2.75 (wir1p): Nr. 72 Memorandum des amerikanischen Unterhändlers Dresel betreffend den Frieden mit den Vereinigten Staaten. [22. August 1921]

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Nr. 72
Memorandum des amerikanischen Unterhändlers Dresel betreffend den Frieden mit den Vereinigten Staaten1. [22. August 1921]

R 43 I /95 , Bl. 95-99 Durchschrift

Herr Dresel gab Herrn Dr. Rosen gegenüber am 22. August 1921 folgende Erklärung ab:

Herr Dresel hat in Beantwortung der ihm am 19. August durch Dr. Rosen übergebenen Note endgültige Instruktionen erhalten2 Er bedauert, daß das[209] Telegramm, das diese Instruktionen enthält, verstümmelt eingegangen ist. Deshalb bleiben einige Stellen späterer Berichtigung vorbehalten. Dies ist besonders der Fall hinsichtlich der untenstehenden ersten Worte, die eingeklammert sind, da offenbar wichtige Worte ausgefallen sind. Diese Worte beruhen daher lediglich auf Annahme.

Punkt Eins. Das Department erklärt, daß es der Amerikanischen Regierung durchaus angenehm sein wird, sofort nach Austausch der Ratifikationen diplomatische Beziehungen wiederaufzunehmen. (Verhandlungen jeder Art können begonnen werden,) die entweder von Deutschland oder den Vereinigten Staaten über den Handel oder andere Gegenstände gewünscht werden sollten. Die Amerikanische Regierung sieht in der gleichen Weise der Pflege der Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern entgegen.

Punkt Zwei. Die Amerikanische Regierung ist der Ansicht, daß die Frage der Bezugnahme des vom Kongreß angenommenen Beschlusses in dem vorgeschlagenen Vertrag nicht aufgeworfen werden sollte. Ein gegenteiliges Verfahren würde die sofortige Wiederaufnahme der Beziehungen verhindern, und es würden Verzögerungen eintreten, die unmöglich von irgendeinem Vorteil sein können. Zur Zeit der Annahme des Beschlusses hat der Kongreß die in diesem enthaltene Materie mit großer Ausführlichkeit behandelt, und kein Abkommen würde möglich sein, das mit dem Beschluß in Widerspruch steht.

Jedenfalls glaubt die Amerikanische Regierung nicht, daß Deutschland Grund zur Befürchtung hinsichtlich des Artikels I des vorgeschlagenen Vertrags hat. Es ist von großer Wichtigkeit, daß die in diesem Artikel enthaltene Bezugnahme auf die Friedensresolution des Kongresses3 beibehalten wird. Im Hinblick auf die Verhältnisse in den Vereinigten Staaten sollte keine Gelegenheit zu der Behauptung gegeben werden, daß die Bestimmungen der Friedensresolution nicht beobachtet werden. Es ist eine tatsächliche Lage vorhanden, die die Deutsche Regierung nicht außeracht lassen sollte, da eine Kontroverse, die aus dem Beharren auf dem Vorschlag Deutschlands hinsichtlich des Punktes II entstünde, ein ernstes Hindernis für die Wiederaufnahme der diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen bilden würde. Andererseits würde Deutschland nichts durch seine Zustimmung zu Artikel I in der von der Amerikanischen[210] Regierung vorgeschlagenen Fassung verlieren. Die Amerikanische Regierung legt die Bezugnahme auf Sektion 2 der Friedensresolution dahin aus, daß sie keine Rechte gegen Deutschland schafft, und daß sie nicht über die Rechte hinausgeht, die durch den Vertrag von Versailles und durch die Bezugnahme auf jenen Vertrag in den vorgeschlagenen Vertrag einbezogen werden. In gleicher Weise bestehen schon Rechte auf Grund des Abkommens vom 11. November 1918 über den Waffenstillstand, und die Deutsche Regierung kann durch die Anerkennung ihres Bestehens nichts verlieren. Gleichwohl erklärt die Amerikanische Regierung es als ihre Absicht, alle durch die Teilnahme am Kriege erworbenen Rechte aufrecht zu erhalten und dadurch eine Gleichstellung mit ihren früheren Mitkriegführenden aufrecht zu erhalten. Es war die unzweideutige Absicht des Kongresses, daß Amerika und seine Staatsangehörigen nicht schlechter gestellt sein sollten, als ihre Verbündeten im Kriege, obwohl die Vereinigten Staaten den Vertrag von Versailles nicht ratifiziert haben.

