2.174.2 (bau1p): 2. Herabsetzung der Heeresstärke.

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Das Kabinett BauerKabinett Bauer Bild 183-R00549Spiegelsaal Versailles B 145 Bild-F051656-1395Gustav Noske mit General von Lüttwitz Bild 183-1989-0718-501Hermann EhrhardtBild 146-1971-037-42

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RTF

2. Herabsetzung der Heeresstärke3.

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Als der VV am 10.1.20 in Kraft trat, betrug die Stärke der Reichswehr 12 058 Offiziere und 277 000 Mann (RT-Bd. 363 , Drucks. Nr. 187 , S. 6). Nach Art. 160 VV sollte die Iststärke des Heeres spätestens bis zum 31.3.20 auf 100 000 Mann herabgesetzt sein. Dagegen sprach Art. 163 VV von der Möglichkeit eines schrittweisen Truppenabbaus und nannte als Frist für die vorläufige Reduzierung des Heeres auf 200 000 Mann den Ablauf von drei Monaten nach Inkrafttreten des Vertrages. Als Folge der verspäteten Ratifikation des VV ergab sich für diese Bestimmung der 10.4.20 als Termin, wodurch nach Ansicht des RWeM „die wesentlichen Bestimmungen des Vertrages über die Herabsetzung der Heeresstärke […] nicht mehr miteinander in Einklang zu bringen“ seien. Der Widerspruch müsse in Verhandlungen mit der IMKK aus dem Wege geräumt werden. Unter Berufung auf das im Sinne des Art. 163 VV liegende Prinzip der schrittweisen Truppenreduzierung fordert das RWeMin. deshalb, daß das Heer bis zum 10. 4. nur auf 200 000 Mann abgebaut und die Heeresstärke – „falls die Entente einer längeren Beibehaltung eines stärkeren Heeres nicht zustimmen sollte“ – schließlich am 1.7.20 auf 100 000 Mann herabgesetzt werde. Die für diese Stärkenüberschreitungen erforderlichen Mittel müßten bereitgestellt werden, da der ordentliche Haushalt für das 200 000-Mann-Heer zum 31.3.20 auslaufe (Der RWeM an den RK, 14.2.20; R 43 I /680 , Bl. 86 f.).

Mit Rücksicht auf die Abwesenheit des Reichsministers der Finanzen konnte eine eingehende Erörterung über die Frage der Herabsetzung der Heeresstärke[611] nicht stattfinden, jedoch wurde als die Ansicht des Kabinettes festgestellt, daß

a)

das Heer einstweilen auf der von den Verbandsmächten zugelassenen Stärke zu halten sei4,

b)

die über den 1. April 1920 zunächst bleibenden Heeresangehörigen die gleichen Gebührnisse erhalten sollten, gleichgültig, ob sie für das Hunderttausendmannheer oder für das Zweihunderttausendmannheer bestimmt seien.

4

In einer Note vom 18. 2. hatte der brit. MinPräs. und Präs. des Obersten Rates Lloyd George dem dt. Botschafter in London mitgeteilt, daß angesichts des späten Inkrafttretens des VV der Termin für die Herabsetzung des Heeres auf 200 000 Mann auf den 10. 4. verschoben werde und daß das Heer am 10.7.20 auf 100 000 Mann zu verkleinern sei (DBFP, 1st Series, Vol. VII, S. 118; vgl. Schultheß 1920, II, S. 321). Nach der Bestätigung dieser all. Beschlüsse durch das RKab. erläßt das RWeMin. am 6. 3. einen von Noske und Reinhardt unterzeichneten „Befehl für die Verminderung des Heeres auf 200 000 Mann zum 1.4.1920“. Dieses 200 000-Mann-Heer solle als „Übergangsheer“ vom 1. 4. bis 10.7.20 bestehen bleiben. Nach einer Aufzählung der Verbände des Übergangsheeres und der über die 200 000 Mann hinaus in der entmilitarisierten 50-km-Zone verbleibenden dt. Truppen heißt es in einer weiteren Befehlsziffer: „Alle vorstehend nicht erwähnten militärischen Verbände sind bis spätestens 31.3.1920 aufzulösen, einschließlich der Einrichtung der Reichswehr-Zeitfreiwilligen. Aus den Marinebrigaden sind die in planmäßigen Stellen des Landheeres geführten Angehörigen herauszuziehen und in die offen gehaltenen Stellen gemäß Verfügung des Reichswehrministeriums Nr. 1291/10.19 T 2 vom 22.10.1919 Ziffer a und b einzureihen, die übrigen Heeresangehörigen sind zu entlassen. Das Nähere über die Angehörigen der Marinebrigaden für die Zuleitung zu den Reichswehrgruppenkommandos oder die Entlassung ordnet der Chef der Admiralität an“ (R 43 I /680 , Bl. 100–108). Dieser Befehl muß im Rahmen der Vorgeschichte des Kapp-Lüttwitz-Putsches im Zusammenhang mit einem besonderen Befehl des RWeM vom 29. 2. gesehen werden, in dem die Auflösung der bisher dem Reichswehrgruppenkommando 1 unterstellten Marinebrigaden Ehrhardt und von Loewenfeld zum 10. 3. angeordnet wird, nachdem von Ententevertretern Kritik am Fortbestehen dieser Freikorps als Heereseinheiten geübt worden war (Gustav Noske: Von Kiel bis Kapp. S. 203; vgl. die Voruntersuchungsergebnisse der Anklageschrift im Hochverratsverfahren gegen Ehrhardt in: R 43 I /2725 , Bl. 86–108, hier: Bl. 88).

Über die weitere Gewährung von Gehalt für drei Monate für die zu entlassenden Leute soll alsbald eine Chefbesprechung stattfinden mit dem Reichsfinanzminister5. Desgleichen soll eine Chefbesprechung mit dem Reichsfinanzminister und dem Preußischen Minister des Innern stattfinden über die Grenzstelle im Westen und die Sicherheitspolizei. Wegen der Chefbesprechung soll das Weitere von dem Unterstaatssekretär in der Reichskanzlei veranlaßt werden6.

5

Zum Fortgang s. Dok. Nr. 184, P. 9.

6

Über die Behandlung der Sicherheitspolizeiangelegenheit s. Dok. Nr. 173.

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