, ist durch Eingreifen der Reichsregierung im Aufsichtswege zu beseitigen, da es gegen Verfassungsrecht und Gesetz ist4.

4

Der Runderlaß des PrIM über die „Teilnahme von Beamten an der Nationalsozialistische Deutschen Arbeiterpartei und der Kommunistischen Partei Deutschlands“, vom 3.7.30 hatte folgenden Wortlaut: „Beschluß des Staatsministeriums v. 25.6.1930. […] Nach der Entwicklung, die die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei und die Kommunistische Partei Deutschlands genommen haben, sind beide Parteien als Organisationen anzusehen, deren Ziel der gewaltsame Umsturz der bestehenden Staatsordnung ist. Ein Beamter, der an einer solchen Organisation teilnimmt, sich für sie betätigt oder sie sonst unterstützt, verletzt dadurch die aus seinem Beamtenverhältnis sich ergebende besondere Treueverpflichtung gegenüber dem Staate und macht sich eines Dienstvergehens schuldig. Allen Beamten ist demnach die Teilnahme an diesen Organisatioen, die Betätigung für sie oder ihre sonstigen Unterstützung verboten.

Das Staatsministerium bringt diese Auffassung der Beamtenschaft hiermit besonders zur Kenntnis und weist sie darauf hin, daß künftig gegen jeden unmittelbaren oder mittelbaren Staatsbeamten, der dem zuwiderhandelt, disziplinarisch eingeschritten wird.

Das Staatsministerium ordnet gleichzeitig an, daß die nachgeordneten Behörden über jeden Fall der Zuwiderhandlung dem zuständigen Fachminister zu berichten haben. […]“ (Ministerialblatt für die Pr. innere Verwaltung 1930, S. 599).

3. Die durch Parteibuch und sonstige Beziehungen ohne Berufsvorbildung und Nachweis der Brauchbarkeit in die Verwaltung gekommenen Parteimänner sind sofort ohne Übergangsgeld, Wartegeld oder Ruhegehalt zu entlassen.

4. Alle mit Hilfe der Notverordnungen gegen die Beamtenschaft getroffenen Sondergesetze sind außer Kraft zu setzen. Die Einkommensverhältnisse sind über den Weg, den die Verfassung vorschreibt, auf der Grundlage des Leistungsprinzips derart zu regeln, daß in der heutigen Notzeit für den höchsten Beamten des Reichs nicht mehr als RM 12000,– jährlich aufgewendet werden dürfen. Alle Repräsentationsgelder und Sonderzulagen fallen weg.

Der untersten Gruppe muß hierbei die Lebenshaltung sichergestellt werden. Dieses Existenzminimum ist auf der Grundlage einer fünfköpfigen Familie[1714] unter besonderer Berücksichtigung der unerhörten Teuerung der Artikel des täglichen Bedarfs an Nahrung und Kleidung zu errechnen. Die heutige Besoldung der unteren Gruppen liegt weit unter dieser Mindestforderung. Zwischen diesem Mindesteinkommen und dem Höchstgehalt ist Raum genug zur Auswirkung des Leistungsprinzips.

Soweit die Not gebietet, daß die Mittel nach sozialen Gesichtspunkten ausgeglichen werden müssen – und das ist gegenwärtig der Fall –, hat ein Ausgleich durch Steuernachlaß zu erfolgen. Dieser Steuernachlaß ist der Kinderzahl entsprechend steigend festzusetzen und in solcher Höhe zu bemessen, daß die heutigen unzulänglichen Kinderzulagen wesentlich überschritten werden. Hierdurch wird die Kinderzulage allen schaffenden Volksschichten gleichmäßig erschlossen.

5. Die außerordentliche Sonderkürzung der Renten der schwerkriegsbeschädigten Beamten ist sofort außer Kraft zu setzen5.

5

S. die 2. NotVO zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 5.6.31, 2. Teil, Kapitel IV, P. 20 (RGBl. I, S. 287 ).

Wir wissen uns eins mit der gesamten deutschen Beamtenschaft und mit allen Schichten des schaffenden deutschen Volkes, wenn wir erklären, daß die Reichsregierung weder das Vertrauen des Reichstages, noch der Mehrheit des Volkes besitzt und verlangen daher, daß nach den klaren Bestimmungen der Verfassung der Volkswille durch Auflösung des Reichstags und sofortige Neuwahlen festgestellt wird. Hierdurch allein wird klar sichergestellt, wen das Volk zum Vollstrecker seines Willens bestimmt.

Der deutschen Beamtenschaft aber rufen wir zu:

Ihr habt die Pflicht, Euch in dem gigantischen Ringen unseres Volkstums um seine neue Form in die vorderste Linie zu stellen!

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