2.96.1 (vpa1p): 1. Butterzoll.

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1. Butterzoll.

Ministerialdirektor Dr. Ritter berichtete über den bisherigen Verlauf der Verhandlungen mit der holländischen und dänischen Delegation. Er habe die Verhandlungen gemäß Instruktion des Reichskabinetts2 folgendermaßen eingeleitet:

Die bisherigen Zollkontingente sollen durch Einfuhrkontingente ersetzt[345] werden. Valutaausgleichszuschläge sollen fortfallen3. Es solle eine versuchsweise Regelung vereinbart werden, die nicht über das Jahr 1932 hinaus Geltung haben solle. Über die Höhe des neu zu vereinbarenden Zollsatzes und des Kontingentes habe die Delegation keine Instruktion erhalten, vielmehr freie Hand gehabt, so viel als möglich herauszuschlagen. Die holländische und dänische Delegation seien mit den ersten 3 Punkten einverstanden gewesen. Die Dänen hätten zu erkennen gegeben, daß sie auf ein großes Kontingent Wert legten, dagegen sich mit einem höheren Zoll abfinden würden. Umgekehrt ist die Einstellung der Holländer; demgemäß bewegen sich auch die Vorschläge der beiden Delegationen. Die Holländer schlagen ein Kontingent von 60 000 to zu einem Zollsatz von 50 RM vor, die Dänen ein Kontingent von 80 000 to zu einem Zollsatz von 75 RM. In der Chefbesprechung am 3. 8.4 sei die Frage eines Einfuhrmonopols für Butter aufgeworfen worden. Diesen Gedanken habe die holländische Delegation abgelehnt. Die Verhandlungsmöglichkeiten seien nunmehr erschöpft. Die Delegationen stünden vor der Abreise. Es sei untunlich, daß die beiden Delegationen Berlin verließen, ohne daß ihnen von deutscher Seite ein Angebot gemacht würde. Wir würden uns sonst mit Recht dem Vorwurf aussetzen, wir hätten die Verhandlungen von vornherein nicht ernsthaft geführt. Ein Abbruch der Verhandlungen unter solchen Umständen würde stimmungsmäßig5 einen überaus schlechten Eindruck auf Holland und Dänemark machen. Nach Abwägen aller Umstände, insbesondere der berechtigten Interessen der Landwirtschaft, komme er zu dem Ergebnis, daß man den beiden Delegationen einen Vorschlag auf der Grundlage machen soll: Einfuhrkontingent von 60 000 to zu einem Zollsatz von 75 RM. Mit Rücksicht auf die vertragliche Bindung mit Finnland6 war der obere Zollsatz von 100 RM bei den Verhandlungen von vornherein nicht zu vertreten.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft ruft die Verabredungen, die in Lausanne getroffen waren, ins Gedächtnis zurück; nämlich, daß unter keinen Umständen mehr Butter als bisher eingeführt werden dürfe und daß ein Zollsatz von 150 RM plus Valutazuschlag in Höhe von 50 RM angestrebt werden müsse7. Hiervon sei jetzt nicht mehr die Rede. Das Kabinett dürfe aber keine Verabredung treffen, die die Landwirtschaft schlechter als bisher stellt. Es handele sich um eine grundsätzliche Frage, die nicht nur ihn persönlich, sondern das ganze Kabinett angehe. An Hand von Zahlen erläuterte der Reichsminister die Besserstellung, die nach dem Stand der bisher geführten Verhandlungen Holland und Dänemark sowohl hinsichtlich des Zolles wie hinsichtlich des Kontingents genießen würden. Er halte den von ihm gemachten Vorschlag eines Einfuhrmonopols aufrecht. Auch der Valutazuschlag müsse beibehalten werden.

