2.65.7 (feh1p): 7. Behandlung von Anträgen neuer, insbesondere kommunistischer Zeitungen auf Papierzuteilung.

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7. Behandlung von Anträgen neuer, insbesondere kommunistischer Zeitungen auf Papierzuteilung5.

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Druckpapier unterlag seit dem 18.4.1916 der Zwangsbewirtschaftung (RGBl. 1916, S. 306 ). Auch nach dem Kriege war diese Zwangsbewirtschaftung aufrechterhalten worden, da sich die Lage in der Papierindustrie weiterhin als sehr schwierig erwies (RGBl. 1919, S. 2138 ).

Zum Zeitpunkt der Kabinettssitzung war die Papierversorgung durch die Bekanntmachung über Druckpapier vom 24.6.1920 (RGBl. 1920, S. 1336 ) geregelt. Danach mußte zur Neugründung oder Erweiterung von Zeitungen ein Antrag auf Zuteilung von Druckpapier gestellt werden. Um diese Anträge handelte es sich hier.

Der Reichswirtschaftsminister teilte mit, daß der Ausschuß für Papierverteilung6 beschlossen habe, eine Entscheidung der Chefs darüber herbeizuführen7, ob 5 kommunistischen Zeitungen in Berlin, Hamburg, Leipzig, Rheinland und Thüringen8 Papier geliefert werden solle. Bei den Erörterungen wurde einerseits darauf hingewiesen, daß es zweifelhaft sei, ob man den kommunistischen Zeitungen, welche den Terror auf ihre Fahne geschrieben hätten, auch noch Papier liefern solle; andererseits wurde zu bedenken gegeben, daß durch eine Nichtbelieferung der Grundsatz der Pressefreiheit verletzt würde und daß[163] es Sache der Staatsanwaltschaften usw. sei, im Falle strafbarer Handlungen der Zeitungen (Aufreizung zum Klassenkampf usw.) einzuschreiten. Nach weiteren Erörterungen beschloß man, die Besprechung hierüber heute abzubrechen und die Angelegenheit in der für Donnerstag in Aussicht genommenen Besprechung über die innere Lage nochmals zur Erörterung zu stellen9.

6

Der „Ausschuß für Papierzuteilung“, auch „Politischer Ausschuß“ genannt, hatte die Anträge zu prüfen, in denen Parteien oder Parteien nahestehende Gruppen um die Bewilligung von Druckpapier nachsuchten (Der RWiM an den RK am 27.3.1920, R 43 I /2464 , Bl. 105; s. dazu auch den Band „Das Kabinett Müller I“ dieser Edition, Dok. Nr. 67, Anm. 1). Dem Ausschuß gehörten je ein Vertreter der Rkei, des AA, des RIMin., des RWiMin, und der Wirtschaftsstelle für das dt. Zeitungsgewerbe an (Handschriftl. Notiz MinR Kempners vom 21.8.1920; diese Notiz betraf die Einladung zu einer Sitzung des Ausschusses, R 43 I /2464 , Bl. 281).

7

Die Anträge auf Bewilligung von Druckpapier für kommunistische Zeitungen lagen bereits seit Mai 1920 vor, doch hatte der Ausschuß für Papierzuteilung die Entscheidung immer wieder hinausgeschoben. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Frage hatte der Ausschuß schließlich beschlossen, über diese Anträge eine Entscheidung der Chefs herbeizuführen (Der RWiM an den RK am 28.8.1920, R 43 I /2464 , Bl. 284). Bereits in einem Schreiben vom 28.8.1920 an den RK hatte der RWiM darauf hingewiesen, daß eine Ablehnung der Anträge nicht mit dem Hinweis auf Papiermangel begründet werden könne. Der RWiM hatte weiter geschrieben: „Die Erzeugung von Druckpapier übersteigt gegenwärtig den Inlandsverbrauch nicht unerheblich, so daß für die nächsten Monate unter Voraussetzung voller Deckung des Bedarfs der deutschen Presse die Ausfuhr von Druckpapier in gewissem Umfange in Aussicht genommen worden ist. Wenn auch eine Zunahme des Inlandsverbrauchs und ein Rückgang der Erzeugung im Winter wieder zu einer Verschärfung der Lage des Papiermarktes führen kann, so kann dieser Umstand gegenwärtig zur Begründung der Ablehnung von Anträgen auf Papierzuweisung nicht gut herangezogen werden.“ (R 43 I /2464  Bl. 284).

8

Hier handelte es sich teils um Zeitungsneugründungen, teils um schon bestehende Zeitungen, die mehr Papier anforderten. Es waren dies die Zeitungen „Rote Fahne“, Berlin; „Der Kommunist“, Hamburg; „Der Klassenkampf“, Leipzig; „Rote Fahne“, Barmen und „Der Kommunist“, Erfurt (R 43 I /2464 ).

9

In seiner Sitzung vom 9.9.1920 beschloß das Kabinett zu prüfen, ob die Zuschüsse, die bisher vom Reich zur Verbilligung des Druckpapiers gezahlt wurden (RGBl. 1920, S. 919  und 1507 ), weitergewährt werden sollten. Bis zu dieser Entscheidung sollten neugegründete Blätter, gleichgültig welcher politischen Richtung, keine Papierzuweisungen erhalten. Siehe dazu Dok. Nr. 67, P. 5.

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