2.9 (str1p): Nr. 9 Besprechung über die Währungssanierung vom 18. August 1923

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Nr. 9
Besprechung über die Währungssanierung vom 18. August 19231

BA: R 13 I /278 , Bl. 204–207 Durchschrift

Anwesend waren unter Vorsitz des Herrn Reichskanzlers Dr. Stresemann der Herr Reichsfinanzminister Dr. Hilferding, Reichsernährungsminister[24] Dr. Luther, Reichswirtschaftsminister von Raumer sowie die Abgeordneten Dr. Helfferich, Martin Schiele und Dr. Reichert2.

Dr. Helfferich begann zunächst mit den zwei Voraussetzungen, die er an die Bekanntgabe seines Währungsplans3 knüpft. Hermes hatte vor, eine Bestimmung über die Besteuerung der Betriebe herauszubringen3a, und uns die Zusagen gegeben, daß diese Besteuerung aufgehoben werde, sobald ein weitergehendes Projekt aufgestellt worden sei. Wie steht die neue Regierung zu dieser Erklärung? Das ist die erste Sicherung4. Die zweite Sicherung ist die, daß die Berufsstände die Sache machen. Diese haben wenigstens noch Kredit, aber nicht das Reich5. Schafft man neues Reichseigentum durch Sachwerterfassung, dann besteht die große Gefahr, daß die Entente Beschlag darauf legt6.

Dr. Hilferding antwortet: Die jetzt der Wirtschaft zugemutete Belastung halte ich für außerordentlich hart7. Es ist nicht meine Absicht, eine besondere Belastung der Wirtschaft daraus resultieren zu lassen.

Dr. Helfferich: Bieten wir von der Wirtschaft dem Reich 300 Millionen Goldmark an, dann kann die Wirtschaft nicht mehr darüber hinausgehen8.

[25] Dr. Hilferding: In den nächsten 4 Wochen werden 169 Billionen Steuereingänge erwartet9. Dagegen werden 405 Billionen Reichsausgaben stehen. Davon werden die Ruhrlasten 240 Billionen betragen. Vielleicht können wir dabei Ersparnisse machen10.

Dr. Reichert: Nur keine Hoffnungen auf Ersparnisse beim Ruhrkampf!

Dr. Helfferich: Nicht alle Ausgaben werden durch Steuern zu decken sein. Es handelt sich um große Ausgaben. Die Industrie sieht schwarz in die Zukunft, die Lohnbasis geht weit über Friedenshöhe hinaus11.

Schiele: Wenn wir Ihnen, Herr Minister, Ersatzvorschläge machen, dann würden Sie wie Ihr Amtsvorgänger wohl einverstanden sein, die entsprechende Besteuerung der Betriebe wegfallen zu lassen?

Dr. Hilferding: Wenn ich eine stabile Währung habe, muß ich die Steuern ganz umbauen.

Nach dieser Erklärung beginnt Dr. Helfferich seinen Währungsplan in Einzelheiten darzulegen. Er führt u. a. aus:

Ein durch Waren fundiertes Geld wäre unmöglich. Es geht nicht, weil die Waren verbraucht werden. Ebensowenig das System der ‚mandats territoriaux‘12. (Der Reichskanzler Dr. Stresemann, der sich verspätet hat, erscheint).[26] Dr. Helfferich fährt fort: Die Roggenhypothek habe ja gesetzlich Form erhalten13. Seine Währung will er nicht auf Gold stellen. Man muß mit der Phantasie des Volkes rechnen und eine andere wertbeständige Grundlage nehmen. Als Grundkapital der neuen Währungsbank denke er sich 1 Milliarde, und die Grundreserven will er auf 3 Milliarden bringen14. Bei Kohle, Kali usw. kommen Industrieanteile in Betracht, von denen zur Sicherung 30% abgezogen werden, so daß statt der auf die Industrie entfallenden 2 Milliarden nur 1,4 Milliarden herauskämen. Heute ist der Umlauf der Reichsschatzanweisungen etwa 100 Millionen Goldmark15.