[346] Der Reichswirtschaftsminister führte demgegenüber aus, daß die deutsche Landwirtschaft nicht schlechter als bisher gestellt werden würde. Holland und Dänemark beteiligten sich zu etwa 54% an der Buttereinfuhr nach Deutschland. Es müsse aber die gesamte Buttereinfuhr in die Betrachtung mit einbezogen werden. Nicht weniger als 16 Länder hätten Anspruch auf ein Kontingent von 5000 to zu einem Zollsatz von 50 RM8. Wenn auch dieses Kontingent nicht von allen voll ausgenutzt würde, so bestünde doch die Möglichkeit, daß der freie Spielraum in Zukunft ausgenutzt würde, da eine Steigerungsfähigkeit der Einfuhr bei den meisten in Frage kommenden Ländern bestehe. Dies müsse durch die neuen Vereinbarungen verhindert werden.

Ministerialrat Walter macht darauf Ausführungen über den Umfang und den Ursprung der Buttereinfuhr im ersten Halbjahr 1932.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft formuliert darauf folgenden Vorschlag, der den beiden Delegationen vorgelegt werden solle: Einfuhrkontingent 50 000 to, Zollsatz 80 RM, Valutazuschlag (bei Dänemark) 50 RM.

Der Reichswirtschaftsminister erinnert an die vom Herrn Reichskanzler aufgestellten Richtlinien, die Verhandlungen mit Holland nicht scheitern zu lassen9. Er müsse sich daher gegen den Vorschlag des Reichsernährungsministers aussprechen, der von den beiden Delegationen sicher nicht akzeptiert werden könne. Es sei auch völlig unmöglich, den Valutazuschlag wieder in die Debatte zu werfen, nachdem die Verhandlungen unter der ausdrücklichen Voraussetzung begonnen haben, daß der Valutazuschlag in Zukunft nicht erhoben würde.

Der Reichsminister der Finanzen bat zu erwägen, daß die von holländischer Seite befürchteten Schwierigkeiten sicherlich eintreten würden, auch wenn der von Ministerialdirektor Ritter zunächst zur Erörterung gestellte Vorschlag von beiden Delegationen abgelehnt würde. Es müsse daher erstrebt werden, mit den Holländern auf alle Fälle zu getrennten Verhandlungen zu kommen.

Ministerialdirektor Ritter betonte, daß den Delegationen getrennte Vorschläge nicht gemacht werden könnten, da man mit ihnen gemeinschaftlich verhandelte, doch müsse die Möglichkeit, später mit Holland separat zu verhandeln, offengelassen werden.

Nach einem vermittelnden Vorschlag des Reichsministers des Auswärtigen stellte der Reichsminister des Innern als Vorsitzender das Einverständnis des Kabinetts fest, daß die Verhandlung mit folgendem alternativen Vorschlag fortgesetzt werden sollten:

a)

Einfuhrkontingent 50 000 to zu einem Zollsatz von 50 RM. Dabei solle eine Abnahmepflicht für das gesamte Kontingent ausgesprochen und der Vorschlag eines Einfuhrmonopols erneuert werden.

b)

Einfuhrkontingent von 55 000 to, zu einem Zollsatz von 80 RM10.

Fußnoten

2

Vgl. Dok. Nr. 89.

3

Zur geltenden Regelung des Butterzolls und der Kontingentierung s. Anm. 6 zu Dok. Nr. 63.

4

Aufzeichnungen hierzu nicht bei den Akten der Rkei.

5

Vgl. Anm. 7 zu Dok. Nr. 63.

6

Vgl. Anm. 6 zu Dok. Nr. 63.

7

Zum Ergebnis der Verhandlungen, die der REM Ende Juni 1932 in Lausanne mit den dort anwesenden Kabinettsmitgliedern über den Butterzoll und andere Fragen der Agrareinfuhr geführt hatte, s. Dok. Nr. 46, P. 1, dort bes. Anm. 1.

8

Das Kontingent und der Zollsatz in genannter Höhe war deutscherseits im Jahre 1930 Finnland zugestanden worden. Der Anspruch der übrigen Länder beruhte auf ihren mit Dtld. abgeschlossenen Handelsverträgen, die gegenseitige Meistbegünstigung vorsahen. Näheres dazu in Anm. 6 zu Dok. Nr. 63.

9

Vgl. Dok. Nr. 89, P. 1.

10

Zum Fortgang s. Dok. Nr. 163, P. 6.

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