2.20.2 (bru1p): 2. Entwurf eines Gesetzes über das deutsch-polnische Wirtschaftsabkommen.

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[59] 2. Entwurf eines Gesetzes über das deutsch-polnische Wirtschaftsabkommen.

Der Reichsminister des Auswärtigen sprach sich dafür aus, daß das Reichskabinett dem Gesetzentwurfe sofort zustimmt. Im Grunde sei es lediglich eine Formsache, weil die einzelnen Fragen bereits eingehend behandelt worden seien. Die Kontinuität der Handelspolitik solle und müsse gewahrt werden5.

5

Den GesEntw. über das dt.-poln. Wirtschaftsabkommen mit erläuternder Denkschrift hatte der RAM am 14.4.30 der Rkei. übersandt (R 43 I /1109 , Bl. 103–147).

Die neuen agrarpolitischen Maßnahmen der Reichsregierung hätten in Polen starke Unruhe hervorgerufen6. Dort herrsche in der Öffentlichkeit die Auffassung, daß dieses Vorgehen weder mit dem deutsch-polnischen Handelsvertrage, noch mit dem Ergebnis der Zollfriedenskonferenz7 zu vereinbaren sei. Es sei fraglich, ob die Polen ihr Parlament, das vertagt worden sei, zu einer besonderen Sitzung für die beiden deutsch-polnischen Verträge einberufen würden. Den Polen dürfe möglichst kein Vorwand gegeben werden, ihre Entscheidungen zurückzustellen.

6

Der deutsche Gesandte in Warschau, Rauscher, meldete am 25.4.30 telegraphisch dem AA, der poln. Außenminister Zaleski habe Befürchtungen über neue dt. Zollerhöhungen geäußert (R 43 I /1109 , Bl. 165). Der dt. Geschäftsträger in Paris, Rieth, berichtete über Versuche der poln. Botschaft, die frz. Reg. zu Schritten gegen die dt. Zollmaßnahmen zu bewegen (Telegramm Nr. 433 vom 25.4.30 in R 43 I /1109 , Bl. 167–169).

7

Auf der Genfer Zollfriedenskonferenz, die vom 17. 2.–24.3.30 stattgefunden hatte, war u. a. vereinbart worden, bis zum 1.4.31 die bestehenden Handelsverträge und Abkommen nicht zu kündigen und während dieses Zeitraums ablaufende Verträge bis zum gleichen Datum in Kraft zu lassen; Zollerhöhungen sollten spätestens zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens den anderen Staaten mitgeteilt werden: Schultheß 1930, S. 456–458. Vgl. zur Zollfriedenskonferenz auch diese Edition, Das Kabinett Müller II, Dok. Nr. 439, P. 1, Dok. Nr. 472, Dok. Nr. 481, P. 5.

Eine Vertagung würde in Deutschland die Kreise beunruhigen, die am Außenhandel interessiert seien8. Möglicherweise sei es richtiger, daß sich die gegensätzlich eingestellten Kreise nun mit dem Vertrage abfänden, nachdem ihnen die weitgehenden agrarpolitischen Maßnahmen der Reichsregierung zugute kämen9.

8

Für den Abschluß des dt.-poln. Handelsabkommens traten vor allem der RdI und der DIHT ein. Der Zweckverband nordostdeutscher Industrie- und Handelskammern hatte bereits 1928 einen dt.-poln. Handelsvertrag gefordert (Schreiben vom 15.10.29 in R 43 I /1108 , Bl. 335–336). RdI (Schreiben vom 8.4.30 in R 43 I /2543 , Bl. 64) und DIHT (Schreiben vom 9.4.30 in R 43 I /2543 , Bl. 98) sprachen sich für die Ratifikation des Abkommens aus, das durch die Erhöhung des Schweinezolls nicht gefährdet werden dürfe.

9

Gegen die dt.-poln. Wirtschaftsverhandlungen hatte sich eine Denkschrift des Dt. Landwirtschaftsrats vom 5.2.29 gewandt (R 43 I /1108 , Bl. 8–29). Entschließungen des Schlesischen Landbundes vom 6.11.29 (R 43 I /1108 , Bl. 372–373) und des Reichslandarbeiterbundes vom 12.11.29 (R 43 I /1108 , Bl. 381–382) hatten vor dem Abschluß des Vertrages gewarnt; der Brandenburgische Landbund hatte im November 1929 den Aufruf „Rettet den Osten! Schützt uns vor Polen!“ erlassen (Schreiben vom 22.11.29 in R 43 I /1108 , Bl. 389–391).

Dieser Auffassung widersprach der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft. Er hielt es im Gegenteil für zweckmäßig, das Einverständnis für den deutsch-polnischen Handelsvertrag in diesen Kreisen zunächst noch anzustreben. Wenn hierzu bis Anfang Mai Zeit bliebe, so würde dies im Rahmen der gesamten inneren Politik erwünscht sein. Sachlich müsse er noch die[60] Abmachungen zwischen Industrie und Polen und die Frage prüfen, ob die Veterinärautonomie in dem Vertrage ausreichend gewährleistet sei.

Nachdem zu diesem Vorbringen noch zustimmend vom Reichsminister für die besetzten Gebiete und unter Hinweis auf die Bedenken vom Reichsminister des Auswärtigen Stellung genommen worden war, erklärten sich der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft und der Reichsminister für die besetzten Gebiete ausdrücklich bereit, dem Vertrage in der Sitzung am 1. Mai 1930 zuzustimmen10.

10

Siehe Dok. Nr. 24, P. 2.

Die Verhandlungen wurden daraufhin vertagt. Sie sollen spätestens am 1. Mai 1930 zu Ende geführt werden.

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