Dr. Stresemann: Der Helfferichplan setzt voraus, daß eine Notverordnung in Kraft tritt, damit die Besteuerung der Betriebe nicht bleibt.

Dr. Helfferich: Die Reichsbank könnten wir wieder stabilisieren, sobald die Eintauschung gegen Roggenpfundnoten möglich wäre. Damit würde unser Geldwesen wieder festen Boden unter den Füßen gewinnen. Mehr als 1,7 Milliarden dürften dem Reich in einem Jahr nicht zur Verfügung gestellt werden. Volle Deckung der Roggenpfundnoten durch Renten-Briefe16. Das Reich erhält[27] Noten aber keine Roggenrentenbriefe17, so daß entsprechend bis 3 und 4 Milliarden Notenumlauf stattfinden kann. Der Übergang zur Goldwährung bleibt offen18.

Dr. Hilferding: Welches ist der Wertmesser?

Dr. Helfferich: Das Roggenpfund, das im Wert nicht immer gleich ist.

Dr. Hilferding: Der Roggenrentenbrief ist wohl im Ausland absetzbar? Wie stellt sich dies im Wertverhältnis zur Auslandswährung? Wie decke ich den Devisenbedarf des Reiches? Wir könnten die Luxuseinfuhr eine Zeitlang ziemlich drosseln, ausgenommen Kaffee.

Dr. Helfferich: Soweit es durchführbar ist, würde ich dazu raten.

Dr. Reichert: warnt davor, aus einer Einfuhrsperre große Erfolge zu erwarten.

Dr. Hilferding: spricht sich für die Devisenerfassung aus19. Die Wirtschaft soll einen Teil der Goldanleihe gegen Devisen nehmen. Es ist der Antrag Becker entstanden, einen gewissen Zwang bei den Wirtschaftszweigen anzuwenden, der den Wirtschaftsverbänden ein Devisenumlagerecht gibt20.

Für die praktische Bearbeitung des Helfferichschen Währungsplanes wird dann die Frage gestellt, ob nicht eine Kommission das Projekt der Währungsbank durchsprechen soll21. Zugleich werden als Kommissionsmitglieder genannt die Herren: Geheimrat Hugenberg, Geheimrat Seelmann, Staatssekretär Bergmann, Urbig, Wassermann, Schwartz von der Preuß. Boden-Kredit-Bank, Dr. Warmbold, Havenstein, Professor Bonn, Dr. Bücher, Lammers.

[28] Helfferich hat noch den Wunsch, daß er sein Projekt kurz mit Theoretikern durchsprechen könne22.

Anhang zu dieser Aufzeichnung23.

(Aus der Erinnerung niedergeschrieben, in den Wahlversammlungen des öfteren erzählt, so daß kein Zweifel über die wesentlichsten Punkte möglich ist24. Als der Reichsfinanzminister Dr. Hilferding zum erstenmal25 Herrn Dr. Helfferich aufforderte, den anwesenden Mitgliedern des Reichskabinetts seinen Währungsplan vorzulegen, fragte zunächst der vorsichtige Helfferich, ob denn nicht der Reichsfinanzminister selbst einen Währungsplan26 in sein neues Amt mitgebracht habe.

Dr. Hilferding erwiderte sofort, daß er daran denke, zur Goldwährung übergehen zu können. Er wolle die Reichsbank teilen, und zwar den Teil, der auf die Papiermark gestellt sei, sich selbst überlassen. Hier sei doch nicht mehr viel zu retten, während er den Goldschatz der Reichsbank zur Grundlage einer neuen Goldwährung machen wolle27.

Helfferich erkundigte sich darnach, wieviel Gold denn bei der Reichsbank hierfür zur Verfügung stehe. Darauf antwortete Hilferding, das könne man ja aus den Reichsbankausweisen lesen28.

