2.32.1 (lut1p): [Tod Friedrich Eberts]

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Die Kabinette Luther I und II (1925/26), Band 1.Das Kabinett Luther I Bild 102-02064Reichspräsident Friedrich Ebert verstorben Bild 102-01129Hindenburgkopf Bild 146-1986-107-32AStresemann, Chamberlain, Briand Bild 183-R03618

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Text

RTF

[Tod Friedrich Eberts]

Der Reichskanzler teilte mit, daß der Herr Reichspräsident heute früh 10.15 Uhr entschlafen sei. Er hielt sodann die in der Anlage I niedergelegte Ansprache1.

1

In seiner Ansprache führt der RK u. a. aus: „Heute, im Kreise der Reichsregierung, bringe ich in verehrungsvoller Erinnerung an Friedrich Ebert zum Ausdruck, wie vortrefflich der Heimgegangene seines Amtes als Reichspräsident gewaltet und wie glücklich und erfolgreich die Zusammenarbeit zwischen Reichspräsident und Reichsregierung sich durch seine Klugheit und vaterländische Hingebung gestaltet hat. Wir stehen erschüttert an der Bahre des Staatsoberhauptes, dessen große menschliche Eigenschaften so oft geholfen haben, sachlich schwierige Fragen zum Nutzen des deutschen Volkes zu lösen.“ (R 43 I /1399 , Bl. 359 f.).

Im Einverständnis mit dem Kabinett wurde die Tagesordnung abgesetzt.

Staatssekretär Meissner berichtete über die letzten Stunden des Reichspräsidenten und teilte mit, daß beabsichtigt sei, die Leiche heute nacht 12 Uhr von dem Westsanatorium, Joachimsthalerstraße, nach der Wohnung des Herrn Reichspräsidenten zu überführen. Kavallerie aus Potsdam werde die Eskorte stellen. Der Sarg solle im großen Saale aufgebahrt werden. Der Reichskunstwart2 habe die Ausschmückung übernommen. Es entstehe die Frage, wo die Trauerfeier stattfinden solle. Die Familie wünsche eine Trauerfeier im Hause; von da aus müsse sich ein Trauerzug zum Friedhof bzw. zum Krematorium bewegen. Die Wilhelmstraße werde wohl gesperrt werden müssen, die Trauerparade in der Wilhelmstraße Aufstellung nehmen. Der verstorbene Herr Reichspräsident sei katholisch gewesen, aber aus der katholischen Kirche ausgetreten; die Familie sei protestantisch. Es werde angenommen, daß die Beerdigung auf Reichskosten erfolge.

2

Edwin Redslob.

Der Reichskanzler erwiderte, daß selbstverständlich die Kosten der Beerdigung auf die Reichskasse zu übernehmen seien. Das Weitere müsse der Herr Reichsminister der Finanzen vorsehen3. Solange man nicht wisse, wie der letzte Wille des verstorbenen Reichspräsidenten laute, und solange man die genauen Wünsche der Familie nicht kenne, könne man wegen der Beisetzung keine konkreten Vorschläge machen. Er halte es für das beste, wenn er als Kanzler allein am Sarge spreche. Möglicherweise habe der Reichstagspräsident den Wunsch, ebenfalls zu sprechen. Er empfehle aber, hier nicht die Initiative zu ergreifen, sondern im Gegenteil dem Herrn Reichstagspräsidenten gegebenenfalls vorzustellen, daß es wirkungsvoller sei, wenn nur der Reichskanzler spreche4.

3

S. Dok. Nr. 33, P. 1.

4

Bei der Trauerfeier im Reichspräsidentenpalais am 4.3.25 hält RK Luther als einziger Redner die Gedächtnisansprache. Zum Wortlaut s. Schultheß 1925, S. 40–42.

Hiermit war das Kabinett einverstanden.

Der Reichsminister des Auswärtigen betonte, daß die Trauerfeierlichkeiten nicht im Reichstage stattfinden dürften. Der Reichspräsident habe mit dem Parlament nichts zu tun.

[134] Der Reichskanzler stellte fest, daß das Kabinett die Trauerfeierlichkeiten im Hause des Reichspräsidenten wünsche und daß ferner eine geistliche Ansprache bei der Feier im Trauerhause nicht vorzusehen sei.

Staatssekretär Meissner teilte mit, daß die Trauerfeier wohl am besten am Mittwoch [4. 3.] oder Donnerstag stattfinde. Als Programm wäre vorzusehen: Trauermusik, dann die Rede des Herrn Reichskanzlers und hierauf wiederum Musik.

Der Reichskanzler teilte mit, daß der Reichsverband, der heute abend ein Fest feiern wollte, dieses Fest abgesagt habe. Die Gedenkfeiern für die Gefallenen des Weltkrieges müssen unverändert bestehen bleiben5.

5

Am 1.3.25 wird zum ersten Male nach dem Weltkriege im ganzen Dt. Reich die Feier eines Volkstrauertages begangen.

Das Kabinett stimmte dem zu.

Der Reichskanzler betonte, daß es Sache der Länder sei, die öffentlichen Lustbarkeiten zu unterbinden. Er empfehle, daß der Reichsminister des Innern an die Länder herantrete und darauf hinwirke, daß am heutigen Todestage sowie am Bestattungstage öffentliche Vergnügungen pp. untersagt würden.

Mit der Veröffentlichung der Ansprache des Herrn Reichskanzlers war das Kabinett einverstanden. Eine besondere Stellungnahme der Reichsregierung solle noch ausgearbeitet und besprochen werden.

Der Reichswirtschaftsminister stellte widerspruchslos fest, daß eine Beteiligung der Reichsregierung an der Leipziger Messe nicht mehr in Frage komme.

Der Reichsminister der Finanzen bemerkte, daß selbstverständlich auch die Kosten der Krankheit des Herrn Reichspräsidenten auf die Reichskasse übernommen werden müßten.

Hierauf fand eine Ministerbesprechung statt. Es wurde zunächst die Frage erörtert, ob auf Grund des Art. 51 Abs. 2 der Reichsverfassung nunmehr ein Reichsgesetz über die Stellvertretung des Reichspräsidenten eingebracht werden sollte. Das Kabinett war der Ansicht, daß die Reichsregierung einen solchen Schritt nicht tun solle, hielt es vielmehr für zweckmäßig, daß die Vertretung wie bisher durch den Reichskanzler geführt werde. Der Reichskanzler wird alsbald in dieser Frage Fühlung mit den Parteiführern nehmen6. Andererseits war das Kabinett der Auffassung, daß nunmehr die Wahl des neuen Reichspräsidenten beschleunigt werden müsse. Der Reichsminister des Innern wurde beauftragt, die Vorbereitung für einen möglichst frühen Wahltermin zu treffen7.

6

S. Dok. Nr. 36.

7

S. Dok. Nr. 36, dort bes. Anm. 2.

Es wurde endlich für wünschenswert bezeichnet, daß der Reichstag nach Abhaltung einer Trauersitzung sich bis nach erfolgter Beisetzung vertage8.

8

Eine parlamentarische Trauersitzung findet nicht statt. Der RT vertagt sich bis zum 6.3.25.

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