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Haftstättenverzeichnis

Konzentrationslager und Außenlager

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Schlange wartender jüdischer Häftlinge vor Baracken im KZ Salaspils in Lettland, Russland

Quelle: Bundesarchiv, Bild 101III-Duerr-056-12A; Foto: Dürr

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Das System der Konzentrationslager in Europa umfasste in der Zeit zwischen 1936 und 1945 insgesamt 24 Hauptlager und über 1.000 Außenlager. Gerade bei den frühen Konzentrationslagern, aber auch bei den im Zweiten Weltkrieg in den besetzten Gebieten errichteten bzw. übernommenen Lagern sind die Grenzen und Übergänge zwischen Konzentrationslagern und anderen Haftstätten zum Teil schwer zu bestimmen. Dies deckt sich mit der zeitgenössischen Perspektive: Unterschiedliche Haft- und Terrorstätten im Zeitraum zwischen 1933 und 1945 wurden als Konzentrationslager wahrgenommen, die formell keine waren. Die „frühen“ Konzentrationslager zwischen 1933 und 1934 unterscheiden sich in ihrer Funktion stark von den „späteren“ Konzentrationslagern ab 1936 sowie von den erst im Krieg errichteten Konzentrations- und Vernichtungslagern wie Auschwitz-Birkenau. Die „frühen“ Konzentrationslager dienten den Nationalsozialisten vor allem zur politischen Gegnerbekämpfung nach der Machtübernahme. Seit März 1933 entstanden binnen kurzer Zeit über 70 Konzentrationslager, dazu kamen „Schutzhaftabteilungen“ in Justiz - und Polizeigefängnissen. Manche dieser frühen Lager wie Oranienburg bei Berlin bestanden nur einige Wochen oder Monate. Sie waren Orte des Terrors gegen politische Gegner, vor allem Kommunisten und Sozialdemokraten, die willkürlich per Schutzhaft- Befehl in die Konzentrationslager eingeliefert wurden. Die dort inhaftierten Häftlinge erlebten die Konzentrationslager als eine Situation der vollständigen Entrechtung und der absoluten Willkür. Sie waren dem gewalttätigen Sadismus der Wachmannschaften schutzlos ausgeliefert und mussten sinnlose Arbeiten ausführen, die ausschließlich der Erniedrigung dienten. Schlechte hygienische Bedingungen gehörten genauso zum Alltag wie eine unzureichende Ernährungssituation. Die Häftlingskleidung, die vorgegebene Haarlänge wie auch die Unterbringung in Massenunterkünften diente dem nationalsozialistischen Ziel der Auslöschung der Persönlichkeit. Die frühen Konzentrationslager wiesen noch keine einheitliche Struktur auf. Sie unterschieden sich sowohl hinsichtlich der Verwaltungsstruktur als auch in Bezug auf die Bewachung. Der KZ-Kommandant Theodor Eicke führte im Oktober 1933 im Konzentrationslager Dachau eine „Lagerordnung“ ein, die mit geringen Abweichungen in allen zu jener Zeit existierenden Lagern eingeführt wurde und bis in die Kriegsjahre Bestand hatte. Dies führte zu einer ersten Systematisierung der Lager. Ab Mai 1934 wurden die kleineren Konzentrationslager Schritt für Schritt aufgelöst und eine Anzahl größerer Konzentrationslager (KL) nach dem „Dachauer Modell“ errichtet. Diese wurden der „Inspektion der Konzentrationslager“ (IKL) unterstellt.

