2.51.2 (str1p): [II.] 1. Währungsfrage.

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Die Kabinette Stresemann I und II. Band 1Gustav Stresemann und Werner Freiherr von Rheinhaben Bild 102-00171Bild 146-1972-062-11Reichsexekution gegen Sachsen. Bild 102-00189Odeonsplatz in München am 9.11.1923 Bild 119-1426

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[224][II.] 1. Währungsfrage11.

Der Reichsfinanzminister berichtete12 über die geplante Schaffung einer wertbeständigen Währung und stellte dabei folgende Richtlinien in den Vordergrund: 1. Als Träger der zu gründenden Bank kämen Organisationen der Berufsstände nicht in Frage, da ihnen eine straffe Gliederung und die juristisch faßbare Persönlichkeit fehle13. Daher müsse die Gründung vom Reiche ausgehen. 2. Die zu schaffende Organisation müsse gleichzeitig den Übergang bilden zur endgültigen Lösung der Währungsfrage. Aus diesem Grunde müsse sie auf der Goldbasis beruhen. Insbesondere die Rücksicht auf das Ausland mache dies zum dringenden Erfordernis. 3. Man müsse sich darüber klar sein, daß in der unmittelbaren Zukunft eine Deckung der Reichsausgaben durch Einnahmen oder Kredite nicht möglich sei. Infolgedessen müsse mit einem gewissen weiteren Fortschreiten der Inflation unter allen Umständen gerechnet werden. Es sei daher unmöglich, zwischen der neuen Währung und der Papiermark eine Zwangsrelation herzustellen.

Zu den gegenwärtig vorliegenden Projekten sei folgendes zu sagen: Der Vorschlag der Industrie14, die Schaffung einer Goldbank mit 500 Millionen Goldmark, auf Grund deren 1 Milliarde Goldnoten herausgegeben werden könnten, leide daran, daß bisher noch keinerlei reale Unterlagen vorlägen, und es nach den eingezogenen Erfahrungen mehr als fraglich erscheinen müsse, ob die Industrie bereit sein würde, den angegebenen Goldbetrag aufzubringen. Der Vorschlag Helfferich, der die Belastung der Gesamtwirtschaft mit einer[225] Hypothek zu 5% des Wehrbeitragswertes vorsehe, auf Grund deren 5%ige Rentenbriefe ausgegeben werden sollten, kranke in erster Linie daran, daß der Roggenwert als Grundlage15 genommen werde. Außerdem spreche dagegen, daß die Hypothekenbelasteten zugleich Anteilseigner der zu gründenden Bank seien, denen der Reingewinn zufließen würde. Das bedeute jedoch, daß eine wirkliche Leistung der Wirtschaft nicht getätigt werde16.

Sein Vorschlag gehe daher dahin, es solle eine selbständige Bank gegründet werden, welche Goldnoten ausgibt17. Begründerin sei die Reichsbank, die 100 Millionen Goldmark dazu zur Verfügung stelle, während 80 Millionen Mark zur Zeichnung auszulegen seien. Auf Grund dieser 180 Millionen könne der doppelte Betrag in Goldmarknoten ausgegeben werden. Späterhin könne man an eine Vergrößerung des Kapitals, und damit der Notenausgabe herangehen und auch an eine Herabsetzung der Golddeckung auf den Friedensstand von 33% denken. Gleichzeitig sei ein Goldgiroverkehr einzurichten, für welchen die Reichsbank ihre Organisationen zur Verfügung stelle18.

Mit diesen Mitteln glaube er, daß dem gegenwärtigen dringendsten Bedürfnissen der Wirtschaft entsprochen werden könne.

Es frage sich nun, ob zur Ergänzung dieser Organisation auch Teile des Helfferichschen Plans herangezogen werden könnten, einmal, um durch hypothekarische Belastung des Besitzes die Wirtschaft mit heranzuziehen und sodann durch Verwertung der Rentenbriefe eine gewisse indirekte Einlösbarkeit der Banknoten zu ermöglichen. Durch Zuhilfenahme dieser Mittel ließe sich die Basis der neuen Währung erheblich erweitern und befestigen, so daß allen Bedürfnissen Genüge geschehen könne. Er verkenne nicht, daß ein großes Bedenken dem neuen Projekt entgegenstehe, nämlich die Gefahr der völligen Entwertung der Papiermark bis zur Repudiation. Dieser Gefahr könne man nur vorbeugen, wenn man einen gewissen Devisenfonds während einer kurzen Übergangszeit zu Stützungszwecken zur Verfügung stelle.

