2.217.1 (wir1p): Entwurf des Gesetzes über die Autonomie der Reichsbank.

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Die Kabinette Wirth I und II (1921/22). Band 1Bild 146III-105Bild 183-L40010Plak 002-009-026Plak 002-006-067

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Entwurf des Gesetzes über die Autonomie der Reichsbank1.

1

In der Kab.Sitzung vom 26.12.1921 hatte Rathenau berichtet, daß in dem Britischen Entwurf für Cannes (siehe RT-Drucks. Nr. 4140 , S. 185, Bd. 372) die Forderung nach Autonomie der Rbk enthalten war (siehe Dok. Nr. 173). Bereits am 28.12.1921 hatte daraufhin die Rbk 21 Vorschläge, betr. die Abänderung des Bankgesetzes vom 14.3.1875 gemacht (R 43 I /23 , Bl. 275-278, 223-234 236-239). Die dt. Reg. hatte in ihrer Note vom 28.1.1922 der Repko die Vorlage eines solchen Gesetzes zugesagt (RT-Drucks. Nr. 4140 , S. 49, Bd. 372). Mit Verfügung vom 3.2.1922 forderte der RK den Rbk-Präs. auf, im Einvernehmen mit den beteiligten Ressorts einen derartigen Gesetzentwurf auszuarbeiten (R 43 I /631 , Bl. 4). Am 18.2.1922 sandte die Rbk „einen in mehrfacher Hinsicht“ gegenüber dem Dezemberentwurf abgeänderten Entwurf über die Autonomie der Reichsbank zur Beschlußfassung im Kabinett an die Rkei (R 43 I /631 , Bl. 5-22; siehe auch RT-Drucks. Nr. 3863, Bd. 372 ).

Ministerialrat Reichardt: Das Reichswirtschaftsministerium hege Bedenken[595] gegen die Vorlage2. Der Zweck der Gesetzes-Einbringung sei doch nur der gewesen, in Zukunft zu verhindern, daß die Reichsbank angewiesen werden könne, dem Reich Kredite zur Verfügung zu stellen. Es sei wenigstens dem Reichswirtschaftsministerium nicht bekannt, daß die Ententemächte weitergehende Forderungen gestellt hätten. Daher schieße es über das Ziel hinaus, wenn man jetzt dem Reiche jeden Einfluß – beispielsweise auf die Diskontpolitik, die Devisen- und die Anleihepolitik der Reichsbank nehme.

2

Der Entwurf eines Gesetzes über die Autonomie der Rbk hatte schon am 28.2.22 auf der TO gestanden, war jedoch vertagt worden, weil RWiM Schmidt eine erneute Ressortbesprechung beantragt hatte (siehe Dok. Nr. 213, P. 2).

Exzellenz Havenstein tritt dieser Auffassung entgegen. Die Entente habe ausdrücklich volle Autonomie der Reichsbank verlangt. Wir hätten in unserer Antwortnote auch bereits zugesagt, daß wir die Eingriffsmöglichkeit in die geschäftliche Leitung beseitigen würden3. Auch der Gouverneur der Bank von England habe ihm in einem Privatbriefe mitgeteilt, daß diese Beseitigung eine vollständige sein müsse. Breche man jetzt das Kernstück der Vorlage, nämlich die Beseitigung des Einflusses auf die Devisen- und Diskontpolitik, heraus, so würde man sich einer schroffen Antwort der Entente aussetzen.

3

In der Note an die Repko vom 28.1.22 hatte die dt. Reg. dazu erklärt: „Dem Bedenken, daß die Alliierten Regierungen aus der rechtlichen Abhängigkeit der Reichsbank vom Reichskanzler entnehmen, wird die deutsche Regierung Rechnung tragen. Sie wird dem Reichstag ein Gesetz vorlegen, durch das die z. Z. rechtlich bestehende Befugnis des Reichskanzlers zu Eingriffen in die geschäftliche Leitung der Reichsbank beseitigt und somit ihre Autonomie gesichert wird.“ (RT-Drucks. Nr. 4140 , S. 49, Bd. 372).

Staatssekretär Schroeder und Legationsrat Martius schließen sich der Auffassung des Reichsbankpräsidenten für das Reichsfinanzministerium und das Auswärtige Amt an.

Ministerialrat Reichardt: Nach den Ausführungen der Vorredner über die Natur der Ententeforderung bliebe ihm nichts übrig, als sein vorhin gestelltes Verlangen zurückzuziehen.

Ministerialrat Quassowski empfiehlt, dem § 26 folgende Fassung zu geben: „Die Leitung der Bank steht dem Reichsbank-Direktorium zu.“ Dementsprechend müßten im § 12 Absatz 14 die Worte „und Leitung“ gestrichen werden.

4

Im Reichsbankgesetz von 1875 hatte der Satz gelautet: „Unter dem Namen ‚Reichsbank‘ wird eine unter Aufsicht und Leitung des Reiches stehende Bank errichtet.“ (RGBl. 1875, S. 180 ).

Diesem Antrage wird zugestimmt.

Auf Antrag des Staatssekretärs Schroeder wird ferner beschlossen, im § 28 den Satz „Änderungen des Stellenbestandes und der Besoldungen bedürfen der Zustimmung des Zentralausschusses“5 zu streichen.

5

Im Entwurf hatte der Satz vor dem Satz: „Der Besoldungs- und Ruhegeldhaushalt der übrigen Beamten wird vom Reichsbankdirektorium […] festgesetzt“ gestanden.

Staatssekretär Schroeder beantragt ferner, zu dem hierauf folgenden Satz[596] eine erläuternde Bemerkung in die Begründung des Gesetzes einzufügen, wonach das Besoldungssperrgesetz hierdurch nicht berührt werde.

Nachdem Exzellenz Havenstein und Vizekanzler Bauer diesem Antrage widersprochen haben, weil er mit der vorliegenden Materie nichts zu tun hätte, zieht Staatssekretär Schroeder diesen Antrag zurück, stellt jedoch fest, daß die Streitfrage, ob das Besoldungssperrgesetz sich auch auf die Reichsbankbeamten beziehe, hierdurch nicht entschieden sei.

Exzellenz von Glasenapp beantragt ferner einige Änderungen in den §§ 36, 37, 38, 18, 30 und 19 des Bankgesetzes von 1875 in der Richtung, daß die dort vorgesehenen Befugnisse des Reichskanzlers jedesmal auf das Reichsbank-Direktorium übertragen werden. Demnach würde dem Reichskanzler das Recht verbleiben,

1.

zur Bestimmung der Form der jährlichen Rechnungslegung,

2.

zur definitiven Feststellung der Jahresbilanz und der Gewinnberechnung,

3.

zur Ankündigung der Aufhebung oder Verstaatlichung der Reichsbank,

4.

zur Leitung der Liquidation der Reichsbank.

Nachdem Staatssekretär Schroeder, Ministerialrat Kempner und Legationsrat Martius sich für diese Vorschläge ausgesprochen haben, wird demgemäß beschlossen.

Die Herren Exzellenz v. Glasenapp, Ministerialrat Quassowski und Ministerialrat Kempner werden beauftragt, die heute beschlossenen Änderungen der Vorlage zu formulieren.

Vizekanzler Bauer stellt fest, daß die so geänderte Vorlage dem Reichskabinett in seiner nächsten Sitzung vorgelegt werden wird6.

6

Siehe Dok. Nr. 216, P. 2.

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