
Zusammenfassung der von der Nationalversammlung in erster Lesung gefassten Beschlüsse über die Abschnitte der deutschen Reichsverfassung, Quelle: BArch, FSG 1/21, Bl. 30
Oktober 1848
Nach der Niederschlagung der Frankfurter Septemberunruhen 1848 setzte die Nationalversammlung ihre Arbeit fort. Allerdings wurden die wachsenden Unstimmigkeiten zwischen den Fraktionen immer deutlicher erkennbar. Vor allem die Gräben zwischen den konservativ-liberalen und den demokratisch-radikalen Abgeordneten vertieften sich. Umso bemerkenswerter waren die Fortschritte, die die Nationalversammlung bei ihrer Arbeit an einer deutschen Reichsverfassung erzielte. Die Abgeordneten einigten sich auf mehrere Abschnitte, die in der ersten Lesung der Nationalversammlung im Oktober 1848 beschlossen wurden. Anders als andere Nationalstaaten verankerten die Abgeordneten den Föderalismus in den ersten Entwürfen der Reichsverfassung. Die einzelnen Länder sollten ihre Souveränität und Selbstständigkeit behalten.
Die politischen Zeichen standen allerdings weiterhin auf Sturm: im politisch unruhigen Wien führte der Beschluss des österreichischen Kriegsministeriums, Truppen zur Niederwerfung der ungarischen Selbstständigkeitsbestrebungen einzusetzen, zur Wiener Oktoberrevolution. Die durch tiefgreifende soziale und wirtschaftliche Probleme mobilisierte Bevölkerung rebellierte. Es kam zu blutigen Straßenkämpfen zwischen den kaiserlichen Truppen und den von Teilen der Nationalgarde und der Akademischen Legion unterstützten Aufständischen, die die Kontrolle über die Stadt errangen. Der österreichische Kriegsminister Theodor Baillet von Latour wurde im Verlauf der Aufstände ermordet. Daraufhin zog Österreich Truppen zur Niederschlagung des Aufstandes zusammen. Das österreichische Militär ignorierte alle aus Frankfurt kommenden Forderungen nach Verhandlungen.
Die demokratische Fraktion der Frankfurter Nationalversammlung schickte eine aus den Abgeordneten Robert Blum, Julius Fröbel, Albert Trampusch und Moritz Hartmann bestehende Delegation nach Wien, das kurz darauf von den kaiserlichen Truppen eingeschlossen, bombardiert und in blutigen Straßenkämpfen erobert wurde. Julius Fröbel und Robert Blum beteiligten sich aktiv an der Verteidigung Wiens, die jedoch angesichts der gewaltigen militärischen Überlegenheit der Angreifer chancenlos blieb. Wie viele Menschenleben die Eroberung Wiens kostete, ist umstritten. Die Schätzungen reichen von etwa 400 bis über 2.000 Menschen – überwiegend Verteidiger Wiens und unbeteiligte Zivilisten. Die blutige Niederschlagung des Wiener Oktoberaufstandes war ein unübersehbares Zeichen für das Erstarken der Gegenrevolution. Bald sollten weitere folgen.