2.82 (vpa1p): Nr. 81 Der amtsenthobene Preußische Ministerpräsident Braun an den Reichskanzler. 22. Juli 1932

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[293] Nr. 81
Der amtsenthobene Preußische Ministerpräsident Braun an den Reichskanzler. 22. Juli 1932

R 43 I /2280 , S. 325–326

[Rechtsverwahrung gegen die Amtsenthebung]

Aus Ihrem Schreiben vom 21. d. Mts.1 entnehme ich, daß Sie die Berechtigung zu meiner Enthebung vom Amte des Preußischen Ministerpräsidenten aus § 1 der Verordnung des Reichspräsidenten2 herleiten, die wiederum auf Artikel 48 Absatz I und II der Reichsverfassung gestützt wird. Inwieweit der Reichspräsident berechtigt ist, Bestimmungen der Reichsverfassung im Verordnungswege außer Kraft zu setzen, ist im Absatz II des Artikel 48 fest umschrieben. Dazu gehören nicht die Bestimmungen, die die staatliche Selbständigkeit der Länder und das Recht ihrer Volksvertretungen, ihre Regierungen zu bestimmen, gewährleisten.

1

Anm. 3 zu Dok. Nr. 70.

2

VO vom 20. 7. (RGBl. I, S. 377).

Durch meine Amtsenthebung ist daher die Reichsverfassung wie die Verfassung des Landes Preußen verletzt. Ich muß daher gegen diese Maßnahme wie auch gegen die militärische Besetzung meines Dienstgebäudes zur Verhinderung meiner Amtstätigkeit Verwahrung einlegen und mir alle Rechte vorbehalten.

Wenn Sie meine Frage nach den Gründen für Ihr Vorgehen gegen mich mit dem Hinweis auf Ihre Rundfunkrede vom 20. d. Mts. beantworten, so erscheint mir dieser Weg, einen immerhin nicht unbedeutenden Staatsakt, wie es die Amtsenthebung des Regierungschefs des größten deutschen Landes darstellt, durch den Rundfunk zu begründen, recht merkwürdig. Ich muß daher verzichten, auf Ihre von irrigen Voraussetzungen ausgehende Begründung hier einzugehen, betrachte es aber als das einfachste Gebot der Gerechtigkeit, auch mir Gelegenheit zu geben, im Rundfunk zu gleicher Tageszeit vor dem gleichen Forum zu Ihren Ausführungen Stellung zu nehmen.

Für eine baldige Nachricht, wann das geschehen kann, wäre ich Ihnen dankbar3.

3

Planck übersandte Abschrift dieses Schreibens am 23. 7. an den RIM mit der Bitte um Vorlage eines Antwortentwurfs. Das nach diesem Entwurf (vorgelegt vom RIM am 27. 7.) formulierte Antwortschreiben des RK ist datiert vom 29. 7., wurde aber gemäß besonderer Verfügung v. Papens erst um die Mittagszeit des 30. 7., dem letzten Tage vor der Reichstagswahl, „zur Post“ gegeben. Es hatte folgenden Wortlaut: „Auf Ihr Schreiben vom 22. Juli d. Js. beehre ich mich zu erwidern, daß Ihre Enthebung von den Amtsgeschäften des Preußischen Ministerpräsidenten einen Staatsakt darstellt, den ich auf Grund der mir von dem Herrn Reichspräsidenten erteilten Ermächtigung vollzogen und im Rahmen der der Reichsregierung vorbehaltenen ‚Regierungsstunde‘ im Rundfunk näher erläutert habe. Ich sehe mich nicht in der Lage, Ihnen zu einer Besprechung oder zu einer Kritik meiner Maßnahme in der ‚Regierungsstunde‘ den Rundfunk zur Verfügung zu stellen.“ (R 43 I /2280 , S. 327, 487–489, 492–493). – In der Zwischenzeit hatte sich Braun, offenbar weil er so lange ohne Antwort geblieben war, mehrfach durch die Presse an die Öffentlichkeit gewandt, am ausführlichsten und massivsten wohl in einem (u. a.) vom „Berliner Tageblatt“ am 28. 7. veröffentlichten Schreiben an den RK. Darin hatte er alle von der RReg. gegen Preußen erhobenen Vorwürfe entschieden zurückgewiesen und betont: Durch die von der RReg. „getroffenen Maßnahmen ist nach jedem unbeeinflußten Rechtsempfinden die Verfassung des Deutschen Reichs wie des Freistaates Preußen verletzt worden. […] Ihre staatsrechtliche Verantwortung als gegenzeichnender Reichskanzler wie Ihre historische und politische Verantwortung für das Geschehene und für das, was aus dem verübten Unrecht noch weiter Nachteiliges und Gefahrdrohendes für das deutsche Volk entstehen kann, vor unserem Volk und vor der Welt festzustellen, ist meine Pflicht als von der Volksvertretung gewählter, verfassungsmäßiger, von Ihnen widerrechtlich an der Ausübung seines Amtes verhinderter Chef der Preußischen Staatsregierung.“ (Ausschnitt ebd., Bl. 490).

Braun

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