[29] Dr. Helfferich bestreitet dies und erklärt, daß es sich doch nicht um 4–500 Millionen freie Goldvorräte handele, sondern daß für Markstützungszwecke usw. über 200 Millionen verpfändet sein dürften. Darauf gab Hilferding die für einen Finanzminister in der Revolutionszeit kennzeichnende Antwort: Das mache nichts, man verwendet das Gold einfach noch ein zweites Mal. (Es war schwer, in diesem Moment ernst zu bleiben.) Helfferich aber erwiderte wörtlich: „Herr Minister, Sie fangen Ihre Amtsgeschäfte mit einem Bankerott des Reichs an. Ich warne Sie, aus dem einfachen Bankerott einen betrügerischen Bankerott zu machen29.

Trotzdem30 kam Hilferding noch einmal auf den Gedanken zurück und meinte, selbst wenn für die Bedürfnisse des Deutschen Reichs und eine Goldwährung das vorhandene Gold nicht ausreiche, so könne man doch mindestens ebenso wie früher in Österreich im Frieden eine Art „goldgeränderte“ Währung einführen31. Dr. Helfferich entgegnete sofort, daß auch die österreichischen Voraussetzungen jetzt nicht zuträfen, denn Österreich habe damals wegen seiner ziemlich stabilen Wirtschaft auch stabiles Geld [besessen], obwohl es nicht voll mit Gold gedeckt worden sei.

Nach dieser Episode begann man mit den oben dargestellten Verhandlungen.

Fußnoten

1

Die Uhrzeit dieser Besprechung läßt sich weder aus den Tagesnotizen Stresemanns noch aus dem Terminkalender des Referenten des RK, Dr. Ehlers, ersehen; sie fand in der Rkei statt, s. Helfferich, Reichstagsreden 1922–24, S. 176.

2

Reichert, MdR DNVP, verfaßte diese Aufzeichnung auf Grund stenographischer Notizen (R 13 I /287 , Bl. 203).

3

In einem Aufsatz „Brotwährung“, der Mitte September der Presse zuging und u. a. in der „Schlesischen Tagespost“ vom 18.9.23 abgedruckt wurde, schrieb Helfferich: „Ich habe meinen Plan bereits Anfang August, als der Dollar sich gegen die erste Million bewegte, dem Reichskanzler Dr. Cuno, dem Finanzminister Hermes und dem Ernährungsminister Dr. Luther dargelegt und die grundsätzliche Zustimmung dieser Herren gefunden. Es sollte eine kleine Kommission eingesetzt werden, die rasche und praktische Arbeit leisten sollte“ (R 43 I /287 , Bl. 89/90).

3a

) Gemeint ist das Gesetz über die Besteuerung der Betriebe, das im RT am 10.8.23 beschlossen worden war (RGBl. I, S. 769 ).

4

Eine derartige Zusicherung konnte nicht ermittelt werden.

5

Am Morgen des 18.8.23 hatte Helfferich seinen Plan dem Arbeitsausschuß deutschnationaler Industrieller vorgetragen (R 13 I /287 , Bl. 194–203) und nach Reicherts stichwortartiger Aufzeichnung u. a. ausgeführt: „Entweder eigene Finanzkontrolle von Berufsständen aus, oder Kontrolle von Alliierten. Währungsbank gibt Vorschüsse ans Reich, voll gedeckt. Reich auf ‚Pension gestellt‘: Rationiert. In 2 Jahren nicht mehr als Hälfte des Fundus. Auch Sachlieferungen alle unterbleiben. Für einige Jahre Zeit gewonnen. Größte Sorge: zu schön, um durchführbar zu sein. Sozdem. Oppositionsgefahr –!– Kabinett sieht ein, daß Wirtschaft Führung bekommt. Bei alter Regierung keine Bedenken –!– Inzwischen [?] sozialpol. [?] RFinanzMinister + 4 Sozdem Kabinett. RWM v. Raumer stellt ‚Garantien‘ schriftlich in Aussicht (17. 8.).“ Am Ende seines Vortrages führte Helfferich nach Reicherts Mitschrift aus: „‚Garantien‘ 1. daß Besteuerung der Betriebe wegfällt, 2. Autonomie der Wirtschaft. v. Raumer stellt dies in Aussicht.“ S. a. Helfferich im RT am 9.10.23, RT-Bd. 361, S. 12073 .

