1.109 (bru2p): Nr. 361 Das Reichsbankdirektorium an den Reichskanzler. 4. Juli 1931

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Nr. 361
Das Reichsbankdirektorium an den Reichskanzler. 4. Juli 1931

R 43 I /637 , Bl. 198

[Notendeckung]

Der Reichsregierung ist aus den fortlaufend veröffentlichten Ausweisen der Reichsbank sowie aus einer Aufzeichnung1, die wir vorgestern übergeben haben und die die voraussichtliche Entwicklung des Reichsbankstatus für die nächsten Wochen darzustellen versucht, bekannt, daß die Reichsbank nicht damit rechnen kann, die 40%ige Notendeckung2 aufrecht zu erhalten. Nachdem gestern ein weiterer Devisenverlust von 75 Millionen RM und heute von 30 Millionen RM eingetreten ist und der Notenumlauf nicht die normale Rückbildung nach dem Ultimo bisher zeigt, wird voraussichtlich die Unterschreitung der 40%igen Deckung bereits eingetreten sein. Die genaue Zahl läßt sich erst feststellen, wenn uns von sämtlichen Reichsbankanstalten die Bestandsziffern zugegangen sind. Die Reichsbank hat seit 30. Mai etwa eineinhalb[1289] Milliarden RM an Gold und Devisen verloren. Sie muß am 16. d. Mts. einen Kredit von 420 Millionen RM in Gold oder Devisen zurückzahlen3.

1

Diese Aufzeichnung ist in den Akten der Rkei nicht vorhanden, eine Durchschrift befindet sich im Nachl. Luther, Nr. 336. Das RbkDirektorium hatte aus einer Vorausschau bis zum 23.7.31 den Schluß gezogen, daß bei fortlaufenden Devisenabzügen von täglich 30–40 Mio RM die gesetzlich vorgeschriebene Notendeckung von 40% in Kürze unterschritten werden würde. Eine Reduktion des Notenumlaufs sei praktisch unmöglich, eine Herabsetzung der Deckungsgrenze würde eine solche Beunruhigung im In- und Ausland hervorrufen, daß die Devisenabzüge weit größer sein würden. Daher mache die Rbk die RReg. pflichtgemäß darauf aufmerksam, daß die Rbk materiell nicht imstande sein würde, am 15. 7. die für den Transfer der Reparationszahlungen erforderlichen Devisen zur Verfügung zu stellen. Laut Tagebucheintragung Luthers vom 2.7.31 sollte diese Aufzeichnung zusammen mit einer Tabelle über Notenumlauf und Notendeckung den Amerikanern für die Hooverplanverhandlungen in Paris gegeben werden (Nachl. Luther, Nr. 365, Bl. 71).

2

Vgl. § 28 des Bankgesetzes vom 30.8.24 (RGBl. II, S. 242 ).

3

Am 25.6.31 hatten die Bank von England, die Bank von Frankreich, die Federal Reserve Bank von New York und die BIZ der Rbk zur Befriedigung des Ultimobedarfs einen Rediskontkredit in Höhe von 100 Mio $ gewährt (Mitteilung der Rbk vom 25.6.31, R 43 I /637 , Bl. 196–197).

Wir halten uns für verpflichtet, der Reichsregierung hierdurch mitzuteilen, daß es unter den vorgetragenen Umständen uns nicht möglich ist, über die für die Dawes- und Young-Anleihe erforderlichen Beträge hinaus, die Devisen für den Transfer der am 15. Juli vom Reich geschuldeten Annuitätsquote zu beschaffen4.

4

RbkPräs. Luther teilte am 5.7.31 dem Gouverneur der Bank von Frankreich, Moret, mit, daß die Rbk nicht in der Lage sei, dem Reich Mitte Juli Devisen für die Reparationszahlungen zur Verfügung zu stellen. Wegen der Devisenverluste habe die Golddiskontbank bei der International Acceptance Bank einen Rediskontkredit in Höhe von 50 Mio $ in Anspruch genommen (Durchschrift im Nachl. Luther, Nr. 336). Vgl. auch Luther, Vor dem Abgrund, S. 184.

Reichsbank-Direktorium

Luther           Dreyse

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