Der Reichskanzler19 bat dringend, aus außenpolitischen Gründen bei einer eventuellen Heranziehung des Helfferichschen Plans die Hypothekenbelastung[226] der Wirtschaft für Reparationszwecke nicht unmöglich zu machen20. Im übrigen komme es auf möglichste Beschleunigung an.

Der Reichsfinanzminister erklärte, daß binnen 10–12 Tagen nach Zustimmung der Reichsbank, das neue Institut geschaffen sein könne.

Der Reichswirtschaftsminister21 stimmte im allgemeinen dem Vorschlag des Reichsfinanzministers zu, wies jedoch darauf hin, daß die Goldnoten und der Giroverkehr zunächst nur die Bedürfnisse des großen Wirtschaftsverkehrs würden befriedigen können. Diese seien allerdings sehr dringend, und die Beseitigung der Entwertungszuschläge und der dauernden Preissteigerungen, die unter dem gegenwärtigen Zustande unvermeidlich seien, würden schon einen großen Fortschritt bedeuten. Für den Klein- und Mittelverkehr jedoch, insbesondere für die Verteilung der Produkte der Landwirtschaft komme man ohne Zuhilfenahme des Helfferichschen Planes nicht aus22. Die Hypothekenbelastung der Wirtschaft hierbei lasse noch genügend Raum für Reparationen übrig. Er schlage daher vor: eine Goldnotenbank als Gründung der Reichsbank, jedoch unabhängig davon, und daneben Zuhilfenahme des Helfferichschen Planes für Landwirtschaft und Kleinverkehr.

Der Reichskanzler hält die Doppelbelastung der Wirtschaft für unbedenklich, wenn den Reparationen gegebenenfalls die Vorzugsstellung eingeräumt würde.

Im übrigen würde bei Lösung der Reparationsfrage und Räumung des Ruhrgebiets von selber das Vertrauen in die Währung derart gehoben, daß die Hypothekensicherung nicht eine so wesentliche Rolle spielen würde. Er wolle nur mit aller Dringlichkeit darauf hinweisen, daß Voraussetzung für jede Verständigung mit Frankreich die sofortige Leistung einer erheblichen Barzahlung sei.

Der Reichsernährungsminister23 stimmte dem vorgeschlagenen Plane zu[227] und wies besonders auf die dringende Eilbedürftigkeit der Durchführung hin. Die Versorgung der Bevölkerung in der nächsten Zeit sei auf das ernsteste gefährdet, falls nicht eine wertbeständige Währung für den Ankauf der landwirtschaftlichen Produkte zur Verfügung stände24.

Ferner führte der Reichsernährungsminister aus, daß die von der Notenbank zu schaffenden 360 Millionen Goldmark für die Bedürfnisse der Wirtschaft keineswegs ausreichten. Dies ergäbe ein Vergleich mit der Friedenszeit, welche fast 5 Milliarden an Geldumlauf benötigt habe25, und zeige sich insbesondere auch heute an der ungeheueren Geldknappheit an den kritischen Zahl-Tagen, während in der übrigen Zeit die Flucht aus der Papiermark einen geringeren Bedarf bedinge. Sobald die neue Währung geschaffen sei, würde diese Flucht aufhören und erhebliche Geldmengen würden, wie früher, von der Bevölkerung in Verwahrung gehalten. Aus diesem Grunde sei die Schaffung weiterer erheblicher Umlaufmittel im Sinne des Helfferichschen Planes erforderlich26. Er weise nur darauf hin, daß allein um den monatlichen Bedarf an Brotgetreide zu bewegen 90 Millionen Goldmark nötig seien.

Auf Anfrage des Vizekanzlers, ob auch ausländisches Kapital zur neuen Bankgründung heranzuziehen sei, erwiderte der Reichsminister der Finanzen, daß er dieserhalb an die Herren Vissering und Dubois27 herantreten wolle.

Der Reichswirtschaftsminister regte an, mindestens einen Teil des Devisenvorrats der neuen Bank im Auslande, vornehmlich an neutralen Plätzen zu verwahren28. Dies würde erheblich zur Stärkung des Vertrauens im In- und Auslande beitragen. Ferner bat er, an dem weiteren Verlauf der Angelegenheit beteiligt zu werden.

Der Reichskanzler stellte fest, daß somit dem Plane des Reichsministers der Finanzen zur Gründung einer Notenbank zugestimmt werde. Im Vordergrund stehe die Notwendigkeit äußerster Beschleunigung29.

