2.25.1 (feh1p): [Kohlelieferungen an die Alliierten]

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[Kohlelieferungen an die Alliierten]

Direktor v. Simson schlägt vor, die Verpflichtung zur Lieferung von 2 Millionen Tonnen zu unterschreiben, wenn die Entente uns die Kohleverteilung[66] Oberschlesiens wieder überließe und im übrigen damit ihre Décision1 als erledigt ansehe. Eventuell müsse man selbst nachgeben, auch ohne Oberschlesien.

Im gleichen Sinne sprachen sich Schroeder und Bergmann aus. Letzterer unter Darlegung der Vorgeschichte, wonach die Kohlenfrage den hochpolitischen Charakter erst angenommen habe, seit den berühmten Gegenmaßregeln gegen die Anordnung Le Ronds, wonach den Polen 200 000 Tonnen mehr zu liefern seien2.

Herr v. Flotow weist auf die Steigerung der Braunkohleförderung hin, die schließlich einen gewissen Ersatz für Steinkohle durch Umstellung deutscher Betriebe gewähren könnte.

Nachdem sich die Minister Wirth und Hermes für die Annahme des Diktats ausgesprochen, Minister Scholz eine Regelung nach dem ersten Vorschlage des Herrn v. Simson als wünschenswert bezeichnet, ergibt sich im Laufe der Debatte die Notwendigkeit, die Lloyd George’schen Mitteilungen in ihren Einzelheiten etwas klarzustellen3. Es wird für zweckmäßig erachtet, hiermit den Professor Bonn zu betrauen, der nach Maßgabe der in der Anlage aufgeführten Punkte mit dem Privatsekretär Lloyd Georges in Verbindung treten soll4. Bis zu dessen Erledigung wird die Entscheidung ausgesetzt5.

Fußnoten

1

Diese „Décision“ war der dt. Delegation bereits zu Beginn der Kohleverhandlungen von Spa am 9. 7. übergeben worden. Darin hatten die Alliierten bestimmt, daß die RReg. den Kohlenlieferungen im Rahmen der Reparationen Vorrang vor allen anderen Lieferungen einzuräumen habe. Zur Einhaltung dieser Bestimmung und zur Organisation der Lieferungen sollte in Berlin eine ständige Delegation der Repko eingerichtet werden, die mit weitgehenden Vollmachten ausgestattet werden sollte. Zum Text dieser „Décision“ vgl. RT-Drucks. Nr. 187, Bd. 363 , Anlage 10. Zur Kohleverteilung in Oberschlesien s. Dok. Nr. 24, Anm. 4.

2

Hier handelte es sich um die Anordnung der Repko vom 29.5.1920. Siehe dazu Dok. Nr. 24, Anm. 4.

3

In der von Walther Rathenau vermittelten Besprechung zwischen RAM Simons und Lloyd George am Nachmittag des 14. 7. (s. Dok. Nr. 24, Anm. 2) hatte Lloyd George eine Reihe von Möglichkeiten aufgezeigt, die die festgefahrenen Kohlenverhandlungen wieder in Gang bringen sollten. Zwar hatte Lloyd George diese Möglichkeiten bereits in der all. Sitzung vom Vormittag des 14. 7. erwähnt (DBFP, 1st Series, Vol. VIII, p. 603 f.), doch geschah deren Weiterleitung an die dt. Seite offenbar ohne Abstimmung mit den übrigen Alliierten. So hatte Lloyd George Simons empfohlen, die all. Forderung über die Lieferung von 2 Mio t Kohle monatlich anzunehmen. Voraussetzung dafür sollte sein, daß Dtld. ausreichende Kredite erhielt, um im Ausland Lebensmittel für die Bergarbeiter zu kaufen. Zur Beschaffung dieser Kredite, so schlug Lloyd George vor, könne der Differenzbetrag zwischen dem dt. Inlandspreis und dem Weltmarktpreis verwandt werden. Auch bei der Auflage von Anleihen und bei der Beschaffung von Düngemitteln wollten die Alliierten behilflich sein. Lloyd George hatte mit der Frage geschlossen: „Could not the German Government make some proposal of this kind?“ (DBFP, 1st Series, Vol. VIII, p. 620).

4

Zur Person Prof. Bonns vgl. den Band „Das Kabinett Müller I“ dieser Edition, Dok. Nr. 19. Bonn war ein langjähriger Freund des Privatsekretärs von Lloyd George, Philip Kerr. Er hatte sich erboten, über diesen mit Lloyd George Verbindung aufzunehmen. Noch am gleichen Abend, im Anschluß an die Kabinettssitzung, übergab Bonn die dt. Fragen. Vgl. dazu M. J. Bonn, So macht man Geschichte, München 1953, S. 248 f. Die dt. Fragen wurden von den Alliierten in den Sitzungen vom 14. und 15. 7. behandelt. Dabei wurden die meisten Fragen bejaht; Uneinigkeit bestand nur in der Preisfrage. Siehe dazu DBFP, 1st Series, Vol. VIII, p. 613 f. und 621 f.

5

Protokolle weiterer Besprechungen und Kabinettssitzungen im Rahmen der Konferenz von Spa sind in R 43 I nicht zu ermitteln. Rathenau berichtet noch von einer Kabinettssitzung am Mittag des 16. 7. und von einer Delegationsbesprechung am Abend des 16.7.1920. Einzelheiten über die Abendsitzung des 16. 7. finden sich bei W. Rathenau, Tagebuch 1907–1922, S. 237. Zum weiteren Verlauf der Konferenz von Spa s. RT-Drucks. Nr. 187, Bd. 363, S. 17 –18 und Anlage 17–22; Schultheß 1920, II, S. 380–384 und DBFP, 1st Series, Vol. VIII, p. 621 f.

Das Kohleabkommen von Spa wurde am 16.7.1920 unterzeichnet. Siehe dazu RT-Drucks. Nr. 187, Bd. 363 , Anlage 21.

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