Das KL Sachsenhausen bei Berlin fungierte ab Sommer 1936 als „Musterlager“ – ein auf Dauer angelegter neuer Lagertypus. Ausgehend davon entstanden neue größere Konzentrationslager wie das KL Buchenwald, das KL Flossenbürg und das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. Diese Lager besaßen eine einheitliche Organisationsstruktur, die aus Kommandantur, Politischer Abteilung, Schutzhaftlager, Verwaltung, Lager- oder Standortarzt sowie den Wachmannschaften bestanden. Diese waren der SS unterstellt. Die politische Polizei war für die Einweisungen zuständig. Die IKL bestimmte die Bedingungen im jeweiligen Lager. Vor allem ab der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre wurden neben politischen Gegnern zunehmend andere Bevölkerungsgruppen in den Konzentrationslagern inhaftiert, die nicht dem nationalsozialistischen Ideal der „Volksgemeinschaft“ entsprachen. Darunter fielen unter anderem religiöse Gemeinschaften wie die Zeugen Jehovas, aber auch Homosexuelle, Jüdinnen und Juden und andere aus rassistischen Gründen verfolgte Minderheiten wie Sinti und Roma; letztere wurden neben unterschiedlichen anderen Personengruppen in der Regel der Häftlingskategorie der so genannten „Asozialen“ zugeordnet. Relativ früh wurden als „Berufsverbrecher“ angesehene Personen inhaftiert. Diese wurden zum Teil von der Justiz an die Lagerleitungen übergeben.

Mit Kriegsbeginn expandierte das Lagersystem. Bis 1942 wurden sechs weitere Konzentrationslager eingerichtet, von denen die meisten in den Grenzregionen des Deutschen Reichs lagen. Ab diesem Zeitpunkt waren keine Entlassungen aus dem KZ mehr vorgesehen. Gleichzeitig veränderte sich die Zusammensetzung der Häftlinge: Neben der verstärkten Verfolgung und Inhaftierung tatsächlicher und vermeintlicher politischer Gegner des NS-Regimes kamen nun in großer Zahl Häftlinge aus den besetzten Gebieten hinzu, darunter z.B. sowjetische Kriegsgefangene sowie „Nacht- und Nebelhäftlinge“, die ab 1941 zur Abschreckung der Bevölkerung ohne Mitteilung über ihren Verbleib aus den besetzten Gebieten in die Konzentrationslager deportiert wurden. Davon betroffen waren rund 7.000 des Widerstands verdächtige Personen aus Frankreich, Belgien und die Niederlanden, die nach Deutschland verschleppt und abgeurteilt wurden. Mit Beginn des Krieges verschärften sich auch die Haftbedingungen weiter: Misshandlungen, Hunger, fehlende medizinische Versorgung und die massive Ausbeutung bis hin zur Vernichtung durch Zwangsarbeit sowie willkürliche und systematische Ermordungen von Häftlingen waren an der Tagesordnung.

Alle Konzentrationslager hatten Außenlager bzw. Außenkommandos. Die Außenlager unterstanden der Verwaltung und Verfügungsgewalt des jeweiligen Stammlagers und waren von unterschiedlicher Größe und Dauer. Häftlinge, die Zwangsarbeit in den Außenkommandos verrichten mussten, kehrten hingegen in der Regel nach dem täglichen Arbeitseinsatz in das Hauptlager zurück. Während die Stammlager befestigt waren und über eine komplexe Überwachungsstruktur verfügten, variierte dies bei den Außenlagern. Diese waren zum Teil nur mit einem Stacheldraht umzäunt oder die Häftlinge waren in Gebäuden untergebracht, die sich in der Nähe der Arbeitsstätte befanden. Mobile Außenkommandos wurden von SS-Wachmannschaften begleitet und überwacht.

Durch den zunehmenden Arbeitseinsatz der Häftlinge in den Siedlungs- und Bauprojekten der SS und der Rüstungsindustrie wurde die IKL im Februar 1942 dem „SS – Wirtschafts- Verwaltungshauptamt“ unter der Leitung von Oswald Pohl unterstellt. Ab 1942 dienten die Konzentrationslager zum einen verstärkt als Stätten der Ausbeutung zur Zwangsarbeit, zum anderen entstanden mit dem 1940 errichteten Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau und dem 1941 erbauten KL Majdanek im „Generalgouvernement“ Orte der Massenvernichtung.

