2.59 (mu11p): Nr. 59 Kundgebung des Reichsausschusses der deutschen Landwirtschaft beschlossen in der Sitzung am 21. April 1920

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Nr. 59
Kundgebung des Reichsausschusses der deutschen Landwirtschaft beschlossen in der Sitzung am 21. April 19201

1

Die Kundgebung wurde dem RK vom Reichsausschuß am 24.4.20 zugesandt (R 43 I /2535 , Bl. 134).

R 43 I /2535 , Bl. 135 f.

[Betrifft: Verhältnis der Landwirtschaft zur Reichsregierung.]

I. Der Reichsausschuß der deutschen Landwirtschaft erblickt in der Schaffung eines besonderen Fachministeriums für Landwirtschaft im Reiche die Erfüllung einer von ihm gestellten Forderung der Landwirtschaft2 und gibt der Erwartung Ausdruck, daß die seit Jahren von ihm im Namen der gesamten Landwirtschaft verlangten Förderung der Erzeugung als erste und grundlegende Maßnahme zum Wiederaufbau der Wirtschaftskraft Deutschlands und zur Sicherstellung der Ernährung des Volkes sofort und unter Beseitigung aller Widerstände in Angriff genommen wird. Der Reichsausschuß fordert, daß auch die leitenden Stellen der landwirtschaftlichen Verwaltung in den Ländern mit Fachleuten besetzt werden.

2

S. dazu Anm. 1 zu Dok. Nr. 47.

II. Der Reichsausschuß verurteilt die Proklamation des Generalstreiks durch die Regierung3 , durch den auch in der Landwirtschaft schwere Schäden entstanden sind, und weist darauf hin, daß die Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Erzeugung völlig unmöglich ist, solange es nicht gelingt, die landwirtschaftlichen Betriebe gegen die verbrecherische Tätigkeit bolschewistischer und kommunistischer Banden zu schützen, die durch Raub, Mord und Brand und durch die immer wiederholte Erzwingung von Streiks den Bestand des Vaterlandes auf das äußerste gefährden.

3

Gemeint ist die Billigung des Generalstreiks durch die RReg. während des Kapp-Putsches.

Der Reichsausschuß fordert namens der gesamten Landwirtschaft umfassenden und ausreichenden Schutz der landwirtschaftlichen Betriebe, Sicherheit der Person und des Eigentums und Verhinderung jeglicher politischen und wirtschaftlichen Diktatur. Er legt Verwahrung ein gegen die von dem Feindbund[145] verlangte Aufhebung der Einwohnerwehren und fordert deren Aufrechterhaltung. Er verlangt völlige Gleichberechtigung des Deutschen Reiches und legt gegen jede verfassungswidrige Bevormundung der Gewerkschaften der Angestellten und Arbeiter, insbesondere in der Einflußnahme auf die Besetzung der Regierungsstellen nachdrücklichst Verwahrung ein.

Der Landwirtschaft wird es unmöglich gemacht, sich weiterhin in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen, wenn auch fernerhin unverantwortliche Elemente unbestraft durch fortgesetzte Aufreizung zu Gewalttätigkeiten und Streiks die Grundlagen untergraben, auf denen allein ihre für Volk und Vaterland gleichwichtige Erzeugung aufrecht erhalten werden kann.

III. In Berücksichtigung des äußerst ungünstigen Standes der gesamten Ernährungswirtschaft fordert der Reichsausschuß der deutschen Landwirtschaft:

1.

Die Gewährung der für die Aufrechterhaltung der Betriebe und die Verwertung der Produktion erforderliche Bewegungsfreiheit, wie er dies in seiner Kundgebung gegen die Zwangswirtschaft zum Ausdruck gebracht hat4. Insbesondere die sofortige Durchführung von Lieferungsverträgen zur Regelung der Kartoffelversorgung zwecks Abbaues deren Zwangsbewirtschaftung5.

2.

Energische und durchgreifende Maßnahmen zur Hebung der Produktion.

4

Der Landbund hatte in einer Entschließung vom 17.2.20 erklärt, er werde zur Selbsthilfe greifen, wenn die Zwangswirtschaft nicht beseitigt werde (R 43 I /2525 , gefunden in R 43 I /2535 , Bl. 61 f.).

5

S. hierzu Dok. Nr. 97, P. 7.

IV. Angesichts der schweren Schäden, die der Landwirtschaft und Volksernährung durch die verkürzte Arbeitszeit entstanden sind, fordert der Reichsausschuß ferner dringend Sicherung der für die einzelnen Landesteile unbedingt erforderlichen Jahresarbeitszeit und die Verpflichtung zur Leistung von besonders zu bezahlenden Überstunden in dringenden Fällen.

Strengste Bestrafung der Aufforderung zum Bruch von Einzel- und Kollektivverträgen und des Bruchs dieser Verträge selbst. Energisches Vorgehen gegen die Personen, welche die ländlichen Arbeiter fortgesetzt zum Vertragsbruch, Streik und Gewalttätigkeit aufreizen. Einschränkung der heutigen unberechtigten Ausdehnung der Arbeitslosenunterstützung.

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