1.39.2 (vpa2p): 2. Entwurf einer zweiten Verordnung zur beschleunigten Durchführung der landwirtschaftlichen Entschuldung im Osthilfegebiet.

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2. Entwurf einer zweiten Verordnung zur beschleunigten Durchführung der landwirtschaftlichen Entschuldung im Osthilfegebiet.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft gab einen Überblick über den Stand der Osthilfearbeiten in Anlehnung an die Kabinettsvorlage5. Er berichtete über die dankenswerten Anstrengungen der Bank für Industrieobligationen6,[770] die auf sein Drängen die Arbeiten mit größter Beschleunigung durchführen wolle.

5

Zur Kabinettsvorlage des REM (10. 10.) s. Dok. Nr. 164, dort auch Anm 1.

6

Vgl. Dok. Nr. 164, dort bes. Anm 5.

Der Reichsminister der Finanzen erklärte, er habe sich nur nach schweren Bedenken damit einverstanden erklärt, daß für die Osthilfe 96 Millionen Schatzanweisungen ausgegeben werden sollen. Das Sicherungsverfahren7 müsse sobald wie möglich aufgehoben werden. Sanierungsunfähige Betriebe müßten beschleunigt ausgeschieden, das Umschuldungsvolumen von 600 Millionen dürfe nicht überschritten werden.

7

Durch NotVO vom 17.11.31 (RGBl. I, S. 675 ) vorgeschriebenes Verfahren, welches im „Osthilfegebiet“ die „Vorbereitung und Einbringung der Ernte“ im Interesse der Volksernährung und die „Durchführung des Entschuldungsverfahrens“ im Interesse der Gläubiger sichern sollte. § 3 der NotVO bestimmte u. a.: „Die Eröffnung des Sicherungsverfahrens ist abzulehnen, wenn auch durch Anwendung der in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen die Sicherung der Vorbereitung und Einbringung der nächsten Ernte nicht erreicht werden kann oder wenn die Entschuldung mit Rücksicht auf die damit verbundenen Eingriffe in die Rechte der Gläubiger allgemeinen wirtschaftlichen Interessen zuwiderlaufen würde.“ Nach § 16 der VO sollte die „Bank für Deutsche Industrieobligationen“ die „zur Aufrechterhaltung des Betriebs, zur Vorbereitung und Einbringung der Ernte sowie zur Durchführung des Entschuldungsverfahrens erforderlichen Beträge zur Verfügung stellen“.

Die Rentenbank-Kreditanstalt wolle sich mit 25 Millionen an dem Kapital der Preußenkasse beteiligen. 16 Millionen würden von den Genossenschaften aufgebracht. Reich und Preußen würden je 40 Millionen besitzen.

Der Reichsbankpräsident wies darauf hin, daß die Erörterungen über die Kreditform noch nicht abgeschlossen seien. Er könne seine Erklärungen nur unter dem Vorbehalt abgeben, daß die Gesamtlage die Hilfsmaßnahmen zulassen würde. Voraussetzung sei, daß die Rentenbank-Kreditanstalt in Höhe von 56 Millionen auf die Zusage der Reichsbank verzichte, nach der ihr die Mobilmachung von 150 Millionen Umschuldungsscheinen zugesagt worden sei. Im Betrage von 56 Millionen würde die Reichsbank dann für die neue Aktion zur Verfügung stehen8.

