2.61.2 (sch1p): 2. [Maßnahmen gegen Streiks]

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Das Kabinett ScheidemannReichsministerpraesident  Philipp Scheidemann Bild 146-1970-051-17Erste Kabinettssitzung der neuen deutschen Reichsregierung am 13.2.1919 in Weimar Bild 183-R08282Versailles: die deutschen Friedensunterhändler Bild 183-R11112Die Sozialisierung marschiert! Plak 002-005-026

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2. [Maßnahmen gegen Streiks]

Ausführliche Aussprache über die Gefahren, in die das ganze Reich durch die fortgesetzten Streiks gerät3, führt zu folgenden Ergebnissen:

a) Am 30. April 11 Uhr vormittags soll unter Zuziehung von Vertretern Bayerns, Württembergs, Sachsens und Badens mit der Preußischen Regierung u. a. ein Aufruf zur Verhütung von Streiks der Eisenbahner und Postbeamten besprochen werden. Inhalt etwa: Streik schweres Vergehen gegen das Volkswohl, Beamten verzichten durch Streik auf ihre besonderen Beamtenrechte, Nachgeben der Regierung nicht zu erwarten4.

b) Weitere Mittel zur Verhinderung von Streiks in lebenswichtigen Betrieben sollen erwogen werden (Streikverbot, obligatorisches Schiedsgericht, besondere Maßnahmen zur Sicherung der Arbeitsfreiheit, Pflicht zur Ausführung von Notstandsarbeiten).

c) Die Sozialisierung soll mit größtmöglichster Beschleunigung fortgeführt werden.

d) Gegen Aufhetzer zum Streik in lebenswichtigen Betrieben soll in den gesetzlich zulässigen Grenzen durch Verhaftung [ein-]geschritten werden.

e) Eine Anregung des Reichsministers Dernburg, eine Relation von Lebensmittelpreisen und Löhnen herzustellen, soll durch die nächstbeteiligten Ressorts geprüft werden. Dabei soll insbesondere eine Verbilligung der eingeführten Lebensmittel durch Reichszuschüsse erwogen werden.

Reichsminister Erzberger weist hierzu darauf hin, daß die bis August einzuführenden Lebensmittel insgesamt zwei bis drei Milliarden Mark kosten, während allein Eisenbahner und Postbeamte Lohnerhöhungen im Jahreswerte von zweieinhalb Milliarden fordern.

f) Reichsminister Dernburg bittet weitere großzügige Maßnahmen zur psychologischen[247] Beruhigung der Arbeiter zu erwägen, etwa die Gewinnbeteiligung des Reichs und der Arbeiter an allen Unternehmungsgewinnen und einer Risikoprämie für [?], die über 5% des investierten Kapitals hinausgehen. Es sei von höchster Wichtigkeit, daß die Regierung jetzt nach außen nicht gedankenarm erscheine.

Reichsminister Gothein erwidert, daß die Unklarheit des Begriffs „investiertes Kapital“ Schwierigkeiten bereite.

Reichsminister Erzberger, daß es sich hier um eine nicht sofort durchführbare Maßnahme handelt.

Reichsminister Wissell kündigt eine Denkschrift über die Erreichung des Arbeitsfriedens aus dem Reichswirtschaftsministerium an5.

Fußnoten

3

Der Hauptanlaß dieses TOP war die Ankündigung des dt. Eisenbahnerverbandes vom 27.4.1919, vom 7.5.1919 an den Eisenbahnerstreik auszurufen, falls sich die RReg. nicht bereit erkläre, rückwirkend vom 1.4.1919 an die Stundenlöhne um 1 Mark zu erhöhen (Vorwärts, Nr. 214, 28.4.1919). Hinzu kam die Streikdrohung der Telegrafenarbeiter, die eine Lohnerhöhung von 50% forderten; einem Schiedsspruch des RArbMin. zufolge wurde diese Forderung zwar abgelehnt, da sie für die RReg. eine finanzielle Mehrbelastung von ca. 25 Mio M bedeutete; jedoch sollten die Löhne der Telegrafenarbeiter denen der Eisenbahnarbeiter angeglichen werden. Der Verband der Telegrafenarbeiter lehnte den Schiedsspruch jedoch ab (Vorwärts, Nr. 212, 26.4.1919).

4

Siehe Dok. Nr. 57, P. 2 und 3.

5

Siehe Dok. Nr. 63 a.

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