Im Einverständnis zwischen dem Reichswirtschaftsminister und dem Reichsminister der Finanzen wurde beschlossen, der Öffentlichkeit zunächst nur von dem Entschluß, eine Goldbank zu gründen, Kenntnis zu geben, jedoch noch[228] nichts von den weiteren Erwägungen betreffend den Helfferichschen Plan zu verlautbaren30.

Fußnoten

11

Zu diesem TOP liegt eine Parallelniederschrift Saemischs vor (BA: NL Saemisch  158, S. 69–70); vgl. außerdem die Ausführungen Luthers zu dieser Sitzung in: „Politiker ohne Partei“, S. 114 f. In diese Zeit dürften auch die Erörterungen Hilferdings zur Finanztheorie gegenüber StS Schroeder fallen, von denen Schwerin-Krosigk berichtet in: „Es geschah in Deutschland“, S. 89.

12

Dieser Bericht lautet in der „Saemisch-Niederschrift“: „1. Bank nicht in die Hand der ‚Spitzenverbände‘ zu legen. 2. Auf Gold aufbauen u. nicht auf Roggen. 3. Papiermark bleibt daneben mit zunehmender Inflation, daher kein Zwangskurs. Infolgedessen nur Übergangsmaßnahmen zur endgültigen Währung. 2 Projekte: 1. Industriebank: zweifelhaft, ob das erforderliche Kapital freiwillig aufgebracht wird. 2. Projekt Helfferich: Jahresrente von 200 Millionen von einer 5% Hypothek der gesamten Wirtschaft, kapitalisiert = 4 Milliarden, wofür Noten in gleichem Betrage abgegeben werden, wovon 300 Millionen dem Reich zur Stillegung der Notenpresse gegeben werden sollen (würde für 10 Tage reichen). Hilferding will die Währung nur auf Gold und Goldwährung stellen. Die Helfferichschen 2 Milliarden sind ‚fiktives‘ Kapital. Gründung muß durch Reichsbank erfolgen durch Freigabe von 100 Millionen Gold, 80 übernimmt das Privatkapital; bei 50% Deckung sind 360 Millionen M[ark] Noten auszugeben. Später auch ein unproduktives Notenkontingent des Reiches hinzuzunehmen. Daneben tritt der Goldgiroverkehr dieser neuen Bank. Eventuell Rettung [?] dieses Gedankens durch steuerliche hypothekarische Belastung der Wirtschaft, die eine indirekte Einlösbarkeit der Noten ermöglichen soll (mit Hilfe von Goldobligationen); auch könnten mit diesen Obligationen Mittel für die Reichskasse gewinnen [!]. Nicht zu beheben ist die Gefahr der Repudiation der Mark, die aber gesetzliches Zahlungsmittel bleibt und mit Hilfe des Devisenvorrates geschützt werden muß.“

13

Nach einer Aufzeichnung Reicherts führte Helfferich in einer Sitzung des RdI-Währungsausschusses am 13.9.23 aus, Hilferding habe am Vortage vor dem RWiR erklärt: „Wirtschaftsstände maßen sich Hoheitsrechte an“ (BA: R 13 I /278 , Bl. 69). Zu den Verhandlungen in diesen Tagen s. Ramhorst, Die Entstehung der Deutschen Rentenbank, S. 19 ff.; s. außerdem hierzu wie zum folgenden den „Plan Hilferding“, abgedruckt bei Beusch-Briefs, Währungszerfall und Währungsstabilisierung, S. 140 f.

14

S. Anm. 10 zu Dok. Nr. 36.

15

Zur Kritik an der Roggenbasis des Helfferich-Plans s. Anm. 10 u. 11 zu Dok. Nr. 37.

16

Diese Ansicht des RFM könnte sich auf Kritik M. J. Bonns gründen (vgl. Anm. 20 zu Dok. Nr. 47), der zu dieser Frage bemerkt hat: „Die Hypotheken, die der Bank als Unterlage dienen, zahlen 5%. Wenn die Rentenbriefe, die hiergegen ausgestellt sind, ganz im Besitz der Bank sind – und das wird in der Regel der Fall sein, wenn der Zinsfuß über 4% steht –, so verdient die Bank 5%. Sie verdient außerdem den normalen Diskont an ihren Geschäften. Reicht der Reingewinn aus, so werden den Hypothekenschuldnern und Obligationsschuldnern, die gleichzeitig Anteilseigner der Bank sind, bis zu 5% auf die eingebrachten Obligationen usw. vergütet, d. h. sie zahlen nichts. Die Kosten der Kredite, die sich im Diskont aussprechen, werden dann von denjenigen getragen, die die Kredite in Anspruch nehmen, beziehentlich die mit ihnen hergestellten Waren konsumieren“ (BA: NL Bonn  7 c).

