2.162.2 (ma11p): 2. Bericht des Herrn Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht.

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2. Bericht des Herrn Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht.

Der Reichsbankpräsident teilte mit, daß es in Paris zu definitiven Abmachungen nicht gekommen sei. Der Gegenseite habe er drei Memoranden übergeben, in denen er seinen Standpunkt niedergelegt habe5.

5

In Besprechungen mit den Sachverständigen in Paris hatte Schacht die dt. Bedenken und Änderungswünsche zum Notenbank-Plan des 1. Sachverständigenkomitees vorgetragen, die in der Ministerbesprechung vom 15. 3. (Dok. Nr. 145) und in der Kabinettssitzung vom 17. 3. (Dok. Nr. 147, P. 7) erörtert worden waren. Am 20. und 21. 3. hatte Schacht dem 1. Sachverständigenkomitee drei Memoranden übermittelt, in denen der dt. Standpunkt zum Notenbank-Plan der Sachverständigen dargelegt ist. (Diese Memoranden befinden sich abschriftl. im Pol. Arch. des AA, Referat WRep, 13, Die Arbeit des Sachverständigenausschusses, die Reichsbank und die Frage der Errichtung einer dt. Goldbank, Bd. 1).

Was die Punkte des Statuts der Goldnotenbank anlange, bei denen die Reichsregierung Bedenken gehegt habe, so sei folgendes zu bemerken6;

6

Zum folgenden vgl. Dok. Nr. 145 und bes. Dok. Nr. 147, P. 7. Inwieweit die Sachverständigen den von Schacht vorgetragenen dt. Änderungsvorschlägen Rechnung getragen haben, ergibt ein Vergleich mit den einschlägigen Formulierungen des „Plans für die Errichtung einer Notenbank in Deutschland“, der als Anhang 1 zum Sachverständigen-Gutachten vom 9.4.24 veröffentlicht wird (dreisprachige Ausgabe, S. 82 ff.). Vgl. auch Schacht, Die Stabilisierung der Mark, S. 125 ff.

1. Die Vermeidung der Einführung neuer Namen werde voraussichtlich nicht auf Schwierigkeiten stoßen.

[514] 2. Über die Konzessionsdauer seien Entschlüsse nicht gefaßt worden, er habe sich nochmals für 30 Jahre eingesetzt.

3. In der Frage der Kapitalzusammensetzung hätte sich das Komitee seinen Vorschlägen angeschlossen.

4. Die Grundregeln der kalifornischen Banken von der neuen Bank abzuwenden, sei unmöglich gewesen.

5. Über die Beteiligung des Reichspräsidenten bei Ernennungen sei ein Beschluß nicht gefaßt worden.

6. Nicht gelungen sei es, die unmittelbare Goldeinlösung der Noten zu beseitigen7. Die Möglichkeit der Einführung einer gewissen Übergangszeit sei jedoch vorgesehen.

7

Der Entwurf des Sachverständigenkomitees zum Notenbank-Plan (s. Anm. 1 zu Dok. Nr. 145) sah in Abschnitt XII h vor, daß die von der Bank auszugebenden Noten in Gold einlösbar sein sollen, und zwar nach Wahl der Bank entweder in Goldmünzen, Goldbarren oder in Anweisungen, die in Gold oder ausländischer Währung zum jeweiligen Goldwert zahlbar sind.

7. In der Frage der Geschäftsverbindung mit dem Reich habe eine etwas freiere Auffassung Platz gegriffen. Die Ziffer von 100 Millionen werde jedoch wahrscheinlich bestehen bleiben8.

8

Vgl. Dok. Nr. 147, Anm. 10.

8. Das Organisationskomitee werde nach mündlichen Versicherungen nichts anderes zu tun haben, als die niedergelegten Grundsätze praktisch durchzuführen.

9. Das Verbot der Geldausgabe durch das Reich bleibe bestehen.

10. Die Frage der Gewinnverteilung sei von ihm nicht besprochen worden.

11. Der Aufbau der neuen Bank auf der Reichsbank sei gesichert. Das Ganze werde lediglich eine Reform der Reichsbank sein.

12. Die Bemühungen, den Zentralausschuß der Reichsbank wiederaufleben zu lassen, habe er fortgesetzt und habe die Aufnahme einer Bestimmung erreicht, wonach ein solcher Ausschuß gebildet werden könnte, wenn es das Reichsbankdirektorium für angebracht hielte.

