2.41.4 (sch1p): 4. [Staatsgerichtshof]

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4. [Staatsgerichtshof]

Reichsminister Preuß trug den anliegenden Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Staatsgerichtshofes vor und begründete ihn im einzelnen10.

[149] Reichsminister Schiffer empfahl, von der Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungs-Ausschusses abzusehen und den Staatsgerichtshof lediglich zur Durchführung des Verfahrens in solchen Fällen einzusetzen, wo der Beschuldigte es selbst beantragt habe. Es wurde jedoch mit 7 Stimmen gegen eine beschlossen, den Untersuchungs-Ausschuß beizubehalten, und mit gleichem Stimmenverhältnis, die Einleitung des Verfahrens auch gegen Personen, die es nicht selbst beantragt haben, zuzulassen. Zur Anklage soll jedoch in § 2 die Überzeugung des Untersuchungs-Ausschusses von der Schuld11 nicht gefordert werden, vielmehr soll zulänglicher Schuldverdacht für den Beschluß über die Eröffnung des Verfahrens genügen.

Direktor Simons und Direktor Joel empfahlen die Streichung des § 14 Abs. 2 über die Aberkennung der öffentlichen Ehrenrechte und der Wählbarkeit12.

Reichsminister Preuß setzte sich jedoch für die Beibehaltung dieser Vorschrift ein; besonders müsse unter Umständen die Wahl eines Verurteilten in den Reichstag verhindert werden können.

Die Beibehaltung der Vorschrift wurde beschlossen.

Der Entwurf soll nochmals überarbeitet werden13.

Fußnoten

10

Der 2. Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Staatsgerichtshofes wich erheblich von dem ersten ab (vgl. Dok. Nr. 10a, P. 9). Während Entwurf Nr. 1 vom RJMin. ausgegangen war, wurde Entwurf Nr. 2 am 6.4.1919 dem RKab. vom RIMin. übersandt (R 43 I /1244 , Bl. 4-9, 10-13). Während der GesEntw. des RJMin. sich völlig im Rahmen der geltenden strafrechtlichen Bestimmungen hielt, zielte der GesEntw. des RIMin. darauf ab, durch die Einbeziehung der NatVers in der Rolle als Klageinstanz ein politisches Element in das geplante Ermittlungsverfahren hineinzutragen. In der Begründung heißt es dazu: „[Die RReg.] hat sich entschlossen, der Nationalversammlung als der Trägerin der Volkssouveränität die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vorzuschlagen, um die Ereignisse zu prüfen, die zu dem Zusammenbruch Deutschlands geführt haben. Der Untersuchungsausschuß soll prüfen, ob Deutsche, die vermöge ihrer Stellung Einfluß auf jene Entwicklung der Dinge hatten, in begründetem Verdacht stehen, zu dem Ausbruch, der Verlängerung und dem Verlust des Krieges schuldhaft beigetragen zu haben. Ist so der Nationalversammlung in gewissem Sinne die Rolle des politischen Anklägers zugewiesen, so erfolgt die endgültige Entscheidung über die Schuldfrage durch einen Gerichtshof, der dem politischen Parteileben fernsteht und […] unparteiisch Recht sprechen wird. Die Zusammensetzung des Gerichtshofs aus höchsten Richtern des Reichs und aus Vertrauenspersonen der Nationalversammlung und des Staatenausschusses entspricht der Bedeutung der Aufgabe, die ihm gestellt ist. Um die volle Unabhängigkeit des Staatsgerichtshofs von der Nationalversammlung und dem Staatenausschuß sicherzustellen, ist bestimmt, daß Mitglieder dieser beiden Körperschaften bei der Entscheidung über die Schuldfragen nicht mitwirken dürfen.“ Im einzelnen sah der GesEntw. die Errichtung eines 15-köpfigen Ausschusses der NatVers. vor, der unter Ausschluß der Öffentlichkeit zu tagen habe (§ 1). Der Ausschuß sollte das Recht haben, jede in Frage kommende Person vor dem Staatsgerichtshof anzuklagen; darüber hinaus war jeder Deutsche befugt, ein Verfahren gegen sich selbst einzuleiten (§ 2). Der Staatsgerichtshof sollte aus 15 Mitgliedern bestehen; als Vorsitzender war der Präs. des Reichsgerichts vorgesehen, daneben vier weitere Berufsrichter, 5 Mitglieder der NatVers und 5 Mitglieder des Staatenausschusses (§ 4) (R 43 I /1244 , Bl. 4-9).

11

Die betr. Stelle im GesEntw. lautete: „Gelangt der Untersuchungsausschuß auf Grund seiner Erhebung zu der Überzeugung, daß bestimmten Personen ein Verschulden […] zur Last zu legen ist, so beschließt er, das Verfahren vor dem Staatsgerichtshof gegen sie zu eröffnen.“

12

„Im Falle der Feststellung eines Verschuldens kann der Staatsgerichtshof die dauernde Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter und zur Wählbarkeit in öffentlichen Körperschaften aussprechen.“

13

Siehe Dok. Nr. 39, P. 3.

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