17

Vgl. hierzu wie zum folgenden Dok. Nr. 55, P. 8.

18

Diesen Überlegungen kam entgegen, daß die Rbk mit Rundschreiben an ihre Anstalten und Nebenstellen die Einrichtung eines Festmark-Giroverkehrs mitgeteilt hatte, der am 20. 9. beginnen sollte. Dabei war beabsichtigt, Einzahlungen derart aufzuteilen, daß zu 25% Devisen diesem Sonderkonto zugeführt werden konnten. Die Umrechnung erfolgte derart, daß 10 „Kontomark“ = 1 Dollar gesetzt wurden (R 43 I /2440 , Bl. 52–60).

19

In der „Saemisch-Niederschrift“ heißt es: „Stresemann braucht die Hypotheken zur Verbesserung der Reparationslast.“

20

Bedenken ähnlicher Art hatte auch M. J. Bonn, der zwar meinte, daß bei dem geringen Goldmark-Umfang der Hypotheken, auch wenn sie erstrangig seien, die deutschen Verpflichtungen nicht verringert würden und die Währungssicherung im Interesse der Alliierten liegen werde, dann aber fortfuhr: „Auf der anderen Seite muß man sich aber klar darüber sein, daß ein derartiger Währungsplan bei der Bösartigkeit der Gegner als Versuch betrachtet werden wird, eingegangene Verpflichtungen – von Verpflichtungen ist noch gar keine Rede, es war nur ein Vorschlag [dt. Note vom 7.6.23] – zu brechen. Da bei der Schaffung einer jeden Währung psychologische Momente von größter Bedeutung sind, muß man sich überlegen, ob hierdurch nicht eine Erschütterung des Werts der neuen Währung entstehen kann“ (BA: NL Bonn  7 c).

21

Die Bemerkungen von Raumers lauten in der „Saemisch-Niederschrift“: „Selbständiges Zahlungsmittel ist geeignet, erhebliche Verteuerungen der Preise auszumerzen, auch wenn es auf die ‚Großwirtschaft‘ beschränkt bleibt. Für Goldnotenbank in Personal- u. Organisations-Union mit der Reichsbank. Goldnoten müssen in Gold oder Devisen einlösbar sein. So fließen die Devisen aus den Banks[afe]s. Also wesentlich im Einverständnis mit Hilferding. Wie bekommt man die Ernte? Helff. Projekt schuf ein solches Geld. Politisch sehr wichtig, daß Landwirtschaft mit dem Staat verkoppelt werde.“

22

Über das Verhältnis der landwirtschaftl. Verbände zur Reichsfinanzpolitik s. Dok. Nr. 22 sowie die Äußerung Roesickes in der Besprechung vom 29.8.23 (Dok. Nr. 29).

23

Die vorhergehenden Äußerungen des RK sind in der „Saemisch-Niederschrift“ nicht berücksichtigt worden; von den Ausführungen des REM ist festgehalten: „Luther stimmt Hilferdings Plan mit dem Anhängsel Helfferich (Gold) zu, wenn er schnell ausgeführt werden kann. Weist auf die außerordentliche Knappheit der Zahlungsmittel hin, die aber abnehmen wird, sobald wertbeständiges Zahlungsmittel da ist. Schnelligkeit ist höchst wichtig; für das Brotgetreide sind monatlich 90 Millionen Goldmark nötig. Dazu Vorbezahlung der Kartoffeln. Nach außenpolitischer Lösung wird Helfferichsche Konstruktion überflüssig.“

24

Vgl. hierzu P. 6 dieser Kabinettssitzung.

25

Der Geldumlauf im letzten Friedensjahr (1913) betrug 6070 Mill. M (Stat. Jahrbuch 1923, S. 264).

26

In der Zeit zwischen dem 31.10.23 und dem 31.12.1924 steigerte sich der Geldumlauf von 300,3 Mill. auf 4273,9 Mill. M (Stat. Jahrbuch 1924/25, S. 313). Im gleichen Zeitraum stieg der Umlauf an Gold und Devisen im Wert von 523,6 Mill. auf 1074,8 Mill. M (ebd., S. 324).

27

Gerhard Vissering, Präs. der niederl. Nationalbank, und Leopold Dubois, Präs. des Schweizer Bankvereins, hatten an dem Gutachten über die dt. Reparationsleistungen mitgearbeitet, das mit einer dt. Note am 8.11.22 der Repko unterbreitet worden war (s. hierzu auch Dok. Nr. 399 in: Die Kabinette Wirth I/II, und Dok. Nr. 5 in: Das Kabinett Cuno).

