1.191.2 (bru3p): 2. Frage der Stillhaltung bezüglich der Anleihen von Ländern und Gemeinden.

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2. Frage der Stillhaltung bezüglich der Anleihen von Ländern und Gemeinden.

Ministerialdirektor Ruppel trug vor, daß gegenwärtig in Berlin Verhandlungen mit den an der Stillhaltung beteiligten Gläubigergruppen geführt werden, wegen der kurzfristigen Auslandsschulden der deutschen Länder und Gemeinden. Diese Schulden werden von dem im Januar abgeschlossenen Stillhalteabkommen 193211 nicht mit erfaßt. Es war aber schon im Dezember 1931 in Aussicht genommen worden, daß durch nachträgliche Verhandlungen zwischen den Schuldnern und den Gläubigergruppen entsprechende nachträgliche Vereinbarungen getroffen werden sollten. Das deutsche Angebot vom Dezember enthielt folgende drei Hauptbedingungen:

11

Vgl. Dok. Nr. 633.

1)

Stillhaltung auf ein Jahr.

2)

Rückzahlung von 10% des Kapitals.

3)

Vereinbarung eines festen Zinssatzes von 6 v. H.

Dieses generelle Angebot war von den Gläubigergruppen abgelehnt worden. Die Reichsbank hat sich aber bereiterklärt, auf dieser Basis mit denjenigen Gläubigern Einzelabkommen abzuschließen, die auf diese drei Bedingungen eingehen wollten. Daraufhin sind mit den amerikanischen Gläubigern entsprechende Einzelabkommen zustande gekommen. Die zur Zeit stattfindenden Verhandlungen erfolgen auf Betreiben der Engländer, um zu versuchen, nachträglich ein generelles Abkommen wegen der noch nicht geregelten kurzfristigen Verschuldung von Ländern und Gemeinden zustande zu bringen. Die Verhandlungen drohen aber zu scheitern, weil die Gläubigergruppen auf die deutsche Forderung nach einem festen Zinssatz von 6 v. H. nicht eingehen wollen. Ein Scheitern der Verhandlungen würde insofern[2408] unerwünschte Rückwirkungen im Gefolge haben, als die Gläubiger-Mächte die deutsche Seite für das Scheitern voll verantwortlich machen und den Vorwurf erheben, daß Deutschland seine Rolle als Schuldner in unbilliger Weise ausnutze. Sie haben in der Zinsfrage ihrerseits das Angebot gemacht, die Höhe auf die jeweilige Bankrate des Gläubigerlandes plus 2%, mindestens aber auf 6% festzusetzen. Das würde für den gegenwärtigen Augenblick bedeuten, daß die Zinsen gegenüber der Mehrzahl der Länder 6% nicht übersteigen, da die Bankrate bei der Mehrzahl der Länder zur Zeit unter 4 v. H. liegt.

Ministerialdirektor Ruppel glaubte empfehlen zu müssen, an der starren Forderung von 6 v. H. Zinsen deutscherseits nicht festzuhalten, vielmehr ein elastischeres Angebot zu machen.

Geheimrat Vocke dagegen erklärte, daß die Reichsbank mit Rücksicht auf ihre zukünftige Devisenpolitik größten Wert darauf legen müsse, an der 6%igen Verzinsung grundsätzlich festzuhalten.

Ministerialdirektor Ruppel meinte demgegenüber, daß man entsprechend einem Vorschlage von Herrn Schlieper versuchen wollte, das Angebot Bankrate plus 2% in der Form anzunehmen, daß eine untere und eine höhere Grenze für die Zinshöhe, nämlich minimal 5½% und maximal 6½%, festgesetzt werde.

Reichsminister Warmbold und Staatssekretär Dr. Schäffer führten aus, daß ihnen ein derartiges etwaiges Verhandlungsergebnis annehmbar erscheinen würde. Der von der Reichsbank mit Recht verfochtene Grundsatz, daß der Zinssatz 6 v. H. betragen müsse, werde durch die Einschaltung der Ausgleichsmöglichkeiten zwischen 5½ und 6½ v. H. noch genügend gewahrt. Wenn man bedenkt, daß das abzuschließende Abkommen nur für ein Jahr Geltung haben solle und ferner, daß die Bankrate zur Zeit vielfach unter 4 v. H. betrage, werde sich in vielen Fällen ein Zinssatz von 5½ v. H. erreichen lassen. Dieser Vorteil sei durch das Zugeständnis, daß der Zinssatz in anderen Fällen bis zu 6½ v. H. steige, nicht zu hoch bezahlt, vor allen Dingen, wenn man die nachteiligen Folgen eines etwaigen Scheiterns der Gesamtverhandlungen bedenke.

Geheimrat Vocke bat, die Sache noch einmal in der Reichsbank zur Sprache bringen zu können, zumal, da ihm auch die endgültige Entscheidung des Herrn Reichsbankpräsidenten Luther zur Sache nicht bekannt sei12.

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Zur Fortsetzung der Verhandlungen siehe Dok. Nr. 708.

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