2.148.1 (ma31p): Außenpolitische Lage.

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Die Kabinette Marx III und IVDas Kabinett Marx IV Bild 146-2004-0143Chamberlain, Vandervelde, Briand und Stresemann Bild 102-08491Stresemann an den Völkerbund Bild 102-03141Groener und Geßler Bild 102-05351

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Außenpolitische Lage.

Ministerialdirektor Köpke und Legationssekretär Clodius verlasen die in der vergangenen Nacht eingetroffenen Telegramme aus Genf und Paris2.

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Zum Stand der Verhandlungen in Genf und Paris siehe die Aufzeichnung Pünders vom 10. 12.: Dok. Nr. 147. In einem telegrafischen Bericht aus Genf vom 10. 12. hatte Stresemann den RK um eine Mitteilung darüber gebeten, ob er – Stresemann – in der Frage der Ostfestungen und in der Kriegsmaterialfrage ein Schiedsgericht annehmen könne, was er dringend befürworte; siehe ADAP, Serie B, Bd. I,2, Dok. Nr. 250.

Der Reichswirtschaftsminister machte auf die ernsten Folgen aufmerksam, die sich aus weiteren Konzessionen in der Frage der Ein- und Ausfuhr von Kriegsgerät ergeben würden. Bezüglich der Spezialmaschinen glaube er zuversichtlich, daß ein Schiedsgericht für Deutschland entscheiden würde. Von den Halbzeugen würden solche Fabrikate, die ausschließlich für Herstellung von Kriegsmaterial bestimmt seien, naturgemäß unter ein Verbot fallen. Dagegen sei bei Halbzeugen, die auch für andere Fabrikate zu verwenden wären, wie z. B. Stahlblöcken und Koks [?], ein Schiedsspruch für Deutschland aussichtsreich. Bei den sogenannten Hauptteilen glaube er, daß für Schiffsmaschinen eine günstige Entscheidung fallen könne; sehr ungünstig sei die Rechtslage bei den optischen Linsen der Firma Zeiss, die in der Tat für Scherenfernrohre bestimmt seien. Gleichwohl könne man auf diesen Fabrikationszweig von Zeiss nicht verzichten, ohne daß empfindliche Verluste für die Firma und Arbeiterentlassungen einträten. Trotz der geschilderten großen Bedenken gegen ein Schiedsgericht glaube er, daß ein solches letzten Endes getragen werden müsse, wenn es nicht gelänge, eine Erledigung auf diplomatischem Wege durchzusetzen. Unter keinen Umständen dürfe etwa eine Rest- oder Liquidationskommission in Berlin zurückbleiben.

In der hierauf folgenden Debatte wurde allgemein das diplomatische Verfahren nach Zurückziehung der Kontrollkommission als das wünschenswerteste bezeichnet.

Staatssekretär Meissner sprach sich auch im Namen des Herrn Reichspräsidenten gegen die Belassung einer Liquidationskommission aus.

Das Kabinett entschloß sich, folgende Richtlinien telephonisch und telegraphisch nach Genf durchzugeben:

[432] Freiwillige Konzessionen auf dem Gebiete der Ein- und Ausfuhr von Kriegsgerät dürften keinesfalls gemacht werden. In erster Linie sei anzustreben, daß nach Zurückziehung der I.M.K.K. die beiden Restpunkte (Ostfestungen und Ein- und Ausfuhrgesetz) auf dem Wege diplomatischer Verhandlungen bereinigt würden. Sei das nicht zu erlangen, so könne ein von der Gegenseite aufgedrungenes Schiedsgerichtsverfahren nicht abgelehnt werden. Liquidations- oder Restkommissionen für die I.M.K.K. seien gänzlich abzulehnen3. (Siehe auch beiligende Aufzeichnung)4.

3

Diese Richtlinien wurden von MinDir. Köpke mit Telegramm vom 11. 12. an die dt. Delegation in Genf übermittelt; siehe ADAP, Serie B, Bd. I,2, Dok. Nr. 253.

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In der Anlage zu diesem Protokoll befindet sich in Durchschrift eine Aufzeichnung Pünders vom 11. 12. über Mitteilungen Stresemanns aus Genf; abgedr. als Dok. Nr. 149.

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