2.49.1 (cun1p): 1) Wucherbekämpfung.

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Das Kabinett Cuno Wilhelm Cuno Bild 183-1982-0092-007Französischer Posten Bild 183-R43432Posten an der Grenze des besetzten Gebietes Bild 102-09903Käuferschlange vor Lebensmittelgeschäft Bild 146-1971-109-42

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1) Wucherbekämpfung.

Der Reichsminister der Justiz teilte mit, daß er, den Anregungen des Kabinetts folgend, die Frage einer Verschärfung der Bestimmungen über die Wucherbekämpfung nachgeprüft habe. Die Rechtsmittel seien ausgeschöpft, einige Paragraphen habe er aus dem Anprangerungsgesetz dem Reichsminister des Innern zugeleitet1. Außerdem schlage er einen Aufruf an die Bevölkerung auf verschärfte Verfolgung vor2. Weitere Maßnahmen schienen ihm unmöglich zu sein, insbesondere eine nochmalige Änderung der Strafandrohungen, die hoch genug seien.

Der Preußische Ministerpräsident gab zur Erwägung, ob etwa noch die Vermögenseinziehung vorgesehen werden sollte.

[174] [Der] Reichsminister der Justiz sagte zu, noch ein Schreiben an die Landesjustizverwaltungen wegen schärferer Verfolgung richten zu wollen3.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft machte Mitteilung über die von ihm beabsichtigten Maßnahmen wegen der Einschränkung der Mahlzeiten und wegen des Verbrauchs von Butter und Eiern in den Gastwirtschaften. Zwei verschiedene Auffassungen begegneten sich in der Bevölkerung, teils dafür, teils dagegen4.

Der Reichswirtschaftsminister gab zu bedenken, ob diese Maßnahmen durchgeführt werden könnten und war der Auffassung, daß man lieber Gesetze, die nicht durchgesetzt werden könnten, unterlassen sollte.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft gab dies zu, betonte aber, daß es sich in der Hauptsache um Richtlinien handele, in denen sich das Leben nach Auffassung der Reichsregierung abspielen solle.

Nach längerer Erörterung, bei der von verschiedenen Seiten darauf hingewiesen wurde, daß hinsichtlich des Verbrauchs an Lebensmitteln Ersparungen nicht eintreten würden, während von anderer Seite mehr das Moment der Richtunggebung betont wurde, wurde entsprechend dem Antrage des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft beschlossen, daß dieser sich zunächst die Organisationen zwecks Beratung über eine Vereinfachung der Speisekarte kommen lassen solle5.

Fußnoten

1

Die Wucherbekämpfung stützt sich auf die „VO gegen Preistreiberei vom 8.5.1918“ (RGBl. S. 395  ff.) und auf das „Gesetz über Verschärfung der Strafen gegen Schleichhandel, Preistreiberei und verbotene Ausfuhr lebenswichtiger Gegenstände vom 18.12.1920“ (RGBl. II, S. 2107 ). Hier ist in § 3 eine Anprangerung durch öffentliche Bekanntmachung und Anschlag vorgesehen. Ein Anprangerungsgesetz gibt es dagegen nicht.

2

Unter dem 19. 1. läßt die RReg. über WTB eine Pressenotiz über „Marksturz und Preistreiberei“ verbreiten, in der die zuständigen Behörden ermahnt werden, „die bestehenden gesetzlichen Machtmittel gegen Wucher, Schiebertum und Warenzurückhaltung rücksichtslos anzuwenden.“ (R 43 I /1246 , Bl. 288).

3

Am 20. 1. übersendet Heinze den Landesregierungen die Presseverlautbarung der RReg. vom 19. 1. und bemerkt dazu: „Es wird ergebenst anheimgestellt, bei den mit der Wucherbekämpfung betrauten Behörden, insbesondere bei den Behörden der Wucherpolizei und bei den Strafverfolgungsbehörden erneut darauf hinzuwirken, daß gegen jede wucherische Ausbeutung, vor allem gegen Preiswucher und wucherische Warenzurückhaltung, mit stärkstem Nachdruck eingeschritten wird und die anhängig gemachten Strafverfahren mit möglichster Beschleunigung durchgeführt werden.“ (R 43 I /1246 , Bl. 287).

4

Material über die vorgesehenen Maßnahmen des REM sowie die Proteste des Hotel- und Gaststättengewerbes in R 43 I /1199 . S. auch Dok. Nr. 47, P. 3.

5

Nachdem die Spitzenorganisationen des deutschen Hotel- und Gaststättengewerbes sich in Verhandlungen mit dem REMin. bereiterklärt hatten, „die Einschränkungen bei der gewerbsmäßigen Verabfolgung von Speisen und Getränken, die infolge des Ernstes und der Not der Zeit geboten sind, im Wege der freiwilligen Vereinbarung und Bindung durchzuführen“, verzichtete der REM auf eine Regelung im Verordnungswege (Schreiben Luthers an die Spitzenorganisationen vom 25. 1. in R 43 I /1199 , Bl. 154-159, hier: Bl. 154).

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