
Der badische Kriegsminister flüchtet vor den aufständischen Soldaten der Bundesfestung Rastatt, Quelle: Illustrirte Zeitung, Bd. 12, Leipzig 1849, S. 393, BArch, Zt I Illustrirte Zeitung
Mai 1849
Indem er die ihm angebotene deutsche Kaiserkrone ablehnte, positionierte sich der preußische König Friedrich Wilhelm IV. eindeutig gegen die von der Nationalversammlung verabschiedete Verfassung. Eine knappe Mehrheit der Abgeordneten war jedoch nicht bereit, dies einfach hinzunehmen. Am 4. Mai 1849 rief das Frankfurter Parlament deshalb „die Regierungen, die gesetzgebenden Körper, die Gemeinden der Einzelstaaten, das gesamte deutsche Volk“ dazu auf, die Reichsverfassung „zur Anerkennung und Geltung“ zu bringen. Dieser Aufruf und die darauffolgenden Ereignisse gingen als „Reichsverfassungskampagne“ in die Geschichte ein. In zahlreichen deutschen Staaten erklärten sich die Landtage und Volksversammlungen für die Verfassung. In mehreren Regionen brachen Aufstände aus, um die Verfassung gegen den Willen der Herrscher durchzusetzen. Allerdings wurden manche Aufständische auch durch soziale Missstände motiviert oder hofften, statt einer konstitutionellen Monarchie die Republik durchsetzen zu können.
In dieser Krisensituation begannen die nur ein Jahr zuvor geschaffenen staatlichen und parlamentarischen Institutionen zu zerbrechen. Nach Österreich beriefen auch Preußen, Sachsen und Hannover ihre Abgeordneten aus Frankfurt ab. Dies war zwar rechtswidrig, aber effektiv: viele Abgeordnete waren Beamte, die mit einer Fortsetzung ihres Mandats ihr Beamtenverhältnis gefährdet hätten. Reichsverweser Johann von Österreich war nicht bereit, die Reichsverfassung gegen die Herrscher der Einzelstaaten durchzusetzen. Daraufhin trat die Reichsregierung um Heinrich von Gagern zurück. Das folgende, wesentlich konservativere Kabinett des Reichsverwesers stellte sich gegen die Nationalversammlung. Als daraufhin am 18. Mai 1849 eine knappe Mehrheit des Parlamentes beschloss, den Reichsverweser abzusetzen, führte dies zu einem Massenaustritt von Abgeordneten. Immer mehr konservativen und auch gemäßigten Abgeordneten gingen die Reichsverfassungskampagne und vor allem die damit verbundenen Aufstände zu weit. Damit gewannen zwar die Demokraten, die eine deutsche Republik forderten, die Mehrheit in der Nationalversammlung. Doch gleichzeitig schmolz das Parlament auf weniger als ein Drittel seiner früheren Größe zusammen. Dies stellten seine Beschlussfähigkeit und seine Legitimität zunehmend in Frage.
Gleichzeitig sah sich das Parlament direkt bedroht, da in der Nähe von Frankfurt preußische und österreichische Truppen standen. Im September 1848 hatte man die Soldaten noch zu Hilfe gerufen, um den Frankfurter Septemberaufstand niederzuschlagen. Doch nun befürchteten die Abgeordneten einen Einsatz der Truppen gegen die Nationalversammlung selbst. Am 30. Mai 1849 beschloss die Mehrheit der verbleibenden etwa 130 Parlamentarier deshalb, die Nationalversammlung nach Stuttgart zu verlegen.
Die im Zuge der Reichsverfassungskampagne aufflackernden Aufstände wurden meist rasch niedergeschlagen, wie etwa der vom 3. bis 9. Mai dauernde Dresdner Maiaufstand. Dessen blutige Niederwerfung durch sächsische und preußische Truppen kostete fast 300 Menschen das Leben. Anders sah es in der bayrischen Pfalz und vor allem in Baden aus, das zu einem letzten Zentrum der Revolution in Deutschland wurde. In der Pfalz hatte sich aus Protest gegen die Ablehnung der Reichsverfassung durch die bayrische Regierung ein Landesausschuss zur Verteidigung und Durchführung der Reichsverfassung gebildet. Eine provisorische Regierung wurde geschaffen, die die endgültige Trennung von Bayern vorbereitete.
In Baden erfasste der Aufstand nicht nur eine Stadt oder eine Region, sondern das ganze Land, begünstigt durch das ungewöhnlich dichte Netz der Volksvereine.
Ein entscheidender Impuls für den zeitweiligen Sieg der Revolution ging ausgerechnet von der badischen Armee aus: In der Bundesfestung Rastatt verbrüderten sich die badischen Soldaten der Garnison mit den revolutionär gestimmten Bürgern der Stadt. Sie verweigerten ihren Vorgesetzten den Gehorsam und forderten von ihnen einen Eid auf die Reichsverfassung und die Verbesserung der Lebensbedingungen der einfachen Soldaten. Selbst der am 12. Mai herbeigeeilte Kriegsminister Hoffmann konnte den Soldatenaufstand nicht stoppen. Die ihm unterstellten Truppen verweigerten ebenfalls den Gehorsam und verbrüderten sich mit den Aufständischen. Hoffmann blieb nur die eilige Flucht aus Rastatt. Der Aufstand erfasste ganz Baden und die übrigen Einheiten der badischen Armee. Großherzog Leopold floh am 13. Mai außer Landes und stellte sich unter preußischen Schutz. Die Pfalz und Baden schlossen ein Bündnis, gegen das allerdings bereits Truppen Preußens und anderer deutscher Einzelstaaten aufmarschierten.