1.163.1 (wir2p): Reparation.

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Reparation.

Der Reichskanzler stellt fest, daß durch die gestern abend eingegangene Antwortnote der Reparationskommission der Zwischenakt, von dem er am Sonnabend [4.11.22] gesprochen habe, abgeschlossen sei1.

1

Auf die Note der dt. Reg. vom 4.11.22 (siehe Dok. Nr. 396 Anm. 2) hatte die Repko unter dem 6.11.22 u. a. geantwortet: „Nun aber hat die Deutsche Regierung, die ‚einen bestimmten und ausführlichen‘ Plan zur Herbeiführung dieser Stabilisierung [der Mark] vorzulegen versprochen hatte, sich auf die Bitte an die Kommission beschränkt, mit einem internationalen Finanzkomitee die Möglichkeit und die Bedingungen einer äußeren Anleihe von mindestens 500 Millionen Goldmark zu untersuchen. Jeder hat die Initiative und die Verantwortung, die ihm zustehen, zu ergreifen und auf sich zu nehmen. Wird der Reparationskommission ein Anleiheprojekt oder irgend ein anderes Projekt vorgelegt, so wird sie sich der Prüfung und Meinungsäußerung, soweit sie dafür zuständig ist, nicht entziehen. Aber es ist Pflicht der Deutschen Regierung, die übrigens internationale Sachverständige berufen hat, der Kommission ein Projekt vorzulegen. Die Kommission gibt sich noch der Hoffnung hin, daß die Deutsche Regierung sie, unter nochmaliger Anstrengung und ernstlicher Prüfung sobald wie möglich mit den in ihrer ersten Note angekündigten Vorschlägen befassen wird.“ (Aktenstücke zur Reparationsfrage vom 12. Juli bis 11. Dezember 1922, S. 39 f.).

Minister Dr. Hermes stellt zunächst fest, daß die Antwort der Reparationskommission die Tür offen ließe.

Das Schreiben erwähne u. a. die Finanzkontrolle, aber es handele sich hier[1153] nicht etwa um eine neue Verschärfung der Kontrolle, sondern nur um die, von der im Memorandum des Sommers die Rede war. Die Reparationskommission verlange hier, daß die eingerichteten Stellen des mobilen Kontrolldienstes zu planmäßigen gemacht würden. Diese Frage würde bald bereinigt sein. Was den Satz mit dem „engagements définitifs“ anlange, die er anerkannt haben solle, so bemerke er, daß er bei den jetzigen Verhandlungen von solchen Verpflichtungen nur im Sinne des genannten Memorandums gesprochen habe2.

2

In der Note der Repko an den RK heißt es dazu: „Im Verlauf der Besprechung, die die Reparationskommission mit Ihnen am 31. Oktober zu pflegen die Ehre hatte, haben Sie der Reparationskommission aus eigenem Antriebe die Zusicherung gegeben, sie könne zur Vollendung ihres Werkes auf die loyale Mitarbeit der Deutschen Regierung und aller ihrer Dienststellen rechnen. […] Die ersten Ergebnisse der Untersuchungen haben gezeigt, daß, wenn auch die Deutsche Regierung in der letzten Zeit sich bemüht hat, die freie Kontrolle des Garantiekomitees über die Reichsfinanzen und über die deutsche Ausfuhr sicherzustellen, dennoch wichtige Maßnahmen zu treffen bleiben, besonders hinsichtlich der Schaffung des Personalstabes, wie er besprochen und notwendig ist. Die Reparationskommission lenkt ihre ganze ernsteste Aufmerksamkeit auf die Dringlichkeit, die ‚engagements définitifs‘, die in dieser Gestalt nochmals vom Reichsfinanzminister anerkannt worden sind, in ihrer Gesamtheit zu verwirklichen.“ (Aktenstücke zur Reparationsfrage vom 12. Juli bis 11. Dezember 1922, S. 39).

Zur Stabilisierung der Mark hätte sich die Reparationskommission eigentlich nur unsere Ausführungen zu eigen gemacht.

Für die Fortführung der Verhandlungen müßte man an den Satz anknüpfen, der von einem Anleiheprojekt in Verbindung mit der Berufung internationaler Sachverständiger nach Berlin spräche. Er schlage vor, daß der Reichskanzler oder er mit den Sachverständigen Fühlung nehme, damit sie möglichst noch heute ihren Anleiheplan vorlegten3.

3

Den vorläufigen Bericht Visserings, Dubois’ und Kamenkas vom 9.11.22 sowie den endgültigen Bericht Brands, Cassels, Jenks’ und Keynes’ siehe Aktenstücke zur Reparationsfrage vom 12. Juli bis 11. Dezember 1922, S. 55 ff.).

Im übrigen habe die Reparationskommission eine Frist nicht gesetzt; er nehme an, daß es genüge, die Note bis morgen zu beantworten.

Reichskanzler Man müsse jetzt also der Reparationskommission die deutschen Ideen vorlegen. Die Frage sei, was man hierbei erreichen wolle, ob man ein Moratorium vorbereiten oder das Gutachten der Sachverständigen vorlegen wolle.

Staatssekretär Bergmann: Barthou habe in einer Privatunterhaltung gesagt, daß hier keine Entscheidung fallen könne4. Er werde sich voraussichtlich in Paris dafür einsetzen, etwas zu erzielen, insbesondere die Einberufung eines vielleicht erweiterten Morgan-Komitees.

4

Vgl. Dok. Nr. 397, Anm. 2.

Nach dem, was er, Bergmann, gehört habe, würde sich die Reparationskommission mit unserer Antwort begnügt haben, falls nicht Bradbury auf einem präzisen Plan bestanden hätte. Delacroix habe dann die Sachverständigen vorgeschoben.

Er habe weiter mit Dubois gesprochen, der die Sachverständigen, die zu einer Hilfe bereit seien, zur Formulierung der Bedingungen einer Anleihe bringen wolle. Ein einheitliches Votum aller Sachverständigen sei nicht zu erwarten.[1154] Aber die Praktiker unter den Sachverständigen würden sicher ein Votum abgeben, unter welchen Voraussetzungen eine Anleihe möglich sei.

Aus all diesem folge, daß man jetzt in Ergänzung unserer Sonnabendnote [4.11.22] das bringen müßte, was die Praktiker unter den Sachverständigen forderten. Dann würde voraussichtlich die Reparationskommission ein Bankierkomitee berufen.

Reichskanzler Das Reichsfinanzministerium müsse jetzt sofort von den praktischen Sachverständigen die Voraussetzungen für eine Anleihe extrahieren.

Reichsbankpräsident Exzellenz Havenstein: Er sei über die Antwort der Reparationskommission erfreut und empfehle, dem Bergmannschen Vorschlag zu folgen.

Reichsminister Dr. Hermes hält für zweckmäßig, daß er heute mit Barthou Fühlung nehme.

Der Reichskanzler ist hiermit einverstanden.

Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.

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