13. Die Auffassung, daß die Überwachungskommission9 kein Körper innerhalb der Bank sein dürfe, sondern ein solcher neben der Bank sein müsse, habe er mit Nachdruck vertreten. Ob seinen Vorhaltungen stattgegeben sei, wisse er nicht.

9

Gemeint ist der „conseil de surveillance“ des Entwurfs zum Notenbank-Plan; im Sachverständigen-Gutachten vom 9.4.24 wird diese Körperschaft „Generalrat“ („conseil général“, „general board“) genannt.

14. Bestanden habe er darauf, daß die Kommission lediglich ein formales Aufsichtsrecht habe.

15. Bezüglich der Rentenmark bestehe Einstimmigkeit darüber, daß diese nicht beseitigt werde. Der Rentenmarkkredit an das Reich solle im Laufe der Jahre amortisiert werden. Die neue Bank garantiere den Paristand der Rentenmark. Die Dollarschätze würden vom Reich auf die Bank übernommen werden. Das durch diese gebundene Geld werde durch Ausgabe neuer Aktien freigemacht werden.

[515] 16. In dem Verhältnis zu dem reparation account sei daran festgehalten, daß sämtliche Einnahmen10 sich zunächst auf ein Konto bei der Reichsbank ansammelten. Die Verwaltung dieses Kontos werde von einem Gremium vorgenommen, in dem der Präsident der Reichsbank und der Devisendirektor der Reichsbank beratende Stimme hätten. Devisen dürften von diesem Konto nur in dem Umfange ausgesetzt werden, in dem es der Wechselstand der Mark erlaube. Für den Fall der Unmöglichkeit von Übertragungen an das Ausland solle das Konto nach oben begrenzt sein. Die ursprünglich dafür genannte Ziffer von 5 Milliarden Mark sei höchstwahrscheinlich fallengelassen worden. Er rechne mit einer Festlegung auf 2 oder 3 Milliarden Mark. Geschehe dies, so sei die Lage für Deutschland nicht ungünstig. Allerdings würde wohl Frankreich eine derartige Lösung kaum annehmen11.

10

D. h. sämtliche dt. Reparationszahlungen.

11

Zu den Vorschlägen der Sachverständigen über den Transfer der dt. Reparationszahlungen vgl. das Sachverständigen-Gutachten vom 9.4.24, Abschnitt XII, XIII (S. 36 ff.) sowie Anlage 6 (S. 136 ff.).

Der Reichswirtschaftsminister bat um Aufklärung darüber, wie man sich im Sachverständigenkomitee die Bezahlung der Sachleistungen denke.

Der Reichsbankpräsident führte aus, daß in der für das Normaljahr festgelegten Summe alle Leistungen einbegriffen seien. Die Sachleistungen im ersten Jahr des Moratoriums sollten durch eine Anleihe, die im zweiten durch Überschüsse der Eisenbahn finanziert werden. Die Unterbringung der Anleihe werde nicht leicht sein. London werde sich daran kaum beteiligen.

Der Reichswirtschaftsminister bat um Mitteilung darüber, wie die Bedeutung des Überwachungskomitees für Bank und Eisenbahn einzuschätzen sei.

Der Reichsbankpräsident äußerte sich dahin, daß diese Überwachung seiner Meinung nach materiell tragbar sei, wohl aber eine starke Belastung des nationalen Prestiges darstelle.

Der Reichsbankpräsident bat um die Möglichkeit, das Statut der Goldbank möglichst umgehend mit den Ressorts durchsprechen zu dürfen.

Die Ressortminister waren damit einverstanden.

Zur Währungslage teilte noch der Reichsbankpräsident mit, daß diese von Tag zu Tag besorgniserregender würde. Vor allem scheine es ihm nicht angängig zu sein, daß verschiedene Ressorts, insbesondere das Reichspostministerium, auf eigene Hand wirtschafteten. Die Devisenlage sei dann nicht zu halten. Er bitte, daß über diese Frage eine Verständigung herbeigeführt werde.

Der Reichsminister der Finanzen teilte mit, daß eine Einladung zu einer derartigen Besprechung bereits ergangen sei.12.

12

Eine Aufzeichnung hierüber konnte in R 43 I nicht ermittelt werden. Vgl. jedoch Dok. Nr. 170.

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