6

Darauf hatte Helfferich auch in seinem Vortrag vor den deutschnationalen Industriellen hingewiesen und gemeint: „Sobald die Berufsstände die Währungsbank machen besser (?).“

7

S. dazu Schultheß 1923, S. 150 f. In einem Schreiben der Lübecker Handelskammer vom 20.8.23 gegen die neuen unter RK Cuno beschlossenen Steuergesetze wurde abschließend dem RFM erklärt: „Bei der gesamten vorstehend erörterten Materie ist u. E. immer wieder darauf hinzuweisen, daß diese gewaltigen Steueranforderungen, die plötzlich – und man darf sagen: unvermittelt – an Industrie und Handel gestellt werden, nach einem wirtschaftlichen Grundgesetz sich zwangsläufig, wenn nicht völlig, doch zu einem sehr erheblichen Teile in Preiserhöhungen der Waren auswirken müssen und damit dem Kreise der letzten Verbraucher zur Last fallen. Das sollte Anlaß genug sein, die steuerlichen Maßnahmen in dem Umfange zu halten, der unbedingt geboten ist, und nur solche Steuerforderungen an die deutsche Wirtschaft zu stellen, die sie ohne Schädigung ihrer weiteren Entwicklung zu tragen vermag“ (R 43 I /2394 , Bl. 126–135).

8

Nach Helfferichs Vorstellungen, die aus seinem Vortrag vor den deutschnationalen Industriellen und aus seinem Aufsatz „Brotwährung“ ersichtlich sind, sollte die neue Währungsbank als „eine Gesellschaft sui generis“ durch eine Grundeinlage von etwa 2 Mrd. Goldmark aus allen Wirtschaftsbereichen in die Lage versetzt werden, „Noten im Goldwert von etwa 3½ Milliarden Goldmark“ auszugeben. Reichert notierte stichwortartig aus dem Vortrag: „Bank zahlt 300 Mill. Goldmark als Abgeltung f. ‚Steuer auf die Betriebe‘, die neulich beschlossen wurde.“ In Helfferichs Aufsatz wird ausgeführt: Nach ihrer Errichtung solle die Bank „dem Reich 300 Millionen Goldmark in Abgeltung der im August beschlossenen Besteuerung der Betriebe, die sich mehr und mehr als geradezu ruinös und undurchführbar erweist, à fonds perdu zur Verfügung stellen, also einen Betrag, der nicht unwesentlich höher ist, als der vom Finanzminister veranschlagte Gesamtertrag der Betriebssteuer.“ Nach den Ausführungen des Berichterstatters des Steuerausschusses Oberfohren im RT-Plenum am 10.8.23 hatten auch u. a. die der DNVP angehörenden Mitglieder des Ausschusses dem Gesetz über die Besteuerung der Betriebe zugestimmt; sie hatten auch nicht bei den Abstimmungen am gleichen Tag widersprochen (RT-Bd. 361 ).

9

Im Monat August 1923 betrugen die Einnahmen des Reichs aus Steuern, Zöllen und Abgaben 86,56 Billionen Mark; im September beliefen sie sich auf 1.309,33 Billionen Mark (Reichsministerialbl. 1923, S. 953, 1012).

10

Zu den Ausgaben für den Ruhrkampf s. Dok. Nr. 56 und 59.

11

Zur bisherigen Diskussion der Lohnhöhe s. Das Kabinett Cuno, u. a. Dok. Nr. 147, P. 1; 204, P. 2; 209; 211, P. 1; 244.

