2.245 (mu21p): Nr. 245 Besprechung über Reparationsfragen im Reichsfinanzministerium. 6. Juli 1929, 11 Uhr

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Nr. 245
Besprechung über Reparationsfragen im Reichsfinanzministerium. 6. Juli 1929, 11 Uhr

R 43 I /294 , Bl. 163 f.

Anwesend: Hilferding, Wirth, Stegerwald; StS v. Schubert; MinDir. Dorn, Schäffer, Vogel; Vortr.LegR Eisenlohr; MinR Ronde; ORegR Knorre; LegR Valette; RbkPräs. Schacht; RbkVizePräs. Dreyse; StS a. D. Bergmann; RBDir. Homberger, Kittel; Protokoll: MinR Vogels.

Der Reichsminister der Finanzen erörterte kurz die Frage der deutscherseits in die Organisationskomitees zu entsendenden Mitglieder. Gegen die in früheren Besprechungen in Aussicht genommenen Persönlichkeiten wurden keinerlei Bedenken geltend gemacht1. Die Reichsbahngesellschaft benannte als ihre Vertreter die Herren Homberger und Kittel.

1

Siehe Dok. Nr. 237.

Der Reichsminister der Finanzen bat, daß die deutschen Mitglieder des Organisationskomitees möglichst bald die Fühlung untereinander aufnehmen möchten. Ferner teilte er mit, daß der Gegenseite gegenüber angeregt worden sei, als Tagungsort für die Organisationskomitees Berlin vorzuschlagen. Bezüglich der Frage, wer von der Gegenseite in die Organisationskomitees entsendet wird, teilte er mit, daß hierüber noch nichts bekannt sei2. Die[801] Reparationskommission tage zwar am 10. Juli, bisher lägen der Reparationskommission jedoch noch keinerlei Anregungen der alliierten Regierungen für die Zusammensetzung der Organisationskomitees vor. Es sei daher fraglich, ob bereits am 10. Juli eine Entscheidung getroffen werden kann.

2

Eine entsprechende Nachricht hatte Ruppel im Telegramm Nr. K. 33 vom 3. 7. gegeben (R 43 I /294 , gefunden in R 43 I /296 , Bl. 244).

Reichsbankpräsident Dr. Schacht teilte mit, daß er eine Nachricht aus London erhalten habe dahingehend, daß das Organisationskomitee der Bank für internationalen Zahlungsausgleich erst nach der politischen Konferenz zusammentreten wolle.

Der Reichsminister der Finanzen bat, diese Fragen im Augenblick nicht zu vertiefen. Er beschränkte sich darauf zu bemerken, daß gegen eine derartige Absicht doch wohl Bedenken bestünden, da Frankreich beabsichtige, die Räumungsfrage mit der Mobilisierungsfrage zu verbinden3. Reichsminister Dr. Wirth erwähnte, daß Frankreich auch eine Völkerbundskontrolle gegenüber der internationalen Bank erwäge und daß sich diesen Strömungen besser vor wie nach der Konferenz entgegenarbeiten lassen werde4.

3

Dazu hatte v. Hoesch berichtet: „Ich fragte Briand nun ganz offen, ob an den Redereien etwas Wahres sei, wonach die französische Regierung Räumung an Bedingung vorherigen Beginns Mobilisierung [der Zahlungen] knüpfen wolle. Briand entgegnete, das Wort Mobilisierung sei in Kabinettsberatungen in der Tat gefallen. Er habe sich aber solchen Absichten widersetzt, indem er erklärt habe, man dürfe unter keinen Umständen Begriffe schaffen, die man nachher nur schwer wieder los würde. Für ihn, so habe er im Kabinett weiter ausgeführt, sei Räumung eine Selbstverständlichkeit und er werde mit der ganzen Autorität seines Amts dafür eintreten, daß Räumung in loyaler Weise erfolge“ (Telegramm Nr. 559 vom 1. 7.; R 43 I /296 , Bl. 250-256, hier: Bl. 252f).

4

Briand hatte gegenüber v. Hoesch die Kontrolle der Geschäftsführung der Bank durch den Völkerbund als einen Beweis des guten Willens Deutschlands angegeben (Telegramm Nr. 559 vom 1. 7.; R 43 I /296 , Bl. 250-256, hier: Bl. 253). Dazu war von v. Schubert in einer Verfügung an die deutschen Vertretungen in London, Rom und Brüssel bemerkt worden: „Im übrigen bemerke ich noch, daß hier gegen die von Herrn Briand als erwünscht bezeichnete Kontrolle der Bank für internationalen Zahlungsausgleich ernste Bedenken bestehen. Einmal würde es die Änderung eines wesentlichen Grundgedankens des Young-Planes bedeuten, wenn die Leitung der Bank überhaupt politischen Einflüssen ausgesetzt wird. Doppelt unerwünscht wird dies für uns aber, falls dieser Einfluß vom Völkerbund ausgeht. Wir können bei den augenblicklichen politischen Verhältnissen schwerlich damit rechnen, daß bei Meinungsverschiedenheiten im Völkerbunde die deutsche Auffassung durchdringen würde. Außerdem würde es aber unsere allgemeine Stellung im Völkerbund außerordentlich belasten, wenn wir dort in der Rolle des Weltschuldners auftreten müßten. Ich bitte daher, auch dieser französischen Idee dort nach Möglichkeit entgegenzuwirken“ (3.7.29; R 43 I /296 , Bl. 232-239, hier: Bl. 239).

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