28

Vgl. hierzu Hilferdings Bemerkung in Dok. Nr. 36.

29

Demgegenüber steht erst hier in der „Saemisch-Niederschrift“: „Räumung des Ruhrgebiets wird von sofortiger Zahlung abhängig gemacht, die sich zu internationaler Anleihe eigne, Sachlieferung könnte dann etwas abgebaut werden. Also kein Moratorium möglich.“

30

Dazu meldet „Die Zeit“, Nr. 210 vom 12.9.23: „Das Reichskabinett beschäftigte sich in seiner Sitzung am 10. September mit der Währungsfrage. Einstimmig wurde beschlossen, die Lösung dieser Frage auf dem Wege einer Goldnotenbank zu suchen, die bei voller rechtlicher Selbstständigkeit und unbedingter Unabhängigkeit von den Reichsfinanzen in organischer Verbindung mit der Reichsbank ihre Tätigkeit ausüben soll. – Die Arbeiten zur Errichtung der Goldnotenbank werden sofort in Angriff genommen, damit die Bank sobald als irgend möglich praktisch in Tätigkeit treten kann.“ Dieser Meldung wurde in der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“, Nr. 419/420 vom 12.9.23, hinzugefügt, die verschiedenen Bedenken gegen den Helfferichschen Plan hätten sich anscheinend durchgesetzt, insbesondere daß der von Helfferich vorgesehene Kredit nicht für den Staat ausreiche. Doch dieses Bedenken werde auch für alle anderen Projekte gelten. – Zur weiteren Erörterung s. Dok. Nr. 55, P. 8. Über die Auswirkung dieses Beschlusses, den die Mitglieder des RdI als gegen sich gerichtet angesehen haben, schreibt ten Hompel in seinen Erinnerungen: „Wir waren uns klar darüber, daß hier eine Überrumpelung der Wirtschaftskreise vorlag, die das Helfferichsche Projekt als das allein durchführbare empfohlen hatten, und erkannten sofort die ungeheure Gefahr, die in dieser unverhofften Wendung lag. Nur in der völligen Unabhängigkeit des Noteninstitutes von allen politischen Gewalten und Einflüssen sahen wir die politischen Voraussetzungen für die Schaffung der Vertrauensgrundlage des In- und Auslandes zu der neuen Währung, selbst wenn der Plan einer Goldnotenbank durchführbar gewesen wäre, mußten die Pläne des Finanzministers an diesem Mangel scheitern. Ein Fehlschlag oder zum wenigsten eine überaus gefährliche Verzögerung in der Durchführung der von uns befürworteten Währungspläne mußte die notwendige Folge sein, wenn nicht dieser überraschende Kabinettsbeschluß vom 10. Sept. sofort wieder umgeworfen wurde. Wie man hörte, hatten die Sozialdemokraten gegen den Helfferichschen Plan gewühlt und einer persönlichen Beeinflussung des sozialdemokratischen Finanzministers Dr. Hilferding durch die Vorsitzenden Müller und Wels der sozialdem. Reichstagsfraktion war es gelungen, kurz vor der Kabinettssitzung diesen für den Bernhard-Feilerschen Plan [Schultheß 1923, S. 165; Ramhorst, Die Entstehung der Deutschen Rentenbank, S. 15 f.] zu gewinnen. Die Sozialdemokraten wollten unter keinen Umständen ein so wichtiges Instrument der Staatswirtschaft in die Hände der Wirtschaftskreise geben, sich vielmehr die politischen Beeinflussungsmöglichkeiten erhalten. Es ist dieses eines der erschütterndsten Beispiele dafür, wie diese Politiker selbst in solch überaus ernsten Augenblicken, wo Wohl und Wehe des Volkes auf dem Spiele standen, nicht bereit waren, ihre politischen Machtansprüche zurückzustellen. Volk und Reich durften keinesfalls durch ein Eingreifen der unabhängigen Wirtschaftskreise gerettet werden, lieber sich in gewagte Experimente stürzen, in einem Zeitpunkt, wo jeder gewonnene Tag die Rettung, jeder verlorene Tag den Umsturz bringen konnte. In dieser verzweifelten Lage entschloß ich mich, an die Einigkeit der Zentrumsfraktion zu appellieren, obschon man bei den Arbeitervertretern ähnliche Tendenzen befürchten mußte“ (BA: NL ten Hompel  1). Zum Fortgang dieser Entwicklung s. Anm. 34 zu Dok. Nr. 55, P. 8.

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