8

Einen Tag nach dieser Ministerbesprechung – am 15.10.32 – sah sich das Rbk-Direktorium „veranlaßt“, mit Schreiben an den RK „nochmals darzustellen, in welchem Umfange und unter welchen Formen die Reichsbank für das Entschuldungsverfahren im Osthilfegebiet Mittel“ bereitstellen könne. Es handele sich hierbei um „1. einen Diskontkredit an die Bank für Deutsche Industrieobligationen, flüssig zu machen durch Diskontierung von Akzepten der Rentenbank in Höhe von 30 Millionen RM; 2. einen Diskontkredit an die Rentenbank, flüssig zu machen durch Diskontierung von Akzepten der direkten Gläubiger der umgeschuldeten Landwirte, ausgestellt von deren Bankverbindungen und bedeckt durch Osthilfeentschuldungsbriefe, in Höhe von 100 Millionen RM; 3. einen Lombardkredit an die Rentenbank für die Spitzeninstitute des organisierten Kredits gegen Hinterlegung von Osthilfeentschuldungsbriefen (nach Freigabe von 20 Mill. RM) in Höhe von 30 Millionen RM; 4. einen Diskontkredit an die Bank für Deutsche Industrieobligationen, bedeckt mit Schatzanweisungen (Form der Wechsel noch nicht bestimmt) in Höhe von 40 Millionen RM, zusammen 200 Millionen RM. Die Kredite 2–4 sollen bis zur Rückzahlung der Entschuldungsbriefe bezw. der Schatzanweisungen gemäß dem Tilgungsplan laufen, während der Kredit zu 1 aus den Osthilfemitteln zurückzuzahlen ist, nachdem die Entschuldungsbriefe und Schatzanweisungen getilgt worden sind. Im Rahmen dieser Summen haben wir uns auch mit Änderungen der bisher vereinbarten Formen der Verwendung bereit erklärt gegen die ausdrückliche Zusage, daß lediglich ein Umbau in der Einsetzung der Reichsbankmittel, keine Erhöhung in Frage käme. Da die Kredite zu 2 und 3 der Rentenbank zur Mobilisierung von Osthilfeentschuldungsbriefen zur Verfügung gestellt worden sind und der Kredit zu 1 zur Auffüllung des ursprünglichen Barfonds von 100 Millionen RM dient, stehen zur Vorfinanzierung der in der Begründung zum Entwurf der Verordnung auf seite 10 unter b) genannten Schatzanweisungen von 96 Millionen RM [vgl. Dok. Nr. 164] zunächst nur Reichsbankmittel in Höhe von 40 Millionen RM bereit. Die restlichen 56 Millionen RM lassen sich nur dann ohne weiteres in bar darstellen, wenn die Rentenbank entsprechend den Intentionen des Herrn Reichskommissars für die Osthilfe in Höhe dieses Betrages auf die ihr für Zwecke der Mobilisierung der Entschuldungsbriefe zugesagten Kredite verzichtet. Nimmt man an, daß die Durchführung der Umschuldung sich so lange hinziehen wird, daß inzwischen die erste Quote aus der Aufbringungsumlage [vgl. Anm 5 zu Dok. Nr. 164] von 24 Millionen RM eingegangen ist, so würde es sich noch um einen Betrag von 32 Millionen RM handeln. Die Reichsbank ist also bereit, an Stelle entsprechender Teile der der Rentenbank zugesagten Kredite sowohl die 32 Millionen RM wie auch erforderlichenfalls statt dessen die 56 Millionen RM in der Form der Diskontierung von Wechseln, die von der Bank für Deutsche Industrieobligationen, der Rentenbank und der Rentenbank-Kreditanstalt, unter Umständen auch an Stelle einer dieser Banken von einem potenten privaten Kreditinstitut unterschrieben sind, bedeckt mit den zur Durchführung des Entschuldungsplanes auszugebenden Schatzanweisungen, herzugeben.“ (R 43 I /1813 , Bl. 77–78).

[771] Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft erklärte hierzu, daß bedingte Beschlüsse des Kabinetts in dieser Hinsicht nicht gefaßt werden könnten, da es nicht in der Lage sei, für die Rentenbank-Kreditanstalt Entscheidungen zu treffen.

Der Reichsminister der Justiz erläuterte seine Vorlage vom 12. Oktober d. Js.9. Er sicherte zu, daß die Genossenschaften noch hierzu gehört werden würden.

9

Es handelt sich um den Entwurf von „Bestimmungen über Revision, Bilanzen und Musterstatut der Genossenschaften“, wonach die RReg. ermächtigt werden sollte, „im Interesse der Gesunderhaltung des Genossenschaftswesens“ das Genossenschaftsgesetz in verschiedener Hinsicht zu ändern und zu ergänzen (R 43 I /675 , Bl. 54–55). Diese Bestimmungen wurden in die am 21.10.32 erlassene NotVO „über die Deutsche Zentralgenossenschaftskasse und das genossenschaftliche Revisionswesen“ (vgl. oben Anm 4) als Kapitel III eingefügt.

Der Reichskanzler dankte für die Bemühungen um schnelle Förderung der Osthilfearbeiten. Er stellte fest, daß das Kabinett mit den Vorschlägen einverstanden sei und daß die Notverordnung wegen der Beschleunigung der Osthilfe gleichzeitig mit der Verordnung über die Preußenkasse veröffentlicht werden solle. Das Kabinett werde mit beiden Verordnungen nicht mehr befaßt zu werden brauchen, wenn die Ressorts über die noch nicht feststehenden Einzelheiten Einverständnis erzielen würden. Zu den Erklärungen des Reichsbankpräsidenten werde eine Einigung der beteiligten Stellen erforderlich sein10.

10

Die II. VO des RPräs. „zur beschleunigten Durchführung der landwirtschaftlichen Entschuldung im Osthilfegebiet“ wurde von Hindenburg am 21.10.32 ausgefertigt (RGBl. I, S. 509 ).

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