2.20.2 (sch1p): 2. [Eisenbahnfrage]

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[66]2. [Eisenbahnfrage]

Unterstaatssekretär Lewald2 berichtete über die Verhandlungen über die Übertragung der Eisenbahnen auf das Reich3. Bayern allein leiste Widerstand4. Es bestehe die Absicht, in der Verfassung einen Termin für freie Einigung zu setzen, bei dessen fruchtlosem Ablauf die Übernahme im Wege der Reichsgesetzgebung geregelt werden solle. Die Ansichten über den Termin schwebten zwischen 1921–1924, abgesehen von Bayern, das etwa 10jährige Frist wünsche.

2

Während einer Beratung im Reichsamt des Innern am 25.1.1919 zwischen Vertretern der RReg. und der Länderregg. über den 1. RegEntw. einer RV (Protokoll in: R 43 I /1863 , S. 65-100) wurde eine Kommission eingesetzt, die unter Vorsitz des UStS im Reichsamt des Innern, Lewald, die Verfassungsbestimmungen zu dem Verhältnis Reich-Einzelstaaten beraten sollten.

3

Der Plan der „Verreichlichung der Eisenbahnen“, wie der offizielle Terminus lautete, war bereits von Bismarck verfolgt worden, jedoch am Länderpartikularismus gescheitert (Quaatz, R.: Die Reichseisenbahnen, Gedanken und Vorschläge zur Finanzwirtschaft und Organisation der dt. Verkehrswirtschaft, Berlin 1919, S. 9 ff. ). Wieder aufgegriffen wurde das Vorhaben während der Reichstagssitzung am 24.3.1917 (RT-Drucks. Bd. 320, 710) mit dem Antrag des Haushaltsausschusses an den RK, dem RT Vorschläge über die Vereinheitlichung des Reichseisenbahnwesens vorzulegen. Der Antrag wurde abgelehnt. Die unitarischen Tendenzen der Reichsleitung nach der Novemberrevolution begünstigten jedoch die Forderung nach der Übertragung der Eisenbahnen auf das Reich, zumal die finanziellen Schwierigkeiten der Staatseisenbahnen eine einheitliche Verwaltung erforderten (s. Quaatz, a.a.O., S. 13 ff. ).

4

Die Standpunkte derjenigen Länderregg., deren Staaten über geschlossene Eisenbahnnetze verfügten, waren unterschiedlich. Aus einem Schreiben des bad. Staatsrats v. Stieler an den Chef des Reichsamts für die Verwaltung der Reichseisenbahnen, Minister a. D. Hoff, vom 27.1.1919 geht hervor, daß am selben Tag in Ulm eine Besprechung zwischen bad., württ., bayer. und sächs. Regierungsvertretern stattgefunden habe, auf der alle Anwesenden bis auf den bayer. Vertreter darin übereingestimmt hätten, daß die Verreichlichung der Staatseisenbahnen notwendig und wünschenswert sei (Kl.Erw. Nr. 409). Der bayer. Standpunkt in der Eisenbahnfrage war ausschließlich partikularistisch motiviert. Das zeigt die Niederschrift über die Verhandlungen in der 21. außerordentlichen Sitzung des bayer. Landeseisenbahnrates am 31.3.1919, auf der der bayer. StM für Verkehrsangelegenheiten, Frauendorfer, u. a. ausführte: „[…] Auf Grund reiflicher Erwägung bin ich der Meinung, daß wir allen Anlaß haben, unseren Eisenbahnbesitz in selbständiger Verwaltung und Bewirtschaftung zu behalten. Gewiß hat die Reichseinheit im Eisenbahnwesen ihre Vorteile, aber ich sehe die Nachteile viel größer an. In der Vereinheitlichung sehe ich in allem ein Wiedererwachen der Hegemonie Großpreußens (Zuruf: Sehr richtig!). Ob das ein Heil für das Reich, ein Heil für die Gliedstaaten, besonders für Bayern ist, möchte ich, nachdem, was wir in den letzten 4½ Jahren reichlich erfahren haben, bezweifeln. Ich frage, ist eine so vollständige Umklammerung der einzelnen Gliedstaaten notwendig, nützlich und wünschenswert?“ (GehStA München, MA 103 936). Die Haltung der pr. Regierung war, wie sich bei einer Besprechung zwischen Bevollmächtigten der RReg., u. a. Erzberger, Landsberg und Preuß, und Vertretern der pr. Staatseisenbahnverwaltung am 10.3.1919 im pr. Min. der öffentlichen Arbeiten herausgestellt hatte, im Grundsätzlichen positiv; allerdings betonte die pr. Seite, daß der gegenwärtige Augenblick zur Durchführung der Verreichlichung der Eisenbahnen ungünstig sei (Kl. Erw. Nr. 409).

Reichsminister Landsberg hielt kürzeste Bemessung der Frist, möglichst schon auf 1. Okt. 1920, für wünschenswert.

Reichsminister Erzberger beantragte zu bestimmen, daß bis zum 1. Okt. 1920 die Verträge abgeschlossen und bis zum 1. April 1921 die Überführung in Verwaltung und Besitz des Reiches durchgeführt sein müsse. Wenn man entschlossen sei, das Problem zu lösen, müsse es möglichst schnell geschehen.

Es wurde beschlossen, die Verhandlungen in diesem Sinne zu führen5.

5

Siehe Dok. Nr. 80, P. 5.

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