1.31.1 (vpa2p): Innenpolitische Fragen [Reichsreform].

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 5). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Das Kabinett von Papen Band 2Das Kabinett von Papen Bild 183-R1230-505Wahllokal in Berlin Bild 102-03497AGöring, Esser und Rauch B 145 Bild-P046294Ausnahmezustand in Berlin während des „Preußenschlages“.Bild 102-13679

Extras:

 

Text

RTF

Innenpolitische Fragen [Reichsreform].

Einleitend berichtete Reichskommissar Dr. Bracht über die Besprechung, die er kürzlich mit den Polizei- und Regierungspräsidenten gehabt habe2. Mehrere sozialdemokratische Polizei- und Regierungspräsidenten hätten ihm mitgeteilt, daß sie hinter der Reichsregierung und der kommissarischen Preußischen Regierung ständen. Auch die S. P. D. habe keine allzu wesentlichen Einwendungen gegen die jetzigen politischen Zustände zu erheben3, müsse natürlich nach außen hin eine starke Opposition treiben.

2

Hierüber nichts ermittelt.

3

Zur Haltung der SPD vgl. Anm 7 zu Dok. Nr. 106; ferner: Matthias, Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, in: Matthias/Morsey, Das Ende der Parteien 1933, S. 127 ff.; Schulze, Otto Braun, S. 745 ff.; ders., Anpassung oder Widerstand, S. XIV ff. und 4 ff.

Sodann wurde im wesentlichen der Plan einer Reichs- und Verfassungsreform, insbesondere die Zusammenführung von Reich und Preußen auf Grund der beiliegenden Richtlinien4 erörtert.

4

Abgedr. als Anlage zu diesem Dokument.

Der Reichsminister des Innern erläuterte die Richtlinien und führte aus, daß ihnen folgende Hauptgedanken zugrunde lägen: Preußen müsse erhalten bleiben und dürfe nicht Reichsland werden. Der Herr Reichspräsident müsse Preußischer Staatspräsident werden. Für den Preußischen Landtag sollten keine besonderen Wahlen stattfinden, vielmehr sollten die in Preußen gewählten Reichstagsabgeordneten gleichzeitig Abgeordnete des Preußischen Landtags sein. Der Preußische Ministerpräsident soll gleichzeitig Reichskanzler sein.

Der Reichsminister des Inneren führte aus, daß die anderen Ressorts über diese Richtlinien noch nicht gehört worden seien. Vielleicht sei es am besten, zunächst mit Herrn Reichskommissar Dr. Bracht Fühlung zu nehmen und eine Einigung über die Richtlinien mit ihm zu erzielen suchen. Alsdann würden Verhandlungen mit den im Betracht kommenden Ressorts am Platze sein. Zum Schluß müsse sich das Reichskabinett mit den Richtlinien befassen.

Eine Besprechung mit den nichtpreußischen Ländern sei auch unbedingt geboten5.

5

Besprechungen mit den Landesregierungen – insbesondere den süddeutschen – über den Reichsreformplan wurden erst Mitte November 1932 aufgenommen. Vgl. dazu Dok. Nr. 203 und 206. – Mit dem hamb. Bürgermeister Petersen hatte der RIM bereits am 24.9.32 die Reichsreformfrage kurz erörtert. Petersen dazu in einem Aktenvermerk vom gleichen Tage u. a.: Er habe gegenüber v. Gayl betont, daß Hamburg als Stadtstaat eine Verwaltung erhalten müsse, „die für die unabhängige stetige Wahrnehmung der Geschäfte eine Gewähr biete“. Notwendig sei außerdem, daß man der Stadt „unbedingt auch diejenigen finanziellen Möglichkeiten gebe, diesen Aufgaben gerecht zu werden.“ Das sei bei der Behandlung des Finanzausgleichs in letzter Zeit nicht ausreichend geschehen, was sich „in Verbindung mit der wirtschaftlichen Außenpolitik“ des Reiches „geradezu verheerend“ auswirke und Hamburg daran hindere, „seine Hafenaufgaben für die gesamte deutsche Wirtschaft so zu erfüllen, wie es nach unserer Überzeugung notwendig ist“. Darauf habe v. Gayl erwidert: Die RReg. „beabsichtige, die Selbständigkeit der Länder zu erhalten, soweit nicht in Norddeutschland wegen der Lebensunfähigkeit und Kleinheit einiger Länder, die er nicht benannte, eine Zuteilung an preußische Provinzen geboten sei. Die Hansestädte Hamburg und Bremen fielen nicht darunter.“ Auch wolle die RReg. die Selbständigkeit Preußens durchaus erhalten, „allerdings Maßnahmen treffen, daß der Dualismus der Reichsregierung und der preußischen Regierung endgültig beseitigt werde“ (StArch. Hamburg, Senatskanzlei, Präsidialabteilung 1928 A 38/2).

[717] Reichskommissar Dr. Bracht führte aus, daß er in der Grundstruktur mit den Richtlinien übereinstimme. Er warf die Frage auf, ob es nicht zweckmäßig sei, ein derartiges Programm, am besten wohl in Form eines ausgearbeiteten Gesetzentwurfs, dem Reichsrat und dem neuen Reichstag zu unterbreiten.

Der Reichskanzler bezeichnete diesen Gedanken als sehr erwägenswert. Er stellte im übrigen fest, daß zunächst wegen der Richtlinien mit Reichskommissar Dr. Bracht eingehend Fühlung genommen werden solle6.

6

Zur Reichsreform s. weiter Dok. Nr. 166.

Extras (Fußzeile):