2.60.2 (vpa1p): 2. Freiwilliger Arbeitsdienst.

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 11). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Das Kabinett von Papen Band 1Das Kabinett von Papen Bild 183-R1230-505Wahllokal in Berlin Bild 102-03497AGöring, Esser und Rauch B 145 Bild-P046294Ausnahmezustand in Berlin während des „Preußenschlages“.Bild 102-13679

Extras:

 

Text

RTF

2. Freiwilliger Arbeitsdienst5.

5

Zur Vorgeschichte (1919–1932) und zur staatlichen Förderung des Freiwilligen Arbeitsdienstes seit 1931 (VO vom 23.7.31, RGBl. I, S. 396 ) reiches Material in R 43  I /2085  und 2086 ; R 77  /1  und 81 ; vgl. auch Köhler, Arbeitsdienst in Deutschland; Bühler, Die Pädagogische Problematik des Freiwilligen Arbeitsdienstes.

Der Reichsarbeitsminister führte aus, daß die Frage des freiwilligen Arbeitsdienstes eine rechtliche und eine politische Seite habe. Die Notverordnung vom 14. Juni d. Js.6 gebe der Reichsregierung weitgehende Ermächtigungen zur Regelung des Arbeitsdienstes.

6

RGBl. 1932 I, S. 273 , 283 .

Die außer der Verordnung zur Regelung des freiwilligen Arbeitsdienstes notwendigen Ausführungsvorschriften wolle er in engstem Benehmen mit den in Frage kommenden Ressorts schaffen.

Der Reichsarbeitsminister erläuterte sodann den Inhalt des beiliegenden Entwurfs7 und führte im übrigen aus, daß er den Präsidenten der Reichsanstalt, Geheimrat Dr. Syrup, als Reichskommissar für den freiwilligen Arbeitsdienst vorschlage8.

7

Der vom RArbM am 9. 7. vorgelegte „Entwurf einer Verordnung über den Freiwilligen Arbeitsdienst“ lautete in § 1: „Der Freiwillige Arbeitsdienst gibt den jungen Deutschen die Gelegenheit, zum Nutzen der Gesamtheit in gemeinsamem Dienste freiwillig ernste Arbeit zu leisten und zugleich sich körperlich und geistig-sittlich zu ertüchtigen.“ Weiter waren u. a. Bestimmungen enthalten über die Träger der Arbeit (Körperschaften des öfftl. Rechts oder gemeinnützige Vereinigungen und Stiftungen), über das Arbeits- und Dienstverhältnis der Arbeitsdienstwilligen, über die Finanzierung des Freiwilligen Arbeitsdienstes aus dem Reichshaushalt und aus Mitteln der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, über die Stellung des Reichskommissars (er sollte dem RArbM unterstehen) und der Bezirkskommissare (R 43 I /2085 , Bl. 329–332).

8

Syrup wurde am 18. 7. vom RK in dieses Amt berufen (Abschrift der Urkunde in R 43 I /2085 , Bl. 387).

Die Frage der Arbeitsdienstpflicht könne jetzt nicht gelöst werden9. Die erteilten Ermächtigungen bezögen sich nur auf den freiwilligen Arbeitsdienst.

