1.65.1 (ma12p): [Stand der Londoner Konferenz.]

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[Stand der Londoner Konferenz.]

Staatssekretär v. Maltzan berichtete über die neueste Lage.

Der Vizekanzler berichtete über seine Besprechungen mit den Parteiführern der Deutschen Volkspartei und der Deutschnationalen Volkspartei. Er habe den[969] Eindruck gehabt, als ob die Deutsche Volkspartei ihre Bedenken immer weiter zurückgestellt habe. Die Deutschnationale Volkspartei habe dagegen als Bedingungen aufgestellt: Internationale Verankerung des Räumungsabkommens und Verkürzung der Räumungsfristen.

Von den Anregungen, die das Kabinett nach London gegeben habe1, würden voraussichtlich nur wenige erfüllt werden. Zusagen lägen vor für Punkt 2 (Räumung von Teilgebieten, dementsprechend Verringerung der Gesamtbesatzung), jedoch nur teilweise, und Punkt 7 (Klarstellung, daß Düsseldorf–Duisburg mit Resträumung Ruhrgebiet geräumt werden).

1

S. das Instruktionstelegramm an die dt. Delegation, das am Schluß des Protokolls der Ministerratssitzung vom 15. 8. abgedruckt ist (Dok. Nr. 276).

Der Reichsarbeitsminister hielt die Situation gegenüber gestern wiederum für etwas gebessert.

Der Reichswehrminister führte aus, daß es sich jetzt um zwei Dinge handele:

1.

es sei nicht gelungen, die Verhältnisse auf den Vertrag von Versailles zurückzubringen,

2.

es beständen keine festen Garantien dafür, daß die Zusage bezüglich der Räumung gehalten würde.

Alles käme darauf an, ob sich die anderen Mächte für die zugesagte Räumung einsetzten. Dabei scheine ihm nicht so wesentlich die Verkürzung der Besatzung als vielmehr die Änderung des Besatzungsregimes. Hierfür seien aber auch keine Sicherungen gegeben. Die Justiz- und Verwaltungshoheit im besetzten Gebiet sei nicht gesichert. Die Willkürherrschaft werde weitergehen.

Der Reichsarbeitsminister führte aus, daß an sich zuzugeben sei, daß die Dinge nicht auf den Vertrag von Versailles zurückgeführt seien. Immerhin seien die erreichten Ergebnisse zufriedenstellend. Von größtem Vorteil sei, daß Deutschland mit dem 10. Januar die wirtschaftliche Freiheit zurückerlange. Die Bestrebungen, die Pfalz französisch zu machen und das Rheinland zu einem Pufferstaat, seien für alle Zeit unterbunden.

Der Reichsverkehrsminister betrachtete das erreichte Ergebnis als ein Provisorium; das endgültige Ergebnis werde erzielt werden im Anschluß an die wirtschaftlichen Verhandlungen. Er glaube, daß wesentliche Fortschritte erzielt worden seien, und es müsse mit allen Mitteln versucht werden, die Gesetze bei den gesetzgebenden Körperschaften durchzubringen.

Der Reichsminister des Innern berichtete über den Empfang der Presse.

In längerer Debatte wurde sodann über die Frage der Einbringung der Gesetze2 im Reichsrat und Reichstag gesprochen. Die Gesetze sollen möglichst gleichzeitig mit der Einbringung in den Reichsrat den Vertrauensleuten der Fraktionen übergeben werden. Vor Einbringung der Gesetze im Reichsrat sollen die Ministerpräsidenten informiert werden. Die Einberufung des Reichstags solle nicht überstürzt werden. Eine ausreichende Vorbereitung des Reichstags durch Information des Auswärtigen Ausschusses sei zweckmäßig. Dem Reichstag[970] sollen alle Vorlagen tunlichst auf einmal zugeleitet werden. Über die Termine der Einberufung soll erst Beschluß gefaßt werden, wenn die Delegation zurück ist.

2

Gesetze zur Durchführung des Sachverständigen-Gutachtens.

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