2.227.1 (wir1p): 1. Entwurf einer 6. Ergänzung des Besoldungsgesetzes.

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1. Entwurf einer 6. Ergänzung des Besoldungsgesetzes1.

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Mit Schreiben vom 14.3.1922, das noch einige Änderungen am Entwurf angibt, hatte der REM den Entwurf einer sechsten Ergänzung des Besoldungsgesetzes an den StSRkei gesandt. Der Gesetzentwurf war nach Verhandlungen mit dem Zwölferausschuß der Gewerkschaften zustande gekommen; voraufgegangene Verhandlungen mit Vertretern der Gewerkschaften am 10.3.22 im RFMin. waren zunächst daran gescheitert, daß das RFMin. sich geweigert hatte, mit Menne als dem Vorsitzenden der Reichsgewerkschaft deutscher Eisenbahnbeamten- und Anwärter zu verhandeln, weil gegen ihn im Zusammenhang mit dem Eisenbahnerstreik ein Disziplinarverfahren eingeleitet sei (siehe Dok. Nr. 204, P. 4). In einer Besprechung am 11.3.22 in der Rkei, die MinR Kempner mit Gewerkschaftsvertretern führte, hatte sich die RReg. bereit erklärt, mit dem Zwölferausschuß der Gewerkschaften, dem Menne nicht angehörte, zu verhandeln (siehe DAZ Nr. 119 vom 11.3.22 und DAZ Nr. 121 vom 12.3.1922; Protokoll der Besprechung in der Rkei in R 43 I /2564 , Bl. 105-110, 101 f.).

Ministerialdirektor v. Schlieben berichtete eingehend über die Besoldungsverhandlungen und den vorliegenden Entwurf. Die Gewerkschaften hätten zunächst Forderungen gestellt, die einen Gesamtaufwand von 54 Milliarden Mark erfordert hätten. Der Gegenvorschlag der Regierung habe nach längerer Diskussion die Zustimmung der Gewerkschaften gefunden. Die neue Besoldungsregelung erfordere einen Mehrbetrag von etwa 30 Milliarden Mark.

Der Reichskanzler stellt die Frage, wie sich diese 30 Milliarden auf die einzelnen Verwaltungen verteilten2.

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Die nachfolgende Aufschlüsselung der 30 Mrd durch von Schlieben ergibt nur 8,9 Mrd Mark; StS Stieler gibt den Mehrbedarf allein für die RBahn anschließend mit 7,6 Mrd an. Eine Berichtigung dieser Protokollstelle oder die Zahlen erläuternde Dokumente konnten in R 43 I nicht ermittelt werden.

Ministerialdirektor v. Schlieben erwidert, daß etwa 2,1 Milliarden auf die[615] allgemeine Verwaltung, 4 Milliarden auf die Eisenbahnverwaltung, 2,8 Milliarden auf die Postverwaltung entfielen.

Staatssekretär Stieler gibt eine Zusammenstellung der für die Eisenbahn erwachsenen Mehrkosten. Danach entfallen 3,7 Milliarden auf Beamte, 3,9 Milliarden auf die Arbeiter; außerdem trete eine Erhöhung der sächlichen Ausgaben in Höhe von etwa 14½ Milliarden hinzu, so daß die Eisenbahn mit einem weiteren Defizit von 24 Milliarden rechnen müsse. Er persönlich halte zur Zeit eine weitere Erhöhung der Personentarife nicht für angängig und habe seinem Chef vorgeschlagen, am 1. April 1922 oder 1. Mai 1922 eine 40%ige Erhöhung der Gütertarife vorzunehmen, wodurch dann der Eisenbahnetat wieder ausbalanciert würde.

Minister Giesberts berichtet über die neuentstehenden Kosten bei der Post. Schon jetzt könne er sagen, daß die Erhöhung des Portos für Sendungen im Ortsverkehr sich als Fehlschlag erweise. Für den Fernverkehr könne er noch keine genauen Angaben machen, da darüber noch Untersuchungen schwebten. Auch sei er heute nicht in der Lage, präzise Angaben darüber zu machen, wie der neuentstehende Fehlbetrag gedeckt werden könne. Zur Zeit bereise eine Kommission die einzelnen Postbehörden, um festzustellen, wo noch Entlassungen von Personal möglich seien. Auch habe die sogenannte „Verbilligungskommission“ ihre Tätigkeit begonnen. Dieser Kommission habe er freie Hand gelassen, und er erwarte in nächster Zeit ihre Vorschläge.

Reichskanzler betont, daß es vor allem wichtig sei, der Reparationskommission ein Bild davon zu geben, wie die von ihr verlangten Reformen auf das Budget wirkten. Er bäte daher die beteiligten Ressorts um genaues Material hierüber.

Minister Radbruch befürwortet eine höhere Besoldung der Mitglieder des Reichsgerichts, da die Gefahr bestehe, daß bei der jetzigen Besoldungslage ein hochstehender Ersatz aus den Ländern nicht zur Verfügung stehen würde. Ferner bittet er, beim Reichspatentamt die Mitglieder der Beschwerdeabteilungen und die Abteilungsvorsteher zu heben.

Der Reichskanzler erwidert, daß nach seiner Erinnerung die Angelegenheit schon oft disputiert worden sei und daß hier eine Neuregelung die ganze Besoldungsordnung ins Wanken bringen würde.

Minister Hermes bittet den Herrn Minister Radbruch, diese beiden Fragen zur Zeit nicht zu vertiefen; er sei bereit, die Angelegenheit mit ihm zunächst allein zu besprechen.

VizekanzlerBauer tritt für eine ausreichende Besoldung der Mitglieder des Reichsgerichts ein.

Der Reichskanzler kündigt eine Chefbesprechung über die Frage der Balancierung der Etats der Post und Eisenbahn für die nächste Zeit an3.

3

In R 43 I nicht ermittelt.

Dem Entwurf stimmt das Kabinett zu4.

4

Der Entwurf (R 43 I /2564 , Bl. 107-110) geht am 23.3.22 dem RT zu (RT-Drucks. Nr. 3904, Bd. 372 ), wird mit Änderungen am 30.3.22 in dritter Lesung im RT verabschiedet (RT Bd. 354, S. 6729  D) und am 6.4.1922 verkündet (RGBl. 1922 I, S. 331 ). Die Besoldungserhöhung sollte mit Wirkung vom 1.4.1922 eintreten.

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