12

Diese Gedanken hatte Helfferich auch vor den deutschnationalen Industriellen vorgetragen und in der Diskussion mit ihnen darauf verwiesen, daß auf Grund seines Planes die von ihnen abgelehnte Sachwerterfassung umgangen und „die Landwirtschaft losgekauft vom Betriebssteuer-‚Marxismus‘“ werde. Die von Helfferich hier wie in seinen Ausführungen im RT am 15.8.23 (RT-Bd. 361, S. 11880 ) und vor den Industriellen genannten „mandats territoriaux“ waren Kassenanweisungen, die nach dem totalen Wertverfall der Assignaten im Jahr 1796 ausgegeben worden waren. Sie hatten den Charakter jederzeit realisierbarer Hypotheken auf speziell erfaßte Nationalgüter. In seinem Aufsatz „Brotwährung“ (s. o. Anm. 3) bemerkte Helfferich: „Die realen Werte, auf denen sich das Geldwesen in seiner geschichtlichen Entwicklung aufbaut, die Edelmetalle, stehen uns nicht entfernt in ausreichender Menge zur Verfügung, um ein neues Geldwesen aufzubauen. Von außen haben wir eine Hilfe durch Anleihen, wie sie die meisten Währungsreformen der Vergangenheit ermöglicht hat, in der Zeit, innerhalb derer das Problem gelöst sein muß, nicht zu erwarten. Wir müssen also gänzlich neue Wege suchen. – Die reale Fundierung eines neuen Geldes durch andere Güter, wie Brotgetreide, Kohle, Kali, ist theoretisch denkbar, aber praktisch in einem ausreichendem Umfange nicht möglich; sie würde eine nicht zu bewältigende Lagerhaltung voraussetzen und große Mengen der an sich knappen Waren dauernd dem Verbrauch vorenthalten. – Die Abstellung eines neuen Geldes auf eine allgemeine Verpfändung von Immobilien, die im Staatseigentum stehen oder im Wege der jetzt so beliebten ‚Erfassung der Sachwerte‘ zu Staatseigentum gemacht werden sollen, ist, wie das Beispiel der die Assignaten ablösenden und sofort ihrem Schicksal verfallenen ‚Mandats territoriaux‘ der französischen Revolution gezeigt hat, keine reale Fundierung und keine Sicherheit gegen völlige Entwertung des neuen Geldes.“

13

Helfferich bezieht sich auf das Gesetz über wertbeständige Hypotheken vom 23.6.23 (RGBl. I, S. 407 ; s. a. Das Kabinett Cuno, Dok. Nr. 183, P. 1). § 1 des Gesetzes hatte den Wortlaut: „Eine Hypothek kann in der Weise bestellt werden, daß die Höhe der aus dem Grundstück zu zahlenden Geldsumme durch den amtlich festgestellten oder festgesetzten Preis einer bestimmten Menge von Roggen, Weizen oder Feingold bestimmt wird. Die Reichsregierung kann mit Zustimmung des Reichsrats auch den in gleicher Weise festgestellten oder festgesetzten Preis einer bestimmten Menge von Kohle, Kali oder anderer Waren oder von Leistungen als Maßstab zulassen. (Wertbeständige Hypothek).“

14

Über die Aufbringung des Grundkapitals der Währungsbank schrieb Helfferich in seinem bereits zitierten Aufsatz: „Auf die land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke Deutschlands werden auf Roggenwert lautende, mit 5% jährlich verzinsliche Grundschulden in Höhe von 5% des Wehrbeitragswertes mit Rang vor allen anderen Belastungen zugunsten der Währungsbank eingetragen. Da der Wehrbeitragswert dieser Grundstücke in dem uns verbliebenen Reichsterritorium sich auf rund 40 Milliarden Goldmark stellt, beläuft sich der Wert dieser Einbringung auf rund 2 Milliarden Goldmark. Industrie und Handel werden mit dem gleichen Werte herangezogen und zwar soweit zur Belastung mit Grundschulden geeignete Objekte in ausreichendem Maße vorhanden sind, gleichfalls im Wege der Eintragung von Grundschulden, soweit das nicht der Fall ist, im Wege der Übereignung von Schuldverschreibungen mit Rang vor allen übrigen Verpflichtungen.“

