2.97.3 (sch1p): 3. [Intervention der neutralen Staaten]

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3. [Intervention der neutralen Staaten]

Botschafter Graf Bernstorff verliest ein drittes Telegramm der Delegation, in dem es als unzweckmäßig bezeichnet wird, die neutralen Staaten jetzt zu einer Intervention zu veranlassen. Dies würde als ein Zeichen der Schwäche und der Ratlosigkeit Deutschlands aufgefaßt werden. Es wird darin ferner gebeten, mit weiteren Schritten zu warten, bis die Reichsminister Landsberg und Giesberts nach Berlin gekommen seien4. Ministerpräsident Scheidemann weist darauf hin, daß nicht daran gedacht sei, die Intervention jetzt schon herbeizuführen. Dies solle vielmehr erst geschehen, wenn die Gegner ein Ultimatum stellen würden. Bei der Erörterung sprechen sich Botschafter Graf Bernstorff und Unterstaatssekretär Langwerth v. Simmern gegen den beabsichtigten Schritt aus, auch Reichsminister Dr. Dernburg äußert Bedenken dagegen, während die Reichsminister Erzberger, David, Bauer, Preuß und Bell ihn dringend befürworten. Reichskolonialminister Bell macht Mitteilung von einem Bericht des kolonialen Vertreters in Stockholm über den Umschwung der öffentlichen Meinung in Schweden zu unseren Gunsten5.

4

Am 29.5.1919 hatte der RAM an Paxkonferenz telegrafiert: „Für Botschafter Graf Bernstorff […] Ein Versuch, die Neutralen zu bewegen, im gegenwärtigen Augenblick eine Vermittlungsaktion nach welcher Richtung immer zu unternehmen, wäre ein schwerer politischer Fehler. Wir können, wenn überhaupt, nur zu einem positiven Ergebnis gelangen, sofern wir in diesen besonders kritischen Tagen volle Reserve bewahren und die Wirkung unserer mit heute zunächst abgeschlossenen hiesigen Tätigkeit abwarten. Die Neutralen jetzt ein[zu]spannen, würde einen Versuch mit untauglichen Mitteln bedeuten; sie sind gar nicht in der Lage, auf die Entente einen entscheidenden Einfluß in dem angedeuteten Sinne zu üben; wir würden uns bei ihr [Anm. d. Dechiffrierbüros: Gruppe unverständlich] zudem verhängnisvoller Ablehnung aussetzen, unter allen Umständen aber würde aber unser Schritt der Entente bekannt und mit Recht als Zeichen unserer Unsicherheit und Ratlosigkeit ausgelegt werden. Ich bedaure daher den Beschluß des Kabinetts, dem ich allerdings unter keinen Umständen folgen kann. […] Zu Ew. Exzellenz [gemeint ist Graf Bernstorff] ausschließlich persönlichen Information: Ich danke Euer Exzellenz und Vertretern AA aufrichtig, im Kabinett [während der Sitzung am 29.5.1919, s. Dok. Nr. 90, P. 6] verlangt zu haben, daß ich vor diesem unklugen Schritt gefragt werde. Wenn wir nicht im gegenwärtigen Augenblick, wenigstens nach außen, Ruhe und Würde wahren, verlieren wir die letzte Möglichkeit, zu einem annehmbaren Frieden zu gelangen. Ich bitte Ew. Exzellenz und die Herren des AA, diesen Standpunkt mit allem Nachdruck [Anm. d. Dechiffrierbüros: Gruppe unverständlich] zu vertreten, gleichzeitig in meinem Namen darauf hinzuweisen, daß erfolgreiche auswärtige Politik anders nicht zu machen ist, und daß sie auch niemals durch Rücksichten auf innerpolitische Erwägungen bestimmt werden darf. Rantzau“ (PA, Wk 31 geh., Bd. 1).

5

In den Akten der Rkei nicht zu ermitteln.

Ministerpräsident Scheidemann regt an, ob nicht Graf Brockdorff-Rantzau zu ersuchen sei, nach Berlin zu kommen. Reichsminister Erzberger äußert Bedenken[396] hiergegen, da Graf Brockdorff-Rantzau sich wohl in Versailles zu sofortigen Verhandlungen bereit halten müsse.

Das Kabinett beschließt, es soll an die Friedensdelegation gedrahtet werden, wie sich das Kabinett die Herbeiführung der Intervention der Neutralen gedacht hat, und es soll Graf Brockdorff-Rantzau um Äußerung über den Vorschlag seines Herkommens nach Berlin ersucht werden6.

6

Das Telegramm des RKab. ist in den Akten der Rkei und des AA nicht zu ermitteln; Antworttelegramm des RAM s. Dok. Nr. 94, Anm. 5.

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