Nach Ansicht des Staatsdepartements besteht kein Unterschied zwischen der Bestimmung des vorgeschlagenen Vertrags hinsichtlich der Rechte aus der Friedensresolution und der Rechte aus dem Vertrag von Versailles, außer insoweit, als etwa eine Abweichung in dem Teil der Sektion 5 der Friedensresolution gefunden werden könnte, der sich auf (die Erzwingung von Forderungen von Staatsangehörigen der Vereinigten Staaten) für Personal- und Eigentumsschäden beziehen. [sic] Hinsichtlich dieser Bestimmung sollte beachtet werden, daß sie nicht die Verpflichtungen oder Lasten Deutschlands erhöht, da alles erwähnte Eigentum zur Verfügung des Kongresses behufs Beschlußfassung darüber gehalten werden würde, wenn kein Vertrag gezeichnet würde, und es Deutschland in keinem Falle nach den Bestimmungen des Vertrags von Versailles zugänglich sein würde, es sei denn für die Reparationsverpflichtungen. Ob die Forderungen der Angehörigen der Vereinigten Staaten auf die eine oder die andere Weise geltend gemacht werden, wäre eine Frage des Verfahrens und würde für Deutschland im Endergebnis keinen praktischen Unterschied machen. Die Regierung würdigt durchaus die Bedenken Deutschlands hinsichtlich des von den Vereinigten Staaten beschlagnahmten Vermögens und wünscht eine gerechte und angemessene Regelung. Deutschland kann jedoch nichts gewinnen durch Widerstand gegen die Bestimmungen der Friedensresolution oder durch ein Beharren auf irgend etwas, was als ein Abweichen davon in dem vorgeschlagenen Vertrag angesehen werden könnte. Im Gegenteil, eine Nichtzustimmung zu der vom Kongreß angenommenen Friedensresolution würde zum Erfolg haben, daß eine ausgedehnte Kontroverse und Mißverständnisse entstünden. Es wird deshalb unter voller Berücksichtigung aller Umstände ernstlich und nachdrücklich hervorgehoben, daß die Unterzeichnung des von der Amerikanischen Regierung vorgeschlagenen Vertrags, d. h. ohne die unter Punkt II in dem Memorandum der Deutschen Regierung vom 19. August vorgeschlagene Änderung, den Weg zur Behandlung aller auf das in den Vereinigten Staaten beschlagnahmte Eigentum bezüglichen Fragen bahnen wird. Der Präsident wünscht, daß damit auf die unparteiischste und redlichste Weise verfahren werden solle. Es wird gehofft, daß die Haltung Deutschlands in dieser Angelegenheit keine Hindernisse in den Weg legen wird.

[211] Punkt Drei. Die Amerikanische Regierung stimmt der Auslegung der Deutschen Regierung hinsichtlich des § 5 von Artikel II des vorgeschlagenen Vertrags zu, daß diese Bestimmung auf die in Teil XIV oder in Artikel 280 des Vertrags von Versailles vorgesehenen Fristen keine Anwendung finden soll.

Punkt Vier. Die Amerikanische Regierung stimmt dem Vorschlag der Deutschen Regierung hinsichtlich der Fassung der Präambel des Vertrags zu.

Fußnoten

1

Das Memorandum ist ohne Anschreiben in die Rkei gelangt und trägt weder Datum noch Unterschrift; es ist jedoch registriert bei dem dem RK unter verschiedenen Daten vom AA zugegangenen, ganz geheimen Informationsmaterial über das amerikanische Angebot eines Friedensvertrages (R 43 I /95 ).

2

Am 19.8.1921 hatte die dt. Reg. dem amerikanischen Geschäftsträger Dresel das folgende Memorandum überreicht, das abschriftlich in die Akten der Rkei gelangte: „I. Die Deutsche Regierung hat mit großer Befriedigung davon Kenntnis genommen, daß Herr Dresel Verhandlungen in Aussicht gestellt hat, die im Anschluß an das Inkrafttreten des Vertrages über die Auslegung der einzelnen Vertragsbestimmungen beginnen sollen. Die Deutsche Regierung schlägt vor, das Einverständnis über die Einleitung solcher Verhandlungen in einem Protokoll oder durch Notenwechsel festzustellen. Es würde sehr wünschenswert sein, wenn dabei darauf hingewiesen würde, daß sich diese Verhandlungen auch auf die Förderung der gegenseitigen wirtschaftlichen Beziehungen erstrecken sollen. – II. Wie die Regierung der Vereinigten Staaten verstehen wird, muß die Deutsche Regierung den größten Wert darauf legen, dem Reichstage eine möglichst klare Auskunft über die Verpflichtungen zu geben, die Deutschland durch Annahme des vorliegenden Vertrags übernimmt. Die Deutsche Regierung ist der Ansicht, daß es nicht im Sinne dieses Vertrages liegt, daß Deutschland Verpflichtungen auferlegt werden sollen, welche über den Rahmen des Vertrages von Versailles hinausgehen. Sie wäre für eine Bestätigung dieser Auffassung dankbar. – Es würde sich dann auch empfehlen, den Artikel I des Vertrages folgendermaßen zu fassen: – ‚Germany undertakes to accord to the United States, and the United States shall have and enjoy, all rights and advantages stipulated for the benefit of the United States in the Treaty of Versailles as specified in the aforesaid Joint Resolution of the Congress of the United States of July 2nd 1921, which the United States shall fully enjoy notwithstanding the fact that such Treaty has not been ratified by the United States.‘ – III. Die Deutsche Regierung nimmt von der Erklärung des Herrn Dresel vom 10. August Kenntnis, daß die Amerikanische Regierung die Bestimmungen des § 5 des Artikel II nicht auf die in Teil XIV des Vertrages von Versailles vorgesehenen Fristen anzuwenden beabsichtigt. Sie glaubt annehmen zu dürfen, daß das Gleiche für den Lauf der in Artikel 280 des Vertrages von Versailles vorgesehenen Frist gilt und würde für eine Bestätigung dieser Auffassung dankbar sein. – IV. Nach Artikel 45 der deutschen Verfassung obliegt die völkerrechtliche Vertretung des Deutschen Reichs dem Reichspräsidenten. Die Präambel des Vertrages müßte daher folgende Fassung erhalten: „Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika … und der Präsident des Deutschen Reichs …“ (R 43 I /95 , Bl. 93 f.).

3

Siehe Dok. Nr. 48 Anm. 1.

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