1.118.2 (lut2p): 2. Kurzarbeiterfürsorge.

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2. Kurzarbeiterfürsorge5.

5

Zur vorangegangenen Kabinettsberatung über den vom RArbM vorgelegten „Entwurf einer Anordnung über Kurzarbeiterfürsorge“ vgl. Dok. Nr. 278, P. 1 a.

Der Reichsarbeitsminister führte aus, daß der Sozialpolitische Ausschuß des Reichstags in der Frage der Kurzarbeiterfürsorge den Beschluß gefaßt habe, die Reichsregierung zu ersuchen, folgende Punkte zu berücksichtigen:

1.

den Termin der Unterstützungstage nicht nach Ledigen und Verheirateten zu differenzieren;[1114]

2.

die Kurzarbeiterunterstützung für den 3., 4. und 5. ausgefallenen Arbeitstag in Höhe des Tagessatzes zu bemessen, den der Kurzarbeiter als Vollerwerbsloser erhalten würde;

3.

in eine Prüfung darüber einzutreten, ob in Betrieben, in denen Kurzarbeit nicht durch den Ausfall voller Arbeitstage durchführbar ist, nicht auch dann Unterstützung eintreten kann, wenn die umgerechneten Stunden die erforderliche Zahl von Arbeitstagen ergeben, wobei die besonderen Arbeitsverhältnisse der Angestellten zu berücksichtigen sind6.

6

Vgl. den „Mündlichen Bericht des 9. Ausschusses (Soziale Angelegenheiten)“ vom 19. 2. (RT-Drucks. Nr. 1940, Bd. 406 ).

Dazu habe er folgendes zu bemerken: Zunächst sei wohl der Weg der Verordnung zu empfehlen, nicht der Gesetzesweg. Sodann halte er es für richtig, den Unterschied zwischen Ledigen und Verheirateten ganz fallenzulassen. Auch die Forderungen zu Punkt 2 glaube er aus politischen Gründen bewilligen zu können; ebenso sehe er für die Erfüllung von Punkt 3 keine nennenswerten Schwierigkeiten. Was dann noch die Betriebe, die weniger als 20 Arbeiter beschäftigten, anlange, so schlage er vor, hier eine geringere Arbeiterzahl zu nehmen, da sonst nach seiner Auffassung im Reichstag keine Mehrheit zu erreichen sei.

Der Reichswirtschaftsminister schloß sich zunächst in dem letzten Punkt dem Reichsarbeitsminister an und erklärte, daß ihm die Zahl von 10 Arbeitern das richtige erscheine. Er teilte ferner die Ansicht des Reichsarbeitsministers, daß man einen Unterschied zwischen Ledigen und Verheirateten wohl nicht machen könne. Dagegen widerspricht er der Zubilligung einer Kurzarbeiterunterstützung für den fünften ausgefallenen Arbeitstag.

Der Reichsminister der Finanzen glaubt, daß man wohl auf die Zahl 10 bezüglich der Arbeiterzahl herabgehen könne, dagegen halte er unbedingt fest an dem Unterschied zwischen Ledigen und Verheirateten.

Der Staatssekretär Hagedorn trat für Differenzierung der Ledigen und Verheirateten ein.

Der Reichsminister des Innern stellte sich vollkommen auf den Standpunkt des Reichsarbeitsministers.

Der Reichskanzler warf die Frage auf, ob es sich nicht doch empfehle, hier den Weg des Gesetzes zu beschreiten. Die Maßnahmen des Reichstags trügen speziell in letzter Zeit reinen wahlpolitischen Charakter, durchaus keinen sozialen, und es entstehe die Frage, ob man nicht hier jetzt schon den Reichstag vor die volle Verantwortung stellen solle.

Staatssekretär Hagedorn teilte mit, daß er in seinem eigenen Betriebe zur Zeit etwa 70 bis 80 Mann beschäftige. Aus dem Kreise seiner Leute sei bemerkt worden, daß man wohl nach Einführung der Kurzarbeiterunterstützung den Betrieb verringern könne, ohne die Arbeiter zu verlieren.

Der Reichsminister des Innern erwiderte auf die Anregung des Kanzlers, daß ihm der jetzige Moment, eine Kraftprobe zu machen, nicht geeignet erscheine. Dafür werde wohl der Mai – bis dahin sei ja die Verordnung befristet[1115] – günstiger sein, da dann die Erwerbslosenziffer wohl im Abflauen begriffen sein würde.

Der Reichsminister der Finanzen betonte, daß angesichts der Tatsache, daß die Verordnung bis 1. Mai befristet sei, er glaube, die durch die Verordnung zweifellos herbeigeführte Produktionsschädigung außer acht lassen zu können.

Das Kabinett beschloß entsprechend dem Antrage des Reichsarbeitsministers mit der Maßgabe, daß Betriebe mit weniger als zehn Arbeitern von der Kurzarbeiterunterstützung ausgeschlossen sein sollen sowie daß für den fünften ausgefallenen Arbeitstag eine Unterstützung nicht gewährt wird7.

7

Zur Modifizierung dieses Beschlusses s. Dok. Nr. 292, P. 7 a.

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