2.34.1 (vsc1p): [Arbeitsbeschaffungsprogramm der Reichsregierung.]

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[Arbeitsbeschaffungsprogramm der Reichsregierung.]

Der Reichskommissar für Arbeitsbeschaffung Dr. Gereke nahm Bezug auf die erste Sitzung des Ausschusses in der Reichskanzlei vom 19. Dezember1 und teilte mit, daß die in der ersten Sitzung in Aussicht genommene Besprechung über die Finanzierung des Arbeitsbeschaffungsprogramms mit Reichsbankpräsident Dr. Luther am Vormittage stattgefunden habe2. Es sei gelungen, in dieser Besprechung eine Annäherung der Standpunkte zu erreichen. Die Reichsbank habe ihre Bereitwilligkeit erkennen lassen, einen Betrag von rund 500 Millionen RM für die Finanzierung des ihr übersandten Programms verfügbar zu machen. Völlig offen geblieben sei die Frage, ob und inwieweit die Reichsbank demnächst darüber hinaus noch weiter helfen werde. Für ihn komme der Betrag von 500 Millionen RM nur als erste Maßnahme in Frage. Er erblicke darin nur die Finanzierung des Sofortprogramms, dem weitere umfassendere Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nachfolgen müßten. Er bitte damit einverstanden zu sein, daß er in diesem Sinne auch die Öffentlichkeit unterrichte3.

Der Reichswirtschaftsminister der an der Besprechung mit dem Reichsbankpräsidenten gleichfalls teilgenommen hatte, erklärte, daß nach allen Erfahrungen mit Verhandlungen mit der Reichsbank zunächst weitergehende Zusagen wohl nicht zu erreichen seien. Daher werde man sich mit den zugesagten 500 Millionen bis auf weiteres zufrieden geben müssen. Der Reichsbankpräsident[153] habe seine bekannte Münchener Rede dahin interpretiert, daß er nicht die Bereitstellung von effektiven 2,7 Milliarden RM für Zwecke der Arbeitsbeschaffung zugesagt habe, vielmehr habe er mit seinen Ausführungen – die er übrigens ohne Manuskript gemacht habe4, und die in der Presse vielfach ungenau wiedergegeben seien – nur darlegen wollen, daß mit Hilfe der Reichsbank Arbeitsbeschaffung mit einer potentiellen Auswirkung von 2,7 Milliarden RM möglich werden würde.

Der Reichsminister der Finanzen brachte gleichfalls zum Ausdruck, daß von der Reichsbank im Augenblick weitere Zusagen wohl nicht zu erreichen seien. Er habe sogar ein gewisses Verständnis dafür, wenn die Reichsbank sich im Augenblick mit weiteren Zusagen zurückhalte, denn die Reichsbank habe damit zu rechnen, daß sie im ersten Quartal des Kalenderjahres 1933 der Reichskasse starke Hilfestellung werde geben müssen. Die Reichsbank sei in wochenlangen Vorbesprechungen darauf vorbereitet worden, daß das mehrfach angekündigte Defizit der Reichsfinanzen für das Rechnungsjahr 1932/1933 in Höhe von 800 Millionen RM5 nur mit Hilfe der Reichsbank überbrückt werden könne. Er habe als Reichsminister der Finanzen daher ein gewisses Interesse daran, daß in den Fragen der Arbeitsbeschaffung im gegenwärtigen Augenblick auf die Reichsbank nicht allzu stark gedrückt werde. Die von Reichskommissar Dr. Gereke gewünschte sofortige Bereitstellung von weiteren 50 Millionen RM zur Ausdehnung der Aktion für die Hausreparaturen und die Wohnungsteilung hoffe er im Benehmen mit dem Reichsarbeitsminister gesondert möglich machen zu können6.

Angesichts dieses Sachverhalts begnügte sich der Reichskommissar Dr. Gereke mit der Feststellung, daß der Betrag von rund 500 Millionen RM als erste Maßnahme für die Finanzierung des Sofortprogramms hingenommen wird.

Fußnoten

1

Siehe Dok. Nr. 30.

2

Siehe Dok. Nr. 32.

3

Das geschieht am 22. 12. in einer Pressekonferenz. Gereke löst ein starkes, teils kritisches Presseecho aus (zahlreiche Zeitungsausschnitte in: Nachl. Luther , Bde. 352 und 353). Die Rbk sieht sich genötigt, den Eindrücken, die Gereke erweckt hat, entgegenzuwirken. In der Direktoriumssitzung vom 22. 12. kommt dies so zur Sprache: „Hinweis des Herrn Dreyse, daß die Veröffentlichungen in der Presse den gestrigen Absprachen nicht gerecht würden, da wir ja gerade gebeten hatten, von der Nennung einer Zahl nach außen abzusehen. Zustimmung des Direktoriums, daß die Reichsbank grundsätzlich bereit sei, im Rahmen des jeweils Möglichen mitzuhelfen, wobei die Zahl von 500 Millionen weder bestätigt noch ihr widersprochen werden soll. Hinterher Verabredung mit Dreyse, daß er diese Mitteilung an Zarden geben will und auch zusehen wolle, ob sich eine Möglichkeit bietet, die Rundfunkrede, die Gereke morgen Abend halten will, an der entscheidenden Stelle zu beeinflussen“ (Tagesaufzeichnung Luthers vom 22.12.1932; Nachl. Luther, Bd. 370, Bl. 80). Ob es zu der beabsichtigten Einwirkung auf RKom. Gereke über StS Zarden gekommen ist, läßt sich nicht feststellen. In seiner Rundfunkrede, in der Gereke am 23. 12. sein Programm und die Absichten der RReg. erläutert (s. Dok. Nr. 36), spricht er erneut von einem „Sofortprogramm“, das „zunächst bis 500 Millionen RM Darlehen“ vorsehe. Den Betrag von 2,7 Milliarden nennt er nicht.

4

Das trifft nur für die Ausführungen im „Akademisch-Politischen Klub“ zu (vgl. Dok. Nr. 3, Anm. 9).

5

Vgl. dazu zuletzt diese Edition: Das Kabinett v. Papen, Ministerbesprechung vom 2.11.32, P. 2. Weitere Einzelheiten sind den Protokollen der finanzpolitischen Aussprache zu entnehmen, die der Haushaltsausschuß des RT am 10. und 11.1.33 abhält (RT-Drucks., 5. Ausschuß, VII. Wahlperiode 1932).

6

Einzelheiten dazu sowie zum Fortgang s. Dok. Nr. 36, insbesondere Anm. 6.

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