1.224.2 (bru2p): 2. Entwurf einer zweiten Steueramnestieverordnung.

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2. Entwurf einer zweiten Steueramnestieverordnung.

Nach einleitenden Bemerkungen des Reichsministers der Finanzen erläuterte Ministerialdirektor ZardenZarden den Inhalt der den Reichsministern zugegangenen Vorlage vom 16. September 1931 […]5.

Er empfahl die Annahme der Fassung I der vorgelegten Verordnungsentwürfe.

Der Reichsverkehrsminister bat, die Reichsbahn-Anleihe lombardfähig zu gestalten.

Ministerialdirektor ZardenZarden erwiderte, daß die Laufzeit der Anleihe 10 Jahre betrage. Der Steueramnestant, der sie zeichne, müsse sie 5 Jahre lang in seinem Besitz behalten. Die näheren Bedingungen der Anleihe würden von der Reichsbahn, die die Anleihe zu emittieren habe, vorgeschrieben. Die Frage der Lombardfähigkeit und der Mündelsicherheit sei noch offen.

Der Reichswehrminister meinte, daß die nochmalige Verlängerung der Frist für die Steueramnestie in vielen Kreisen einen Sturm der Entrüstung hervorrufen werde. Er befürchte, daß man der Regierung Schwachheit vorwerfen werde. Er halte den Verordnungsentwurf nur dann für tragbar, wenn die Strafandrohungen für unrichtige Steuerdeklarationen und für diejenigen, die von[1708] den erweiterten Amnestie-Möglichkeiten keinen Gebrauch machen, erheblich verschärft werden.

Der Reichsbankpräsident erwiderte auf eine an ihn gestellte Frage, ob er auch die Verlängerung der Devisenaufrufsfristen empfehle, zunächst verneinend. Wenn aber der Anregung des Reichswehrministers auf Verschärfung der Strafbestimmung entsprochen werde und ferner die Einrichtung von Sondergerichten für die Verfolgung von besonders schweren Steuerdelikten vorgesehen werden sollte, spreche er sich auch für eine Verlängerung der Frist für die Devisenablieferung aus.

Staatssekretär Dr. JoëlJoël führte aus, daß man die Einrichtung von Sondergerichten nicht auf die Steuerdelikte beschränken könnte.

Der Reichskanzler erklärte, daß der Reichspräsident bereits den Wunsch geäußert habe, mit Rücksicht auf die gröblichen Terrorakte der letzten Zeit die Einrichtung von Sondergerichten ins Auge zu fassen. Schon aus diesem Grunde werde die Reichsregierung an der Einrichtung von Sondergerichten nicht vorbeikommen. Diesen Sondergerichten wären seiner Auffassung alsdann auch zuzuweisen die Fälle verbrecherischer geschäftlicher Mißwirtschaft.

Auf Wunsch des Staatssekretärs Joël wurde beschlossen, die Frage der Einrichtung von Sondergerichten zunächst zum Gegenstand einer Vorbesprechung im kleineren Kreise zu machen.

Die Beschlußfassung zur Sache wurde daher ausgesetzt bis zu einer für den Nachmittag in Aussicht genommenen neuen Kabinettsberatung. In der Zwischenzeit soll im Reichsjustizministerium eine Vorerörterung über die Frage der Einrichtung von Sondergerichten stattfinden. Für die Aburteilung durch Sondergerichte wurden folgende 3 Kategorien von Strafhandlungen ins Auge gefaßt:

a)

schwere Fälle verbrecherischer geschäftlicher Mißwirtschaft;

b)

Steuer- und Devisenhinterziehungen;

c)

gröbliche Terrorakte.

Ferner soll in der Vorbesprechung des Reichsjustizministeriums eine Formulierung für die Verschärfung der Strafbestimmungen für diejenigen, die von der erneuten Steueramnestie keinen Gebrauch machen, vorgeprüft werden.

Die Fortsetzung der Aussprache über diesen Beratungsgegenstand wurde sodann auf den gleichen Tag 5 Uhr nachmittags vertagt6.

Fußnoten

5

In dem NotVOEntw. war die Gültigkeit der SteueramnestieVO vom 23.8.31 (RGBl. I, S. 449 ) bis zum 15. 10. verlängert worden. Gleichzeitig war in dem Entw. denjenigen Zensiten, die bisher aus Furcht vor den steuerlichen Folgen und etwaiger sozialer Diskriminierung eine Selbstanzeige unterlassen hatten, die Möglichkeit eröffnet worden, ohne Deklaration vor dem Finanzamt die hinterzogenen Steuern über eine mit 4,5% niedrig verzinste RB-Anleihe an den Staat zu zahlen. Fassung I des Entw. dehnte die Amnestie auf die Jahre 1928 und 1929 aus; damit sollten Steuerdefraudanten, die im Jahre 1930 mit Verlust gearbeitet und daher keine Steuererklärung abgegeben hatten, erfaßt werden. Fassung II beschränkte die Amnestie auf das Jahr 1930 (Entw. mit Begründung in R 43 I /2407 , Bl. 261–286).

6

S. Dok. Nr. 477, P. 1 und P. 2.

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