9

In den unmittelbar vorangegangenen Wochen waren in der Rkei zahlreiche Eingaben von Verbänden und Organisationen eingegangen, die sich teils für, teils gegen den Ausbau des Freiwilligen Arbeitsdienstes zu einer pflichtmäßigen Reichsorganisation aussprachen. Davon waren für einen Pflichtarbeitsdienst eingetreten u. a. 1) der Nationalverband Deutscher Offiziere mit Schreiben an den RK vom 23. 6., worin es hieß: „Das ganze Volk soll für diese Idee gewonnen werden und ein Pflichtjahr dem gesamten Vaterland zu Nutz und Frommen opfern“ (R 43 I /2085 , Bl. 312–313); 2) die Reichsarbeitsgemeinschaft für Deutsche Arbeitsdienstpflicht mit Schreiben an den RK vom 24. 6., in dem darauf hingewiesen wurde, daß die Arbeitsgemeinschaft „durch umfangreiche Umfragen im ganzen deutschen Reiche die vorhandenen Arbeitsmöglichkeiten zusammengetragen und gangbare Vorschläge ausgearbeitet“ habe, „wie die Arbeitsdienstpflicht zu finanzieren und mit der Siedlung in Verbindung zu bringen ist“. An diesen Arbeiten hätten mitgewirkt u. a. die DNVP, die NSDAP, der Stahlhelm und „viele andere große vaterländisch gesinnte Organisationen“ (ebd., Bl. 316–317); 3) der Volksbund für Arbeitsdienst mit Schreiben an den RK vom 11. 7. (Vorschlag: Aufstellung einer Arbeitsdiensttruppe von 400 000 Mann) (ebd., Bl. 338–345). – Demgegenüber erklärte der Gesamtverband der Christlichen Gewerkschaften in einer telegr. Eingabe an den RK vom 13. 7.: „Wir erwarten, daß die Reichsregierung den Charakter der Freiwilligkeit des Arbeitsdienstes und die Zusätzlichkeit der Arbeit unangetastet läßt, da sonst auch der von uns anerkannte und praktizierte Arbeitsdienstgedanke seinen Sinn verlieren und auf das schärfste bekämpft werden müßte.“ (Ebd., Bl. 368).

[215] Die Verordnung über den freiwilligen Arbeitsdienst solle man nach seiner Ansicht dem zuständigen Ausschuß des Reichsrats zur Kenntnis unterbreiten.

Der Reichswehrminister erklärte, daß er die Verordnung für recht gut halte. Auch er halte den Präsidenten Syrup zur Zeit für den geeigneten Reichskommissar für den freiwilligen Arbeitsdienst. Es frage sich jedoch, ob es nicht besser sei, den Kommissar dem Reichskanzler zu unterstellen.

Vielleicht könne Oberst a. D. Hierl10 an die Spitze eines Unterausschusses gestellt werden, der die Frage der Arbeitsdienstpflicht prüfe.

10

Zur Konzeption Hierls s. dessen im Juni 1932 erschienene Broschüre „Sinn und Gestaltung der Arbeitsdienstpflicht“ (Aktenexemplar in R 43 I /2085 , Bl. 291–305); vgl. dazu auch die Aufzeichnung von Helmut Stellrecht („Wie der Arbeitsdienst entstand“) aus dem Jahre 1966 in: Kl. Erw. 599, Bl. 1–76.

Der Reichswirtschaftsminister führte aus, daß neue Organisationen im Augenblick nicht gebraucht werden könnten. Die Wirtschaft sei besorgt, daß die Arbeitsdienstpflicht bald eingeführt werden könnte. Im übrigen sei ihm aus Wirtschaftskreisen der Vorschlag unterbreitet worden, für die Teilnehmer am freiwilligen Arbeitsdienst ein Zeugnis auszustellen.

Der Reichsarbeitsminister und die übrigen Mitglieder des Reichskabinetts stimmten dem Vorschlage einer Zeugnis-Ausstellung zu.

Der Reichsminister des Innern vertrat gleichfalls die Auffassung, daß der Reichskommissar für den freiwilligen Arbeitsdienst dem Reichskanzler unterstehen müsse. Er bezeichnete es gleichfalls als erwünscht, daß der zuständige Reichsratsausschuß über die Verordnung unterrichtet würde, nicht jedoch über die Ausführungsbestimmungen.

Vielleicht sei es besser, an Stelle bestimmter Namen für den Reichsbeirat Verbände zu benennen, die ihrerseits Mitglieder in den Reichsbeirat delegieren könnten.

Staatssekretär Dr. Zarden erklärte sich gegen die Vorschrift des Art. 6 Abs. 3. Er führte aus, daß diese Vorschrift, wonach für Teilnehmer des freiwilligen Arbeitsdienstes unter gewissen Voraussetzungen Forderungen im Reichsschuldbuch eingetragen werden könnten, bei den Arbeitsdienstteilnehmern Hoffnungen erwecken würde, die nicht erfüllt werden könnten. Überdies müsse die Beobachtung dieser Vorschrift zu einer starken Arbeitsbelastung der Behörden führen.

