Die Kabinettsprotokolle der Bundesregierung Band 12. 1959
herausgegeben für das Bundesarchiv von Hartmut Weber
bearbeitet von Josef Henke und Uta Rössel
unter Mitwirkung von Ralf Behrendt, Markus Buth, Ulrich Enders und Christoph Schawe
R. Oldenbourg Verlag München 2002
ISBN 978-3-486-56699-4
Im zehnten Jahr des Bestehens der Bundesrepublik Deutschland standen im Mittelpunkt der außenpolitischen Tagesordnungspunkte des Kabinetts insbesondere die Berlin-Krise, die Deutschlandfrage und damit eng verknüpft die Genfer Außenministerkonferenz der vier Siegermächte. An diesen ergebnislos endenden Beratungen über die Zukunft Deutschlands nahmen erstmals Vertreter beider Teile Deutschlands am berühmt gewordenen „Katzentisch“ teil. Zu wichtigen innenpolitischen Themen des Kabinetts gehörten u. a. die Auseinandersetzungen mit den Bundesländern um die Einrichtung eines zweiten Fernsehsenders, die Parteiengesetzgebung, die Neuordnung der sozialen Krankenversicherung, die Kriegsopferversorgung, die Ausgabe erster Volksaktien, der Abschluss der wirtschaftlichen Eingliederung des Saarlandes sowie die Wahl des zweiten Bundespräsidenten Heinrich Lübke. Die Protokolle wiederspiegeln zudem die Auseinandersetzungen innerhalb der Bundesregierung über den Umgang mit der neuen Flagge der DDR, die aus Anlass des zehnten Jahrestages ihrer Gründung erstmals mit hinzugefügtem Staatswappen gehisst wurde und den Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik in Frage stellte. Trotz allgemeiner positiver Konjunkturbilanz mit einer heute unvorstellbar niedrigen Arbeitslosenquote von 2,6 % war die Bundesregierung wegen der anhaltenden Absatzkrise im Steinkohlenbergbau und der Preissteigerungen für landwirtschaftliche Produkte zu eingreifenden Maßnahmen gezwungen. In einer großen Debatte des Bundestages über die Justizpolitik und im Fall des Bundesvertriebenenministers Oberländer hatte sich die Bundesregierung auch verstärkt mit dem Problem der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinanderzusetzen.