2.95.9 (sch1p): 9. [Diktatorischer Wirtschaftsausschuß]

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9. [Diktatorischer Wirtschaftsausschuß]

Es wird der anliegende Entwurf eines Erlasses betreffend den diktatorischen Wirtschaftsausschuß beraten10. Reichswirtschaftsminister Wissell beantragt, in § 1 die Worte „und zur Einfuhr von Lebensmitteln und Rohstoffen“[390] zu streichen. Der Entwurf gehe mit diesem Zusatz über das hinaus, was in der Kabinettssitzung vom 6. Mai beschlossen sei11. Wenn der Zusatz bleibe, seien Konflikte zwischen den zuständigen Behörden unvermeidlich12. Reichsernährungsminister Schmidt hat keine Bedenken gegen den Entwurf.

Das Kabinett stimmt mit allen gegen eine Stimme dem Entwurf zu. Damit ist auch der Entwurf einer Verordnung betreffend Aufhebung des Erlasses der Reichsregierung über die Bildung eines Ausschusses für die Einführung von Lebens-, Futter- und Düngemitteln vom 15. November 1918 genehmigt13.

Unterstaatssekretär Dr. Toepffer regt an, daß bei Abwesenheit eines der Mitglieder des diktatorischen Ausschusses ein anderer Reichsminister die Vertretung übernehme. Reichsminister Erzberger erklärt sich bereit, die Vertretung zu übernehmen.

Das Kabinett ist damit einverstanden.

Fußnoten

10

Der Erlaß hatte folgenden Wortlaut: „In Ausführung des Kabinettsbeschlusses vom 6.5.1919 betr. den diktatorischen Wirtschaftsausschuß wird verordnet, was folgt:

§ 1. Aufgabe des diktatorischen Wirtschaftsausschusses. Der diktatorische Wirtschaftsausschuß ist eingesetzt zur Untersuchung, Zusammenfassung und energischen Durchführung aller erforderlichen Maßnahmen zur Ausfuhr deutscher Waren, zur Beschaffung ausländischer Zahlungsmittel und Kredite und zur Einfuhr von Lebensmitteln und Rohstoffen.

§ 2. Ermächtigung des diktatorischen Wirtschaftsausschusses. Der diktatorische Wirtschaftsausschuß beschließt durch oberste Entscheidungen selbständig die Maßnahmen zur Durchführung der ihm obliegenden Aufgaben und ordnet durch den Kommissar des diktatorischen Wirtschaftsausschusses ihre Durchführung an. Seine Entscheidungen und Anordnungen sind für alle Stellen, vorbehaltlich besonderer Kabinettsbeschlüsse, in gleicher Weise verbindlich wie die Anordnungen des Kabinetts.

§ 3. Zusammensetzung […] Der Diktatorische Wirtschaftsausschuß besteht aus: dem RWiM als Vorsitzenden, dem RSchM, dem REM.

§ 4. […]

§ 5. Beschlußverfahren. Stimmberechtigt sind nur die in § 3 genannten drei Mitglieder des diktatorischen Wirtschaftsausschusses. Die Beschlußfassung erfolgt durch Stimmenmehrheit. Der diktatorische Wirtschaftsausschuß kann auch beschließen, daß eine Angelegenheit dem Kabinett zur Bechlußfassung vorgelegt wird.

§ 6. Beschlußausführung. Die Entscheidungen des diktatorischen Wirtschaftsausschusses sowie die auf Grund eines Antrages des diktatorischen Wirtschaftsausschusses herbeigeführten Kabinettsentscheidungen werden durch den Kommissar des diktatorischen Wirtschaftsausschusses ausgeführt.

§ 7. Aufgabe und Ermächtigung des Kommissars des diktatorischen Wirtschaftsausschusses. Der Kommissar des diktatorischen Wirtschaftsausschusses nimmt die in § 1 genannten Aufgaben im Rahmen der Richtlinien des diktatorischen Wirtschaftsausschusses selbständig in Bearbeitung. Er führt Entscheidungen des diktatorischen Wirtschaftsausschusses herbei und führt die in § 1 genannten Aufgaben auf Grund dieser Entscheidungen aus. Seine auf dieser Grundlage gegebenen Anordnungen und an die Behörden gerichteten Ersuchen sind für diese verbindlich.

§ 8. Ernennung des Kommissars. Die Ernennung des Kommissars des diktatorischen Wirtschaftsausschusses erfolgt durch den Ausschuß selbst, bedarf aber […] der Genehmigung des Reichsministeriums.“ (R 43 I /1349 , S. 407-409).

11

Siehe Dok. Nr. 61, P. 1. Allerdings war die Einfuhr von Lebensmitteln und Rohstoffen als weitere Aufgabe des Ausschusses bereits in der WTB-Meldung vom 10.5.1919 erwähnt (s. ebd., Anm. 1). Ob ein Irrtum des Protokollführers vorgelegen hat, oder ob der Text der WTB-Meldung ohne Mitwirkung des RWiMin. formuliert worden war, ist aus den Akten der Rkei nicht ersichtlich.

12

Siehe Dok. Nr. 104.

13

Der Erlaß der RReg. vom 15.11.1918 über die Bildung eines Ausschusses für die Einführung von Lebens-, Futter- und Düngemittel (RGBl. 1918, S. 1313 ) war, wie die Begründung des VOEntw. ausführt, „aus der Erwägung heraus veranlaßt, daß es mit Rücksicht auf die in Deutschland herrschende Lebensmittelnot nach Abschluß des Waffenstillstandes eines Organs bedürfe, um die notwendige Einfuhr von Lebens- und Futtermitteln aus den Ländern der Entente, insbesondere den Vereinigten Staaten von Amerika, in die Wege zu leiten. Es hat sich indessen herausgestellt, daß die Einfuhr von Lebens- und Futtermitteln nicht gesondert von den übrigen nach dem allgemeinen Wirtschaftsprogramm erforderlichen Rohstoffeinfuhren bearbeitet werden kann. Ein Bedürfnis für die weitere Tätigkeit des Lebensmittel-Einfuhr-Ausschusses besteht daher nicht. Es ist vielmehr zweckmäßig, die Einfuhr von Lebensmitteln zusammen mit der Einfuhr von Rohstoffen und sonstigen Waren in dem […] Einfuhrausschuß beim Reichswirtschaftsministerium einheitlich zu bearbeiten.“ (R 43 I /1349 , S. 411 f.). Da der Erlaß vom 15.11.1918 materiell Gesetzescharakter trug, war es notwendig, zu seiner Aufhebung eine VO zu erlassen. Der VOEntw. war mit Anschreiben vom 21.5.1919 durch den RWiM dem RKab. zur Beratung vorgelegt worden (R 43 I /1172 , Bl. 18 f.).

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