2.115 (sch1p): Nr. 109 Aufzeichnung des Gesandten Romberg über den Einmarsch alliierter Truppen im Fall der Nichtunterzeichnung des Friedensvertrags. 12. Juni 1919

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[451] Nr. 109
Aufzeichnung des Gesandten Romberg über den Einmarsch alliierter Truppen im Fall der Nichtunterzeichnung des Friedensvertrags. 12. Juni 1919

R 43 I /8 , Bl. 67 Abschrift1

Chef der politischen Abteilung des amerikanischen Besatzungsheeres, Oberst Conger, hat deutschen Gewährsmann2 folgende Angaben über Absichten der Entente für den Fall der Nichtunterzeichnung der Friedensbedingungen durch Deutschland gemacht:

Entente werde sofort Vormarsch antreten und Linie Stuttgart – Marburg – Schlüchtern – Hamm besetzen, die Franzosen hauptsächlich unter Verwendung schwarzer Truppen. Entente würde auf dieser Linie Halt machen und sich auf wirtschaftliche Absperrung und Vorbereitung weiteren Vormarsches beschränken.

Man erwarte dann mit Sicherheit Ausbruch von deutsch-polnischen Feindseligkeiten, bei denen Deutschland in die Rolle des Angreifers gedrängt werden würde, gegebenenfalls durch dauernde polnische Herausforderungen.

Entente rechne mit baldiger Niederwerfung Polens durch Deutschland; sie werde aber in den ersten Wochen nicht eingreifen, sondern ihre an sich kampfunlustigen Truppen durch umfangreiche Propaganda zu neuen Operationen aufstacheln; Deutschland wolle Polen vergewaltigen; es sei auch jetzt wieder der Störenfried und schuld daran, daß Ententeheere noch nicht in ihre Heimat abtransportiert werden können. Es müsse gründlich gezüchtigt und wehrlos gemacht werden. Diese Gedankengänge würden ihre Wirkung auf die leicht zu beeindruckenden amerikanischen Soldaten nicht verfehlen. Die schwarzen französischen Truppen seien ohnehin unbedingt zuverlässig.

Nach dieser Vorbereitung durch Propaganda werde Entente weiter in Deutschland einmarschieren und den „Krieg“ unter rücksichtsloser Anwendung aller modernen Zerstörungswerkzeuge führen mit der Absicht, Deutschland von Grund auf zu vernichten und zu verwüsten.

Dann erst werde Frankreich sein Kriegsziel, um das [es] sich bisher betrogen glaube, erreicht haben.

gez. Romberg

Fußnoten

1

Die Aufzeichnung wurde der Rkei am 14.6.1919 übersandt und von UStS Albert mit dem Vermerk versehen: „Sofort! Anschreiben an Reichsminister mit dem Vermerk zur gefälligen Kenntnis. Die Mitteilung Congers trägt meines Erachtens den deutlichen Stempel der Absicht, im Sinne der Unterzeichnung einen Druck auszuüben (vgl. vorletzten Absatz).“ Ein als Reichsministerialsache ausgewiesener Umdruck vom 15.6.1919 ebenfalls in R 43 I /8 , Bl. 67 f..

2

Vermutlich Walter Loeb.

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