Nachdem die Ermordung der europäischen Juden seit Sommer 1941 beschlossen war, wurde das im Mai 1940 errichtete KZ Auschwitz - in der Nähe von Krakau - zum zentralen Ort für die geplante Massenvernichtung gewählt. Auschwitz, das größte Vernichtungslager, war ab Sommer 1942 das zentrale Ziel von Deportationszügen aus den besetzten europäischen Ländern. Auschwitz und zeitweise auch Majdanek hatten eine Doppelfunktion als KZ und Vernichtungslager. Die in Zügen nach Auschwitz verschleppten Menschen wurden an der Rampe selektiert, d. h. nach Arbeitsfähigkeit oder Unfähigkeit getrennt. Alte, Kranke, Frauen mit kleinen Kindern wurden sofort ausgesondert und zur Ermordung mit dem Giftgas Zyklon B nach Auschwitz-Birkenau verbracht. Die Arbeitsfähigen wurden zur Zwangsarbeit in die vielen Nebenlager gebracht. Auschwitz-Monowitz mit den Buna-Werken war das bekannteste. Reine Vernichtungslager dagegen waren Chelmno in der Nähe von Lodz, Belzec, Sobibor und Treblinka, die im Frühjahr und Sommer 1942 im so genannten Generalgouvernement errichtet worden waren. Allein in Treblinka wurden schätzungsweise über 900.000 Juden ermordet. In diesen Vernichtungslagern wurden auch nichtjüdische Häftlinge wie Sinti und Roma und Kriegsgefangene ermordet. Diese Lager wurden im Laufe des Jahres 1943 aufgelöst, die Spuren vernichtet und dem Erdboden gleichgemacht.

Ab 1943 nahm die Anzahl der Außenkommandos bzw. Außenlager stark zu. Darüber hinaus wurden weitere Terrorstätten in Ost - und Südosteuropa – Ghettos, Gestapogefängnisse und Zwangsarbeiterlager für Juden – zu Konzentrationslagern bzw. zu deren Außenlagern erklärt, die sich jedoch strukturell unterschieden und zum Teil mehr als Sammel- und Durchgangslager fungierten. Ab 1944 begannen die Nationalsozialisten mit der Verlagerung kriegswichtiger Produktionsstätten, die bisher noch nicht Ziel von Luftangriffen waren. In diesem Rahmen entstanden weitere eigenständige Konzentrationslagerkomplexe wie z.B. das vormalige Buchenwalder Außenlager Dora-Mittelbau. Im letzten Kriegsjahr überstieg die Anzahl der Häftlinge in den Außenlagern die der Stammlager.

Mit der beginnenden Räumung der Konzentrationslager aufgrund des Näherrückens der Roten Armee existierten ab Sommer 1944 noch 15 Stammlager. Zwischen einem Drittel und fast der Hälfte der noch im Januar 1945 gefangengehaltenen über 700.000 KZ-Häftlinge kamen in den letzten Kriegsmonaten ums Leben. Aufgrund der katastrophal verschlechterten Lebensbedingungen in den Lagern starben viele der Inhaftierten an Unterernährung, Krankheiten und Auszehrung oder in Folge der Vernichtung durch Arbeit. Ein anderer Teil der Häftlinge wurde schließlich bei Massenerschießungen der Wachmannschaften in den Lagern oder auf den Todesmärschen in den letzten Kriegsmonaten und Kriegstagen ermordet.

Literaturauswahl:

Benz, Wolfgang & Barbara Distel (Hg.). Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 1-9. München 2005-2009.

Herbert, Ulrich; Orth, Karin & Dieckmann, Christoph (Hg.). Die nationalsozialistischen Konzentrationslager. Entwicklung und Struktur. Frankfurt am Main 2002.

Kogon, Eugen. Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager. München 2004.

Orth, Karin. Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Eine politische Organisationsgeschichte. Hamburg 1999.

Tuchel, Johannes. Konzentrationslager. Organisationsgeschichte und Funktion der „Inspektion der Konzentrationslager“ 1934-1938. Boppard am Rhein 1991.

Tuchel, Johannes. Die Inspektion der Konzentrationslager 1938 – 1945. Berlin 1994.