15

Hierzu heißt es in Helfferichs genanntem Aufsatz (s. o. Anm. 3), das Reich solle mit den 300 Millionen Goldmark, die es zur Abgeltung der Bestriebssteuer erhalten werde, „seine gesamten diskontierten Schatzanweisungen zurückzahlen. Der Goldwert dieser Schatzanweisungen dürfte, obwohl deren Papiernennwert die Trillion weit überschritten hat, beim gegenwärtigen Dollarkurs über den Betrag von 100 Millionen Goldmark kaum hinausgehen. Indem das Reich seine fast ausschließlich bei der Reichsbank diskontierten Schatzanweisungen einlöst, kommt die Reichsbank in den Besitz eines Fonds der neuen Roggenmarknoten, der ihr gestattet, sofort die Einlösung ihrer eigenen Noten in diesem neuen Gelde aufzunehmen und damit den Kurs ihrer Noten in dem neuen Geld zu stabilisieren, ein Vorteil, der gar nicht hoch genug zu veranschlagen ist. – Die Aufrechterhaltung der Einlösung der Reichsbanknoten in dem neuen Gelde ist allerdings abhängig von einer wichtigen Voraussetzung: davon, daß die Reichsbank nicht weiter durch das Reich mit der Diskontierung von Schatzanweisungen in Anspruch genommen wird.“

16

Über den Eintausch schrieb Helfferich (s. o. Anm. 3): „Wie vor dem Krieg das Gold in der Reichsbank als Deckung und Einlösungsfonds für die Reichsbanknoten fungierte, sollen die Roggenrentenbriefe in der Währungsbank Deckung und Einlösungsfonds für die von den Währungsbanken auszugebenden, auf Roggenmark lautenden Noten sein. Für je eine Tonne Roggenwert, enthalten in den im Eigentum und Verwahr der Währungsbank befindlichen Rentenbriefen, dürfen Noten im Betrage von 200 Roggenmark ausgegeben werden. In demselben Verhältnis sind die Roggenmarknoten auf Verlangen des Inhabers bei der Währungsbank gegen Roggenrentenbriefe einlösbar. Die Einlösung ist unbedingt gesichert, da die Bank nur voll gedeckte Noten ausgeben darf. Der Einlösung der Roggenmarknoten gegen Roggenrentenbriefe entspricht – wie es bei der Reichsbank vor dem Kriege hinsichtlich des Goldes der Fall war – die Verpflichtung der Währungsbank, gegen Einreichung ihrer eigenen Roggenrentenbriefe jederzeit Roggenmarknoten im Verhältnis von 200 Roggenmark für je eine Tonne Roggenwert zu verabfolgen.“

17

Nach Helfferichs Ansicht sollte mit Noten die Währungsbank helfen, das Reichsbudget zu sanieren. Über die 300 Mill. Goldmark hinaus sollte sie „dem Reiche im Laufe einer auf zwei Jahre bemessenen Übergangszeit bis zur Hälfte ihres Grundkapitals und ihrer Grundreserven, also insgesamt bis zum Betrage von 2 Milliarden Goldmark, verzinsliche Übergangskredite in ihren voll gedeckten Roggenmarknoten zur Verfügung stellen, dem Reiche also für die Sanierung seines Budgets eine ähnliche Hilfe leisten wie sie der Völkerbund mit der von ihm garantierten Anleihe Österreichs geleistet hat.“

18

Hierzu heißt es ausführlicher in Helfferichs Aufsatz: „Im Falle eines späteren Überganges zur Goldwährung soll die Währungsbank nicht im Wege stehen. Die Bank soll vielmehr, wenn ihr in einem solchen Falle das Reich die von ihm in Anspruch genommenen Vorschüsse zurückzahlt, ihre Noten einziehen und die Wahl haben, entweder zu liquidieren oder sich auf Goldwährung umzustellen und als Bodenkreditinstitut ohne Notenrecht weiterzuarbeiten.“ S. dazu auch Dok. Nr. 29.

19

S. hierzu Dok. Nr. 13, P. 1; Dok. Nr. 14.

20

Welcher direkte Antrag gemeint ist, ließ sich nicht ermitteln. Möglicherweise bezog sich Hilferding auf das Schreiben an den RK vom 23.7.23 (Das Kabinett Cuno, Dok. Nr. 222; Beusch-Briefs, Währungszerfall und Währungsstabilisierung, Anlage 3) und auf die Rede des bisherigen RWiM Becker (DVP) im RT am 7.6.23, in der er sich für eine Verschärfung der Devisenordnung aussprach (RT-Bd. 360, S. 11223 ).

