2.94.4 (sch1p): 4. [Rheinische Republik]

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4. [Rheinische Republik]

Ministerpräsident Scheidemann verliest einen Bericht von Dr. Froberger über die Verhandlungen zwischen rheinischen Parlamentariern und dem französischen General Mangin wegen Errichtung einer rheinischen Republik6.[384] Nach längeren Erörterungen, bei denen Reichskolonialminister Bell erklärt, daß seine Partei mit dem Vorgehen der daran beteiligten Abgeordneten Kuckhoff und Kastert nichts zu tun habe und es aufs schärfste mißbilligt7, beschließt das Kabinett:

6

Nach einem Bericht des außenpolitischen Redakteurs der Kölnischen Volkszeitung, Dr. Frobergers, an den dt. Brückenkopfoffizier in Köln, Hptm. Schwink, der am 26.5.1919 dem RMinPräs. durch den Abg. Sollmann übergeben wurde, hatte Froberger zusammen mit den Zentrumsabgeordneten in der pr. Landesversammlung Kastert und Kuckhoff sowie den rheinischen Politikern Dahlen (Aachen) und Dorten (Wiesbaden) am 17.5.1919 eine Unterredung mit dem Befehlshaber der frz. Truppen im Rheinland, Gen. Mangin. Dem Bericht zufolge hatte Froberger den „Eindruck, daß die Herren aus Aachen und Wiesbaden recht wirre politische Gedanken hatten“. Auch hielt er es für notwendig, die Herren vor der Unterredung darauf aufmerksam zu machen, „daß keinerlei Lostrennung verhandelt werden dürfe, bevor entsprechende Konzessionen gemacht seien.“ Während der Unterredung behauptete Gen. Mangin, „daß die Bildung eines Pufferstaates im Rheinland sich mit Hilfe der Bevölkerung durchsetzen lasse. […] Die Franzosen wollen eine Lostrennung des besetzten Gebietes von Deutschland mit allen Mitteln durchzusetzen. Dies sei augenblicklich die wichtigste Aufgabe Frankreichs. […] Froberger hat den sicheren Eindruck, daß die frz. Zone sicher abfallen würde und die übrigen nach einigem Wehren nachkämen. Die Nichtunterzeichnung des Friedensvertrages bedeute also die Errichtung eines Pufferstaates. […] Mangin glaubt, daß sich eine Lösung finden lasse, um die Republik zu gründen. Die maßgebenden Männer in Dtl. sollten orientiert werden. […] Froberger sagte noch dem General, daß weder er noch einer der Anwesenden befugt sei, im Auftrage des Volkes zu sprechen. Seine Rolle sei lediglich als die eines Boten aufzufassen. Die Unterredung dauerte drei Stunden.“ (R 43 I /1837 , S. 121, 131-137). Am 31.5.1919 übersandte Dr. Froberger an den RegPräs. in Köln, v. Starck, eine eigene Aufzeichnung über die Besprechung mit Gen. Mangin, in der er darauf hinwies, daß aus der Aufzeichnung Schwinks, die Gegenstand der Kabinettssitzung am 27.5.1919 war, evtl. ein gewisses Einverständnis der beteiligten rheinischen Abgeordneten mit den Darlegungen Mangins geschlossen werden könnte. Das Gegenteil sei jedoch der Fall: „In Köln verurteilen wir diese Bestrebungen in solcher Form auf das Entschiedenste, weil für uns Fühlung mit RReg. und Volksvertretung Grundsatz war. Durch unser Dazwischentreten sind bisher unüberlegte Proklamationen noch rechtzeitig verhindert worden.“ Da die größte Gefahr der Ausrufung einer rheinischen Republik bestanden habe, habe er die beiden Abg. Kastert und Kuckhoff nach Köln kommen lassen, um zusammen mit ihnen in Mainz den reichstreuen Standpunkt zu vertreten. „Nur unter diesem Gesichtspunkt erfolgte die Reise nach Mainz. Mit den verschiedenen Plänen der Aachener und Mainzer Herren auf sozialpolitischem Gebiet haben wir in Köln nichts zu tun. […] Durch die aufregende Art, mit der diese Dinge in den letzten Tagen besprochen wurden, werden nun allerdings die gemäßigten Elemente aus der Bewegung austreten, wobei sehr zu befürchten ist, daß die unüberlegten Elemente, die sog. Rheinischen Aktivisten, wieder die Oberhand gewinnen und die Dinge einem schlimmen Ausgange zutreiben. Uns trifft aber dafür keine Verantwortung mehr, denn wir haben unsere Pflicht erfüllt.“ Das Ergebnis der Mainzer Unterredung faßt Froberger so zusammen: „1. Die Franzosen stellten fest, daß eine Lostrennung der Rheinlande vom Deutschen Reiche unter Mitwirkung der Bevölkerung niemals erfolgen könne. 2. Festgestellt wurde, daß sogar eine bundesstaatliche Republik nur unter einer wesentlichen Milderung der Friedensbedingungen zustande kommen könne, was entsprechende Verhandlungen mit der RReg. voraussetze. 3. Von dt. Seite wurde, namentlich von den Abgeordneten, die Rechte von RReg. und Volksvertretung gewahrt.“ (R 43 I /1837 , S. 379-388; beide Dokumente sind abgedruckt in: Erdmann, Karl Dietrich: Adenauer in der Rheinlandpolitik nach dem Ersten Weltkrieg, Stuttgart 1966, Dok. Nr. 5 c, S. 284 ff. , und Dok. Nr. 6, S. 289 ff. ).

7

Am 30.5.1919 traten die Abg. Kastert und Kuckhoff auf Verlangen der Zentrumsfraktion von ihren Abgeordnetenmandaten in der pr. Landesversammlung zurück.

Es soll mit dem preußischen Ministerpräsidenten wegen Neubesetzung des Postens des Oberpräsidenten in Koblenz in Verbindung getreten, und dem neuen Oberpräsidenten die Vollmacht eines Reichskommissars übertragen werden8; ferner sollen alle rheinischen Abgeordneten der Nationalversammlung sofort nach Berlin berufen werden9.

8

Siehe Dok. Nr. 102, P. 12.

9

Siehe Dok. Nr. 95.

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