2.49 (vpa1p): Nr. 49 Der Reichskanzler an den britischen Premierminister MacDonald. Lausanne, 4. Juli 1932

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[180] Nr. 49
Der Reichskanzler an den britischen Premierminister MacDonald. Lausanne, 4. Juli 19321

1

Antwort des RK auf das Schreiben MacDonalds vom 4. 7. (ADAP, Serie B, Bd. XX, Dok. Nr. 193), worin dieser gegen die überraschende Erklärung der dt. Delegation, Dtld. werde die Abschlußleistung eventuell auch im Wege von festen Annuitäten aufbringen können (vgl. unten Anm. 2), schwere Bedenken erhoben hatte.

R 43 I /338 , Bl. 230–231 Abschrift

[Höhe und Modalitäten der dt. Abschlußzahlung]

Ich erkenne vollständig die Gefahren an, die der von mir gemachte Vorschlag2 für Deutschland haben kann. Ich habe diesen Vorschlag als äußersten Versuch betrachtet, eine Lösung herbeizuführen, um die desaströsen Folgen eines Scheiterns der Konferenz zu vermeiden, über deren Tragweite wir uns einig sind. Wenn ich statt der von Ihnen vorgeschlagenen Summe von 4 Milliarden3 die Summe von 2 Milliarden als die äußerste Grenze für uns bezeichnet habe, wollte ich für diese von uns als möglich erachtete niedrigere Zahl wenigstens die Unbedingtheit der Zahlung als Ersatz geben. Ich bin aber durchaus Ihrer Meinung, daß an sich das von Ihnen vorgeschlagene System von Zahlungen, die nur unter der Voraussetzung der Wiederherstellung der deutschen Kreditfähigkeit geleistet zu werden brauchen, den Vorzug verdient.

2

Gemeint ist der vom RFM bei einer dt.-brit. Besprechung am Nachmittag des 3. 7., in der Papen eingangs erklärt hatte, daß Dtld. unter keinen Umständen mehr als 2 Milliarden RM zahlen könne, folgendermaßen erläuterte dt. Vorschlag: „Supposing the sum were to be expressed in terms of annuities, there were two alternative ways of paying two milliards. The first way was to pay an annuity for ten years so as to amount to two milliards in all, that was to say, 250 [!] millions a year. The second way was to guarantee the interest and sinking fund for two milliards, the interest being paid in any case even if the Bonds were not issued in time, so that the interest and sinking fund paid after the moratorium would amount to 120 millions a year for thirty-seven years.“ (Niederschrift in Documents on British foreign Policy, Second Series, Vol. III, Dok. Nr. 168). – Wenige Stunden vor dieser dt.-brit. Besprechung – um die Mittagszeit des 3. 7. – war in der dt. Delegation ein anderer, nur in Teilen hiermit übereinstimmender Zahlungsplan erörtert worden. Er hatte folgenden Wortlaut: „I. Zahlung von 100 Millionen 10 Jahre lang vom 1.7.1935 ab (zur Abgeltung der Hoover-Annuitäten). II. Aushändigung von Schuldverschreibungen des Reiches über 1 Milliarde Mark. Diese Bonds dürfen frühestens vom 1.7.1935 ab begeben werden. Ist ihre Begebung innerhalb 3 Jahren nach diesem Zeitpunkt nicht erfolgt, so wird trotzdem der Dienst (5% Zinsen + 1% Tilgung) an den Trustee (BIZ) gezahlt. Die BIZ muß der Ausgabe zustimmen. III. Aushändigung von weiteren Schuldverschreibungen des Reiches über 1 Milliarde Mark. Diese Schuldverschreibungen können erst nach der Unterbringung der Schuldverschreibungen zu II. aufgelegt werden, wenn diese Schuldverschreibungen eine Quotation von 90% erreicht haben. Im übrigen gelten für sie die sonstigen Bedingungen des Schemas zuzüglich einer Verfallfrist von 10 Jahren nach Auflegung der Bonds zu II. und des Ausschlusses der Garantie anderer Länder.“ Am Rand dieses Planes vermerkte der RK handschriftlich: Es handele sich um einen „Vorschlag“ Schwerin v. Krosigks und Warmbolds. Punkt III des Planes sei für ihn „nicht diskutabel“, denn er, Papen, sei „absolut gegen jede weitere Concession über 2 Milliarden“. In dem Randvermerk heißt es dann abschließend: „Nach Besprechung m. Neurath stimmt dieser m. Motiven endlich zu.“ (R 43 I /482 , Bl. 335).

3

Dieser Vorschlag (Ausgabe von dt. Bonds im Betrage von 4 Mrd. RM durch die BIZ ab 1935 mit 5% Verzinsung und 1% Tilgung) war bei einer dt.-brit. Besprechung am frühen Vormittag des 3. 7. von MacDonald und Chamberlain erläutert und der dt. Delegation im Manuskript („Scheme for German Bonds“) übergeben worden. Vgl. Documents on British Foreign Policy, Second Series, Vol. III, Dok. Nr. 166 (Annex).

[181] Bevor Sie heute zu endgültigen Beschlüssen kommen, bitte ich jedoch sehr ernst zu berücksichtigen, daß keine Zahl, die 2 Milliarden überschreitet, für uns in Betracht kommen kann. Ich halte es deshalb auch nicht für möglich, Vorschläge unsererseits für Teilung der 4 Milliarden in einem ersten und zweiten Ausgabeblock zu machen4.

4

Eine solche Möglichkeit hatte MacDonald in der dt.-brit. Besprechung am Nachmittag des 3. 7. (vgl. oben Anm. 2) angedeutet: „Mr. MacDonald asked whether it would be easier if the 4 milliards were devided into proportions of 1 milliard and 3 milliards; that is to say, they would take the burden of the 1 milliard on the same terms as had been proposed for the first 2 milliards. Then the first 1 milliard would be refunded in ten years at the rate of 125 millions a year. The 3 milliards would be issued, perhaps, on higher terms of Government security, e.g., at 95 instead of 90. It was certain that, from the financial point of view and from the credit point of view, that was better than the scheme [vgl. oben Anm. 2] the German Delegation had put up.“

Der Unterschied zwischen 2 und 4 Milliarden kann nur von der Deutschen Delegation in seiner psychologisch-politischen Bedeutung voll beurteilt werden. Das deutsche Volk würde nach den Erfahrungen der Vergangenheit eine endgültige Regelung in Lausanne nur dann als eine Erlösung von dem System der Reparationen empfinden und begrüßen können, wenn das Maß unserer unter gewissen Voraussetzungen angebotenen Endanstrengung verständig und gerecht ist und als solches vom deutschen Volke empfunden wird. Das würde nach der Überzeugung der Deutschen Delegation beim jetzigen Vorschlag der Gläubigermächte nicht der Fall sein. Jede Lösung würde mit äußerster Bitterkeit abgelehnt und bekämpft werden, bei der das Volk aus der Höhe der Zahl die Empfindung gewinnt, vor einer neuen Reparationszahlung zu stehen. Der Grat zwischen diesen beiden entgegengesetzten Wirkungen ist sehr schmal. Es ist unsere schwere Verantwortung, hierauf hinzuweisen, um zu vermeiden, daß das Ergebnis von Lausanne, anstatt die psychologische Wirkung einer Stärkung und Belebung zu haben, die entgegengesetzte Wirkung ausübt. Denn letztlich ist die Wiederherstellung des Vertrauens und der sozialen Stabilität in Deutschland die vitale Voraussetzung für die Wiederherstellung des Vertrauens in der ganzen Welt.

P[apen]

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