2.118.8 (sch1p): 8. [Vorbehalt für Militärpersonen bezüglich der verfassungsmäßigen Grundrechte]

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8. [Vorbehalt für Militärpersonen bezüglich der verfassungsmäßigen Grundrechte]

Kriegsminister Reinhardt beantragt, im Hinblick auf Militärpersonen einen Vorbehalt in die Verfassung zu den Bestimmungen über die Grundrechte aufzunehmen (Anlage)8. Das Kabinett beschließt nach kurzer Aussprache, eine besondere[467] Bestimmung in die Verfassung darüber nicht aufzunehmen. Der Reichsminister des Innern übernimmt es jedoch, eine Erklärung des Inhalts abzugeben, daß die aus der besonderen Natur des Beamten- und Militärverhältnisses sich ergebenden notwendigen Beschränkungen der staatsbürgerlichen Rechte der besonderen Regelung bei der Regelung des Beamten- und Militärverhältnisses vorbehalten werde.

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Der Einspruch des PrKriegsM galt dem Verfassungsentw. in der Form, wie sie nach der 2. Beratung im Verfassungsausschuß der NatVers vorlag (Nat Vers-Drucks. Bd. 336, Nr. 391). Danach umfaßte der Grundrechtskatalog die Art. 28–40; Art. 28, auf den Reinhardt sich bezog, lautete in der Fassung: „Alle Deutschen sind vor dem Gesetz gleichberechtigt. Alle öffentlichrechtlichen Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes sind zu beseitigen; ihre Wiederherstellung durch Gesetz oder Verwaltung ist verfassungswidrig.“ In dem Schreiben des PrKriegsMin. an die RReg. vom 11.6.1919 führt Reinhardt dazu u. a. aus: „Die nach dem Verfassungsentwurf […] gewährleisteten Grundrechte der Person würden mangels einer Einschränkung auch für Heeresangehörige volle Geltung haben. Mit Rücksicht auf die Erhaltung der Manneszucht und auf die dem Heer gestellten Aufgaben sowie im Hinblick auf den von der RReg. aufgestellten Grundsatz, daß im Heer keine Politik getrieben werden soll, werden sich jedoch gewisse Einschränkungen jener Bestimmungen nicht vermeiden lassen.“ Zur Aufnahme in die Verfassung schlug Reinhardt folgenden Text vor: „Inwieweit diese Vorschriften über die Grundrechte der Person für Heeresangehörige zur Erhaltung der Manneszucht und zur Erfüllung der dem Heere gestellten Aufgaben einer Einschränkung bedürfen, wird durch Reichsgesetz bestimmt.“ (R 43 I /1349 , S. 589). Während der 41. Sitzung des Verfassungsausschusses am 17.6.1919 erklärte RM Preuß, in den Grundrechtskatalog der Verfassung müßten auch Bestimmungen über die Grundpflichten aufgenommen werden; in dem Zusammenhang wies er darauf hin, daß auf diese Weise auch die verfassungsmäßigen Rechte und Pflichten der Militärs hinreichend berücksichtigt werden könnten, während sonst die Militärgesetzgebung auf verfassungsmäßige Schwierigkeiten stoßen könnte (NatVers-Drucks. Bd. 336, Nr. 391 , S. 504). Der Verfassungsausschuß nahm die Erklärung lediglich zur Kenntnis; jedoch wurde auf Antrag des Abg. Beyerle (BVP) ein Grundpflichtenartikel in den Entwurf aufgenommen, dem als Abs. 2 auf Antrag von Preuß der Passus folgte: „Die militärische Dienstpflicht richtet sich nach den Bestimmungen des Reichswehrgesetzes. Dieses bestimmt auch, wie weit für Heeresangehörige zur Erhaltung des Manneszucht und zur Erfüllung der Aufgaben des Heeres einzelne Grundrechte einzuschränken sind.“ Die so formulierte Fassung fand sich im Verfassungsentw. des Verfassungsausschusses, wie er am 18.6.1919 der NatVers zur 2. Lesung überreicht wurde, in Art. 130 (NatVers Bd. 336 , Drucks. Nr. 391 , S. 12). In der endgültigen Fassung der WRV findet sich der Passus, etwas unformuliert, aber inhaltlich nicht verändert, in Art. 133 Abs. 2. Das vorgesehene Reichswehrgesetz wurde am 23.3.1921 erlassen (RGBl. 1921, S. 329 ); die in §§ 36 und 37 festgelegten Einschränkungen der Grundrechte für Militärs betrafen die politische Betätigung, das Wahl- und Stimmrecht, die Teilnahme an Versammlungen und Vereinen sowie das Halten von Zeitungen.

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