1.216.3 (bru2p): 3. Erstattung von Rechtsgutachten an die Länder.

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3. Erstattung von Rechtsgutachten an die Länder.

Der Reichsminister des Innern trug vor, daß die Regierung des Landes Anhalt das Reichsministerium des Innern um eine gutachtliche Äußerung darüber[1684] gebeten habe, ob auf Grund der Notverordnung des Reichspräsidenten vom 24. August9 die Verschiebung von Gemeindewahlen in Anhalt angeordnet werden könne. Die Notverordnung sehe nämlich vor, daß die Staatsregierung aus Ersparnisgründen vom bestehenden Landesrecht abweichen können. Die Vermeidung von Wahlen bedeute zweifellos eine Kostenersparnis. Er stellte die Frage zur Erörterung, in welcher Weise man auf derartige Anfragen antworten solle.

Staatssekretär JoëlJoël erwiderte, daß bisher die Frage noch nicht entschieden sei, ob die Länder auf Grund der Notverordnung ermächtigt seien, vom Landesrecht oder auch vom Verfassungsrecht abzuweichen. Bisher sei man von der Annahme ausgegangen, daß die Notverordnung vom 24. August nur auf einfaches Landesrecht zutreffe, daß aber die Schranken des Verfassungsrechts noch nicht gefallen seien. An diesem Standpunkt müsse man jedenfalls bis auf weiteres grundsätzlich festhalten.

Staatssekretär ZweigertZweigert erklärte, daß die von der Anhaltischen Regierung gestellte Frage mit dem Verfassungsrecht Anhalts wohl nichts zu tun habe. Die Ausschreibung von Gemeindewahlen sei sicherlich in der Gemeindeordnung vorgeschrieben, die durch einfaches Landesgesetz abgeändert werden könne.

Der Reichskanzler trat der Auffassung von Staatssekretär Joël bei. Er erklärte, man dürfe die Dinge nicht übertreiben, sonst mache man die Waffen des Art. 48 der Reichsverfassung stumpf. Nach seiner Meinung sei die Reichsregierung nicht verpflichtet, zu allen Fragen der Länder Stellung zu nehmen, insbesondere dürfe die Reichsregierung die Regierung des Landes Anhalt in keiner Weise ermuntern, die Gemeindewahlen aufzuschieben.

Staatssekretär ZweigertZweigert führte aus, daß man sich der Beantwortung von Fragen der Landesregierung wohl nicht entziehen könne. Eine Rechtsauskunft dürfe das Reichsministerium des Innern nicht verweigern.

Der Reichskanzler schlug vor, dem Lande Anhalt zu antworten, daß man die politische Beurteilung des beabsichtigten Vorgehens ausschließlich der Landesregierung überlassen müsse und daß man die Beantwortung der gestellten Rechtsfrage mit dem ausdrücklichen Vorbehalt machen könne, daß die Verantwortung für die politischen Auswirkungen eines Vorgehens von der Landesregierung allein zu tragen seien.

Mit diesem Vorschlage erklärte sich das Reichskabinett einverstanden.

Fußnoten

9

NotVO zur Sicherung der Haushalte von Ländern und Gemeinden, RGBl. 1931 I, S. 453 .

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