Unbedingt notwendig sei es, daß die Ausführungsbestimmungen gleichzeitig mit der Verordnung veröffentlicht würden11.

11

Vgl. unten Anm. 15.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft sprach sich gleichfalls dafür aus, den Reichskommissar dem Reichskanzler zu unterstellen. Er begrüßte[216] im übrigen den Gedanken, die Verordnung zum zuständigen Reichsratsausschuß zur Kenntnis zu bringen und schlug vor, Satz 2 Abs. 2 des Art. 712 zu streichen. Gegen letzteren Vorschlag erhob sich kein Widerspruch.

12

Art. 7 Abs. 2 des Entwurfs: „Der Reichskommissar wird von Bezirkskommissaren unterstützt, die der Reichsarbeitsminister ernennt. Als Bezirkskommissare kann der Reichsarbeitsminister die Präsidenten der Landesarbeitsämter für ihre Bezirke bestellen.“

Der Reichsarbeitsminister wandte sich gegen die Streichung des Art. 6 Abs. 3 und gegen die Unterstellung des Reichskommissars unter den Reichskanzler. Er betonte, daß man ihm, dem Reichsarbeitsminister, das genügende Vertrauen entgegenbringen müsse. Überdies sei Präsident Syrup mit der vorgesehenen Regelung des Entwurfs einverstanden.

Das Reichskabinett stimmte dem Entwurf einer Verordnung über den freiwilligen Arbeitsdienst mit folgender Maßgabe zu:

Die Einrichtung der Beiräte soll in dem Entwurf gestrichen werden13. In den Ausführungsbestimmungen soll darauf hingewiesen werden, daß mit den Vertretern der in Frage kommenden Organisationen zusammengearbeitet werden soll.

13

Art. 8 des Entwurfs sah „zur beratenden Unterstützung des Reichskommissars und der Bezirkskommissare“ die Einrichtung eines Reichsbeirats und von Bezirksbeiräten vor. Er bestimmte ferner: „Der Reichsbeirat erstattet der Reichsregierung auf Erfordern Gutachten in Fragen des Arbeitsdienstes.“ In der Endfassung der VO (vgl. unten Anm. 15) heißt es an Stelle dieser Bestimmungen lediglich: „Der Reichskommissar erstattet der Reichsregierung auf Erfordern Gutachten in Fragen des Arbeitsdienstes.“

Der Reichskommissar für den freiwilligen Arbeitsdienst, zu dem der Präsident der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Geheimer Regierungsrat Syrup bestellt werden soll, soll beauftragt werden, die Frage der Arbeitsdienstpflicht zu prüfen. Eine Resolution soll in diesem Sinne formuliert werden14.

14

Diese „Erklärung der Reichsregierung über den Arbeitsdienst“ (veröffentlicht im RAnz. vom 18.7.32) lautete: Die RReg. „hat in der Verordnung vom 16. Juli dem freiwilligen Arbeitsdienst eine neue Verfassung gegeben. Sie behält sich vor, diese entwicklungsfähige und förderungswürdige Einrichtung unter Berücksichtigung der kommenden Erfahrungen weiter auszubauen. Der Reichskommissar wird beauftragt, über seine Erfahrungen zu berichten und ein Gutachten über die notwendigen Voraussetzungen und die zweckmäßige Form einer Arbeitsdienstpflicht zu erstatten. Das Gutachten wird der Öffentlichkeit zur Beurteilung zugehen.“

Die Verordnung über den freiwilligen Arbeitsdienst soll dem zuständigen Reichsratsausschuß zur Kenntnis unterbreitet werden.

Das Reichskabinett nahm von der Erklärung des Reichsarbeitsministers Kenntnis, daß die Referenten der in Betracht kommenden Ressorts bei allen geeigneten Fragen rechtzeitig gehört werden sollen15.

15

Die VO wurde vom RK am 16. 7. vollzogen (RGBl. I, S. 352). Zu den Ausführungsvorschriften, die mit Wirkung vom 1. 8. in Kraft traten, s. die VO des RArbM vom 2.8.32 (RGBl. I, S. 392 , 395).

Extras (Fußzeile):