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Bild der Botschaft des Reichsverwesers Erzherzog Johann an das deutsche Volk, 15. Juli 1848

Botschaft des Reichsverwesers Erzherzog Johann an das deutsche Volk, 15. Juli 1848, Quelle: BArch, DB 54/11

Juli 1848

  • Bild der Botschaft des Reichsverwesers Erzherzog Johann an das deutsche Volk, 15. Juli 1848
    Botschaft des Reichsverwesers Erzherzog Johann an das deutsche Volk, 15. Juli 1848

Ende Juni 1848 hatte die Nationalversammlung die Schaffung einer provisorischen Exekutive für Deutschland beschlossen. Parlamentspräsident Heinrich von Gagern hatte mit seinem Vorschlag, einen "Reichsverweser" als provisorisches deutsches Staatsoberhaupt zu wählen, auch gleich einen passenden Kandidaten präsentiert: Erzherzog Johann von Österreich war sowohl für konservative und liberale als auch für linke Abgeordnete wählbar. Er stand in dem Ruf, offen für Reforminitiativen, volksnahe und gegenüber der nationalen Bewegung aufgeschlossen zu sein. Johann hatte eine Frau aus dem Bürgertum geheiratet, was im Hochadel selten vorkam. Und als Onkel des österreichischen Kaisers Ferdinand sollte seine Wahl dazu beitragen, die Habsburger Monarchie für die Idee eines auch Österreich umfassenden Deutschlands zu gewinnen.

Am 29. Juni 1848 stimmten 436 von 548 Abgeordneten für Erzherzog Johann und wählten ihn so mit einer überwältigenden Mehrheit zum Reichsverweser. Knapp zwei Wochen später, am 11. Juli, wurde ihm in Frankfurt am Main ein prunkvoller Empfang bereitet. Die politisch und gesellschaftlich aktive Frankfurterin Clothilde Koch-Gontard notierte: "Es war alles auf den Beinen, alles erwartungsvoll. […] Es erscholl ein unbeschreiblicher Jubel, es wurden ihm Hochs ohne Ende zugerufen und mit den Taschentüchern zugeweht." Der Dichter Ernst Moritz Arndt hingegen urteilte skeptisch: "Hier ist nun unser Alter, der auf seinen schmalen, gebückten Schultern das neugeborene Riesenkind tragen soll."
Johann richtete einen feierlichen Aufruf an das deutsche Volk, dem er Arbeit und Wohlstand in einem freien und geeinigten Deutschland versprach. Gleichzeigt mahnte er, dass diese Freiheit nur auf dem Boden von Gesetz und Ordnung bestehen könne und kündigte an: "Dem verbrecherischen Treiben und der Zügellosigkeit werde ich mit dem vollen Gewichte der Gesetze entgegentreten." Die linksradikalen Aufstände der letzten Monate blieben unvergessen.

Mit Johanns Amtsantritt löste sich die Bundesversammlung des Deutschen Bundes auf, deren Kompetenzen an die provisorische Zentralgewalt übergingen. Theoretisch verfügte der Reichsverweser über beträchtliche Macht: Ihm oblag die Leitung der Streitkräfte und die außenpolitische Vertretung Deutschlands. Er musste der Nationalversammlung keine Rechenschaft über seine Entscheidungen und sein Tun ablegen. Auch die Reichsminister konnte Johann ohne Einbeziehung des Parlamentes ernennen.
Das schwächte die Position der Abgeordneten zwar empfindlich, doch blieben ihnen in anderen Bereichen wichtige Einflussmöglichkeiten: Die Reichsminister sollten gegenüber der Nationalversammlung Rechenschaft ablegen. Verträge mit auswärtigen Mächten und die Entscheidung über Krieg und Frieden waren auf die Zustimmung des Parlamentes angewiesen. Und die Formulierung der Verfassung des zukünftigen Deutschlands blieb alleinige Kompetenz der Nationalversammlung.
Die Macht der provisorischen Regierung wurde zudem durch einen weiteren Umstand eingeschränkt: Sie war auf die Unterstützung durch die deutschen Einzelstaaten angewiesen. Denn es waren die Einzelstaaten, die die erlassenen Gesetze und Richtlinien umsetzen mussten.