21

Aus dem Kreis der deutschnationalen Industriellen sind am 18. 8. Bedenken dagegen geäußert worden, daß Helfferich vom RK zum Kommissionsvorsitzenden ernannt werde.

22

In seinem Aufsatz „Brotwährung“ berichtete Helfferich: „Am 21. August habe ich den beteiligten Ministern den Gesetzentwurf […] zugestellt. Im Anschluß daran fanden im Finanzministerium Beratungen mit Sachverständigen aus der Wissenschaft und der Praxis sowie mit Vertretern der beteiligten Ressorts statt, die schließlich am Sonnabend, den 8. September zum Abschluß kamen.“ Durchschriften der Anschreiben vom 20. 8. an v. Raumer, Luther und Hilferding in R 13 I /287 , Bl. 174–176; der Gesetzentwurf ibid., Bl. 177–182.

23

Dieser „Anhang“ schließt in R 13 I /278  auf Bl. 207 direkt an die Aufzeichnung an. Der polemische Inhalt erklärt sich aus dem ersten Absatz des folgenden Berichts, d. h. aus der Benutzung im Wahlkampf. Wann dieser Zusatz zu der stenographischen Aufzeichnung von Reichert verfaßt worden ist, läßt sich nicht mit Sicherheit ermitteln, da dieser Teil der Unterredung zwischen dem RFM und Helfferich von ihm nicht mitgeschrieben worden ist; es spricht aber der Hinweis auf die „Wahlversammlungen“ dafür, daß dieser „Anhang“ nicht vor der Auflösung des RT im März 1924 entstanden ist, d. h. 7 Monate nach dieser Begegnung zwischen Helfferich und Hilferding.

24

Der Absatz ist von Reichert handschriftlich in Klammern gesetzt worden.

25

Die beiden vorhergehenden Worte sind von Reichert handschriftlich eingefügt worden.

26

Zu Hilferdings Währungsplan s. Dok. Nr. 47, P. 2; vgl. außerdem Beusch-Briefs, Währungszerfall und Währungsstabilisierung, S. 140 f., Anhang 15.

27

Hierzu hieß es im Hilferding-Plan: „2. Die Bedürfnisse des Staates machen es erforderlich, für den ungedeckten Teil des Reichshaushalts auch weiterhin Papiernoten auszugeben. Unter diesen Umständen ist es unmöglich, die Einlösbarkeit der Mark in das neue Zahlungsmittel oder einen Zwangskurs der Mark ihm gegenüber festzusetzen, da andernfalls das neue Zahlungsmittel in die Inflation mit hineingerissen und seine Wertbeständigkeit verlieren würde. – 3. Das wertbeständige Zahlungsmittel muß in einer Weise eingerichtet werden, daß hierdurch der Übergang zur endgültigen Goldwährung vorbereitet und erleichtert wird. Daher muß abgelehnt werden: a) das neue Zahlungsmittel auf einer anderen Grundlage als auf Gold zu basieren. Die Basierung auf Gold ist auch deshalb erforderlich, um dem neuen Zahlungsmittel die Anerkennung des Auslandes, insbesondere der angelsächsischen Länder, die für den Kredit des Staates und der Industriewirtschaft unentbehrlich ist, zu verschaffen; […]“ (Beusch-Briefs, a.a.O.). Neben Hilferding traten u. a. auch Schacht und Minoux für eine Goldwährung ein (Beusch-Briefs, S. 170, 133).

28

Die Goldreserve der Rbk betrug am 15.8.23 506,3 Mio GM; davon waren 10 Mio GM im Ausland deponiert (Material for a study of Germany’s economy, currency and finance. By order of the German Government, S. 65).

29

Die Anführungsstriche sind von Reichert handschriftlich eingesetzt worden.

30

Der folgende Absatz ist von Reichert auf einem eigenen Blatt geschrieben worden. Seine Einfügung in den laufenden Text hat er handschriftlich gekennzeichnet.

31

Zu den Währungsverhältnissen in Österreich-Ungarn s. Politisches Handwörterbuch, hg. P. Herre, K. Jagow, Bd. 2, S. 253.

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